90min diskutiert: Warum Werder gegen Schalke gewinnt

Kann Werder den Schalkern ein Bein stellen?
Kann Werder den Schalkern ein Bein stellen? / Cathrin Mueller/GettyImages
facebooktwitterreddit

Werder und Schalke taumeln hinter den Erwartungen. Beide Bundesliga-Absteiger befinden sich nach 13 Spieltagen im Unterhaus weiterhin abseits der Top-3. Am Samstagabend bittet der SVW die Königsblauen im Weserstadion zum Tanz. Unsere Autoren (der eine Werder-, der andere Schalke-Fan) sind sich einig, wer das Spiel gewinnen wird.


Marc: Momentum und Kulisse auf Werders Seite

Samstagabend, 20.30 Uhr, Topspiel im Weserstadion. Während zu den glorreichsten Zeiten Klubs wie Barça, Tottenham und Inter Mailand unter Bremer Flutlicht gastierten, ist es an diesem Wochenende immerhin Mit-Absteiger Schalke 04. Der Kumpel- und Malocher-Klub aus Gelsenkirchen zählt zu den namhaftesten Gegnern in Liga zwei.

Die Zeiten in Bremen haben sich geändert. Mittlerweile kämpfen sie in der Hansestadt darum, den Anschluss an die obersten Ränge der 2. Bundesliga nicht aus den Augen zu verlieren. Mit der aktuellen Kulisse im Rücken sicherlich eine machbare Aufgabe. Denn das Weserstadion wird wie schon im Heimspiel gegen St. Pauli ein weiteres Mal gänzlich ausverkauft sein.

Einseitige Stimmung im Weserstadion spricht pro Werder-Sieg
Die Bremer erwarten auch gegen Schalke ein ausverkauftes Weserstadion / Stuart Franklin/GettyImages

Schalke-Fans sind zwar zur Genüge da, der aktive Kern – die Ultras Gelsenkirchen – bleiben wegen der strikten Bremer Regularien aber zu Hause. Heißt: Kein aktiver Support der Knappen. Schade für die Atmosphäre im Allgemeinen, gut für Werder. Das gesamte Stadion schreit nur für Grün-Weiß. Ein riesiger Vorteil, den es auch sportlich zu nutzen gilt.

Denn die Bremer haben das sportliche Momentum auf ihrer Seite. Der Last-Minute-Sieg in Nürnberg stärkt das Selbstbewusstsein ungemein und wird dafür sorgen, auch gegen Königsblau bissig und konzentriert aufzutreten. Mit einem Sieg würde Werder mit Schalke gleichziehen. Beide Klubs hätten dann 22 Punkte. Allein das muss Ansporn genug sein, den erst dritten Heimsieg der laufenden Spielzeit einzufädeln.

Während die Knappen seit drei Pflichtspielen (darunter das Pokal-Aus gegen 1860) auf den nächsten Sieg warten und zuletzt mit 2:4 gegen Darmstadt verloren, haben die Hanseaten die Möglichkeit nach den beiden Unentschieden gegen Sandhausen und St. Pauli sowie dem Auswärtserfolg in Nürnberg eine Siegesserie einzuleiten. Denn beim SVW kann und muss sich endlich eine Art Konstanz einpendeln!

Werder möchte nach Sieg in Nürnberg Erfolgsserie einleiten
Nach Sieg in Nürnberg: Werder pocht auf Konstanz / Alexander Hassenstein/GettyImages

Neben der Kulisse und dem sportlichen Momentum sprechen folgende individuelle Faktoren für einen Bremer Sieg:

  • Markus Anfang adaptiert sich immer mehr, stellt sich in den Dienst der Mannschaft, passt das System ans vorhandene Spielermaterial an und lässt endlich auch das Sturmduo aus Füllkrug und Ducksch zusammen auflaufen.
  • Das Bremer Sturmduo harmoniert sehr gut. Auch Lücke scheint endlich angekommen zu sein. Zwei Tore und zwei Assists – das ist die Ausbeute des zuvor kurzzeitig suspendierten Mittelstürmers.
  • Toprak ist zurück. Sofern gänzlich fit, ist er ein absolutes Brett in Bremens Hintermannschaft. Er dürfte es den Schalker Stürmern mehr als schwer machen.

Das einzige Problem: Chef-Coach Anfang muss rotieren. Nicolai Rapp und Marco Friedl fehlen wegen einer Gelb-Sperre. Friedl ist zudem coronapositiv. Milos Veljkovic hat sich an der Leiste verletzt. Wird wohl nichts mit "Never change a winning team". Aber: Dank der Länderspielpause hatten die Grün-Weißen, die ohnehin nur wenig Nationalspieler bereitstellen, genügend Zeit mit einem Großteil der potenziellen Startelf adäquat zu trainieren. 


Yannik: Nervöse Schalker haben viel zu verlieren

Die Nervosität steigt so langsam wieder. Die Länderspielpause ist erfolgreich überstanden, der Liga-Alltag steht wieder vor der Tür. Die Fans von Schalke 04 bekommen direkt ein Topspiel serviert – so gehört sich das. Werder ist der Mit-Absteiger aus der letzten Saison, beide Vereine eint eine eigentlich viel größere Strahlkraft. Nun ist es trotzdem so, am Samstagabend werden sich beide Klubs in Liga zwei duellieren.

Was aber ist der primäre Grund für die steigende Nervosität? Nein, die wirklich gute Stimmung im Weserstadion ist es aus S04-Sicht nicht. Es sind auch nicht einzelne Werder-Spieler, die dieser Tage für Schweißperlen sorgen. Allen voran ist es das Gefühl, mit diesem Spiel richtig etwas zu verlieren zu haben. Klar, diese Partie bietet mögliche drei Punkte – wie jede andere auch.

Dennoch ist der Zeitpunkt für einen solch großen Gegner – sagen wir es freundlich – unglücklich. Zumal es nicht die einzige Herausforderung bleibt, blickt man in die nächsten Wochen. Schalke fährt mit drei Niederlagen im Rücken in den Norden, zu einem zuletzt nochmals stabilisierten Werder. Und das ist auch einer der, wenn nicht gar der eine große Grund, weshalb eine weitere Niederlage droht: S04 hat in diesem Spiel mehr zu verlieren, als zu gewinnen.

Schalke reist nervös nach Bremen
Schalke hat gegen Werder viel zu verlieren / Cathrin Mueller/GettyImages

Bleiben die drei Punkte an der Weser, ziehen die Gastgeber tabellarisch gleich. Schlimmstenfalls rutscht Königsblau auf Tabellenplatz sieben zurück. Klingt nicht so dramatisch, ist es aber. Nicht (nur) wegen der Tabelle und dem wachsenden Abstand auf die ersten drei Ränge - vor allem aber wegen der Stimmung.

Dimitrios Grammozis hat bei sehr vielen Fans einen inzwischen schweren Stand. Das ist der Fall, weil die Probleme offensichtlich sind: nach 13 Spieltagen gibt es noch immer keinen klar erkennbaren Spielplan. Nur eines ist gewiss, der Fokus gilt der Defensive. Mit vier Gegentoren gegen Darmstadt ist aber auch sie nicht in der besten Verfassung.

Dimitrios Grammozis hat bei Schalke einen schweren Stand
Klappt noch nicht: Grammozis' Plan ist schwer erkennbar / Lukas Schulze/GettyImages

Ein weiterer Aspekt, der den Bremern in die Karten spielt: die Elf von Markus Anfang wartet mit einem klaren Plan auf, insbesondere was die Offensive betrifft. Das größte Manko bislang war die Ausbeute aus den Torchancen. So trifft ein gut gelaunter Angriff auf eine derzeit unsichere S04-Abwehr. Der erste Treffer.

Damit aber nicht genug. Die teilweise defensive Anfälligkeit von Werder bietet für Schalke kaum Angriffspotenzial. Viel zu ungefährlich kommen die Knappen im Ballbesitz daher. Es langt einfach nicht mehr, dass Thomas Ouwejan hier mal einen langen Ball oder dort mal einen Standard in den Strafraum schlägt. Die theoretisch wichtigste Schwäche des Gegners kann somit so gut wie gar nicht ausgenutzt werden. Das sind die klaren Vorzeichen.

Tja, es sieht wahrlich nicht rosig aus vor dem Spiel gegen Bremen. Mit einer Niederlage, und der dazugehörigen Art und Weise, könnte die Stimmung weiter kippen. Die Nervosität ist keine gute. Sie ist kein Vorbote für einen Schlagabtausch, den S04 mit diesen Vorzeichen gewinnen wird. Sie ist viel eher ein Vorbote für den weiteren Stimmungsabfall, weil es mehr zu verlieren, als zu gewinnen gibt.