HSV: Unentschieden dank Terodde gegen starke Nürnberger - die Kritik zum Spiel

der HSV entführt einen Punkt aus Nürnberg
der HSV entführt einen Punkt aus Nürnberg / Sebastian Widmann/Getty Images
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Der Hamburger Sport-Verein erwartet ein schweres Spiel gegen den 1. FC Nürnberg und genau das wurde es auch. Gegen taktisch exzellent agierende Franken fand der HSV kaum ein probates Mittel. Nach zwischenzeitlichem Rückstand war es natürlich Simon Terodde, der den Punkt zum 1:1 rettete. Das Team der Rothosen präsentierte sich am heutigen Tag extrem anfällig - der folgende Artikel nimmt die individuellen Leistungen unter die Lupe.

In der vergangenen Spielzeit entwickelte sich der 1. FC Nürnberg zum Lieblingsgegner des HSV. Zwei deutliche Siege mit 8:1 Toren konnten die Hanseaten gegen den Glubb einfahren. Das heutige Spiel stand jedoch unter einem anderen Stern. Die Nürnberger agieren in der laufenden Saison weit hinter ihren Möglichkeiten, was sie im heutigen Aufeinandertreffen auch bewiesen.

Es war auch das Wiedersehen mit alten Bekannten: Dieter Hecking und Tobias Schweinsteiger wechselten nach ihrem Ende an der Elbe nach Franken. Aufgrund einer Rotsperre von Cheftrainer Robert Klauß saß Schweinsteiger als verantwortlicher Übungsleiter auf der Bank der Hausherren.

HSV startet schwach - Nürnberg taktisch stark

Das Spiel begann wie erwartet: Der Glubb wartete ab, wie der Tabellenführer das heutige Spiel angehen würde. Dementsprechend agierten die Hausherren sehr abwartend und gewährten den Gästen viel Ballbesitzt, aus dem die Rautenträger jedoch nichts Zählbares generieren konnten, im Gegenteil, denn ein Lattenkracher in der 9. Minute erhöhte die Aktivität der Franken zunehmend.

Nach einer zu fahrlässig verspielten Chance des HSV schalteten die Nürnberger extrem schnell und nutzten einen blitzsauberen Konter zum 1:0. Torschütze war der gebürtige Hamburger Fabian Nürnberger, der bis zur U17 für die Rothosen aktiv war.
Spürbar war, dass die Hamburger große Schwierigkeiten bei schnellen Vorstößen der Hausherren hatte. Auch das Passspiel aus der Abwehr heraus war zu unpräzise und mündete nicht selten in unnötigen Ballverlusten.

taktisch starke Nürnberger stellten den HSV vor Probleme
taktisch starke Nürnberger stellten den HSV vor Probleme / Sebastian Widmann/Getty Images


Lange blockierten die Hausherren die Außenbahnen des HSV sehr erfolgreich, in der 33. Minute dann aber ein erfolgreicher Durchbruch der Gäste: Wieder einmal funktionierte die Co-Produktion aus Tim Leibold und Bakery Jatta hervorragend: Der 22-jährige Gambier startete unglücklich ins heutige Match, fand mit seinem Querpass jedoch den lauernden Simon Terodde, der sein 16. Saisontor zum 1:1 hergab. Für Jatta war der Assist der dritte Scorerpunkt im dritten Spiel in Folge.
Viel mehr passierte in der ersten Hälfte jedoch nicht auf Seiten des HSV - Ambrosius rettete kurz vor der Pause gar das Unentschieden mit einem starken Block.

Teams neutralisieren sich gegenseitig - Unentschieden am Ende

Nach der Halbzeitpause glätteten sich die Wogen weiter. Nachdem die Hanseaten kurz vor der Pause verbessert schienen, glichen sich beide Kontrahenten nun an. Statistisch war kaum noch ein Unterschied zu vernehmen, Nürnberg machte jedoch deutlich viel aus den gegebenen Möglichkeiten.
Weiter agierten die Franken mit enormem Druck. Erfolgreich wurden die Gäste um eine klare Linie beraubt. Besonders mit der galligen Spielweise der Bayern hatte der HSV zu kämpfen.

umkämpfte Partie - Sarpreet Singh (li.) gegen Bakery Jatta (re.)
umkämpfte Partie - Sarpreet Singh (li.) gegen Bakery Jatta (re.) / Sebastian Widmann/Getty Images


Wirklich gefährliche Torraumszenen waren im zweiten Durchgang Mangelware.
Auf beiden Seiten gab es jeweils eine etwas gefährlichere Aktion, branntgefährlich wurde es für beide Keeper nur noch selten. Zum Ende der Begegnung plätscherte das Geschehen nur noch vor sich hin - leistungsgerecht blieb es beim 1:1 - ein Erfolg für taktisch starke Nürnberger, die sich den Punkt hart erkämpften, für den HSV mit Blick auf das vorhandene Potenzial eventuell zu wenig.
Die Hamburger waren zu anfällig bei Gegner-Pressing, präsentierten sich zu unkonzentriert und fielen häufig durch zu einfache Ballverluste auf. In Normalform war kaum jemand auf Seiten der Rothosen.

Im Folgenden werfen wir einen Blick auf die einzelnen Leistungen der Mannschaftsteile.


Die Bewertungen des Spiels

1. Tor

musste auch heute ein Gegentor hinnehmen - Sven Ulreich
musste auch heute ein Gegentor hinnehmen - Sven Ulreich / Martin Rose/Getty Images

Auch heute konnte Sven Ulreich nicht die Weiße Weste wahren. In der 9. Minute verhinderte der Querbalken den früheren Rückstand, am 0:1 in der 14. Spielminute war der Schlussmann definitiv machtlos. Ansonsten blieb der Keeper des HSV immer anspielbar und präsent. In der 63. Minute parierte "Ulle" gegen Manuel Schäffler bärenstark, in der 80. Minute unterlief dem erfahrenen Schlussmann ein Stockfehler, der glücklicherweise ohne Folgen blieb. Unter dem Strich ein relativ ereignisarmer Nachmittag für den ehemaligen Nationalspieler, der vom Gegentor getrübt wurde. Mit dem Ball am Fuß wirkte der Schlussmann nicht sicher.

2. Abwehr

an alter Wirkungsstätte leider selten gefährlich - Tim Leibold
an alter Wirkungsstätte leider selten gefährlich - Tim Leibold / Sebastian Widmann/Getty Images

Daniel Thioune schickte im Vergleich zum Regensburg-Sieg die selbe Viererkette ins Rennen. Leider präsentierte sich nur ein Abwehrmann auf normalem Niveau.

Rechtsverteidiger Josha Vagnoman misslang bereits sein erster Ballkontakt - symbolisch für die heutige Leistung des Youngsters. Beim 0:1 musste Sonny Kittel die Lücke in der rechten Verteidigung stopfen - vergeblich - Vagnoman war zu lange mit der im Vorfeld vergebenen Chance beschäftigt und verfolgte das Gegentor weit von seinem Gegenspieler entfernt.
Es scheint, als könne man den U21-Nationalspieler zu leicht zu Fehlern zwingen. Kaum unter Druck, ist der Ball meistens weg.

Toni Leistner erwischte auch einen durchwachsenen Nachmittag. Zwar war der 30-jährige im Strafraum relativ sicher, alles, was sich vor dem eigenen Sechzehner abspielte, wirkte größtenteils sehr unglücklich.
Teilweise plumpe Fouls und einige Fehlpässe spielten dem Gegner in die Karten. Auch in der Luft war Leistner nicht so stark, wie in den vergangenen Wochen. Ein ruhiger und präziser Spielaufbau konnte so selten eingeleitet werden.

Stephan Ambrosius war einer der wenigen HSVer, die auch heute auf der Höhe waren. Zwar leistete sich der 21-jährige in der 9. Minute einen Fehler, der zum Glück nur an der Querlatte landete, in der restlichen Spielzeit war Ambrosius gewohnt konsequent und robust. Auch nach seiner jüngsten Vertragsverlängerung kann man sich auf den Innenverteidiger verlassen. In der 37. Minute blockte der U21-Nationalspieler stark und verhinderte somit einen mögliche erneuten Rückstand. Kompromisslos konnte das Eigengewächs des HSV immer wieder die Bemühungen der Hausherren stören - unter dem Strich eine ordentliche Leistung.

Kapitän Tim Leibold konnte sich an alter Wirkungsstätte am 1:1-Punktgewinn beteiligen. Nach guter Co-Produktion mit Bakery Jatta fand der Ball den Weg ins Tor der Nürnberger.
Viel mehr war vom Linksverteidiger aber nicht zu sehen. Auch Leibold blieb oft bereits im Mittelfeld hängen, viele Vorstöße brachten das Spielgerät zum Gegner und die Ordnung des Kapitäns stimmte selten - auch Leibold passte sich der Leistung seiner Mannschaft an.

3. Mittelfeld

wurde von seinen Gegenspielern belagert - Jeremy Dudziak
wurde von seinen Gegenspielern belagert - Jeremy Dudziak / Sebastian Widmann/Getty Images

Anders als in den vergangenen Monaten wirkte Defensivspezialist Moritz Heyer selten souverän. Seine gewohnte Ballsicherheit konnte der 25-jährige leider nicht ausstrahlen.
Zu passiv agierte der ehemalige Osnabrücker am Gegner - einige Ballverluste waren die logische Konsequenz. Von der gewohnten Zuverlässigkeit des defensiven Mittelfeldspielers war in Nürnberg kaum etwas zu sehen - auch für ihn kann es nur besser werden.

David Konsimbi konnte nicht an seine tolle Leistung aus der vergangenen Woche anknüpfen und scheint wieder in alte Gewohnheiten zu verfallen. Auffällig war der 25-jährige fast nur bei Foulspielen. Mit den schnellen Vorstößen der Hausherren hatte der deutsch-Kongolese seine Schwierigkeiten. Viele Pässe landeten auf Nürnberger Seite - eine zeitweise hilflos wirkende Vorstellung.

Anders als seine Mitstreiter war Jeremy Dudziak zumindest optisch stets bemüht. Der Spielgestalter versuchte sich als Antreiber seiner Mannschaft und war gewillt, die Bälle zu verteilen. Für zündende Impulse konnte jedoch auch der 25-jährige nicht sorgen. Die Nürnberger nahmen den Tunesier erfolgreich aus dem Spiel.

4. Sturm

15 Spiele, 16 Tore - Simon Terodde
15 Spiele, 16 Tore - Simon Terodde / Sebastian Widmann/Getty Images

Was ist nur mit Sonny Kittel los? Erneut war der 28-jährige weit von seiner Topform entfernt. In der 13. Minute verspielte Kittel eine gute Chance des HSV fahrlässig, nachdem er erfolglos versuchte, den Ball mit der Hacke weiterzuleiten. Leider fällt der sonst so begnadete Kicker oft nur durch unglückliche Sperenzien auf - für Torgefahr kann die Nummer 10 des HSV nur noch in Ausnahmefällen sorgen. Die Flanken und Pässe des Technikers sind nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Der in den vergangenen Spielen überragende Bakery Jatta erwischte heute ebenso einen unglücklichen Auftritt. In der Anfangsphase wirkte der Gambier gehemmt und verunsichert - Der unverbesserliche Springer-Verlag ist daran wahrscheinlich nicht ganz unbeteiligt.
Die Ballbehandlung des 22-jährigen wirkte gegen den FCN oft unsauber und verursachte einige unnötige Ballverluste. In der 33. Minute konnte Jatta jedoch glänzen. Nach tollem Zusammenspiel mit Tim Leibold fand der Querpass des Flügelspielers den lauernden Simon Terodde, der zum 1:1 einschob. Für DEN HAMBURGER damit der dritte Scorer im dritten Spiel in Folge - eine tolle Quote. Auch defensiv half der Linksfuß häufig stark aus. Jedoch muss "Baka" im Hinblick auf die kommenden Aufgaben dringend nachlegen.

Was wäre der HSV nur ohne Simon Terodde? Auch heute rettete der Torjäger mit seinem 16. Saisontor den Punktgewinn für seine Mannschaft.
Gegen pressende Nürnberger musste sich der Mittelstürmer teilweise ins Mittelfeld zurückziehen. Dort wirkte der 32-jährige wenig zweikampfstark, aber dafür stellt man einen Simon Terodde auch nicht auf. Was zählt sind Tore, die der Stürmer zuverlässig beisteuert, auch in Spielen, in denen der HSV nicht unbedingt gut ist.

5. Einwechslungen

der HSV wechselte spät und wenig
der HSV wechselte spät und wenig / Sebastian Widmann/Getty Images

Am heutigen Nachmittag wechselte Daniel Thioune spät und nur zwei Mal. In der 79. Minute kamen Aaron Hunt und Manuel Wintzheimer für Sonny Kittel und David Kinsombi. Möglicherweise reagierte der Coach zu spät, denn frische Kräfte hätten dem Spiel der Rothosen wahrscheinlich schon früher gut getan. Auch ein Khaled Narey wäre eine vermeindlich gute Option für die Offensive gewesen.

Auch taktisch bot der HSV wenig Reaktion auf die Spielweise der Gastgeber. Ein roter Faden im Spiel der Hanseaten war nicht zu erkennen.


Unter dem Strich kann der HSV mit dem 1:1 Unentschieden zufrieden sein - mehr wäre mit der heutigen Leistung kaum möglich gewesen. Top-Chancen waren Mangelware, weshalb sich der Ball nur sehr selten dem Tor der Franken näherte.
Auch taktisch war die Vorstellung der Rautenträger unsauber - die Hausherren schienen top vorbereitet gewesen zu sein. Nürnberg wusste genau, wie das Spiel der Hamburger zu hemmen ist - eine Reaktion drauf war von Hamburger Seite nicht zu sehen. Nur kurz vor der Pause war der HSV etwas besser als der FCN - mehr als das Unentschieden konnte jedoch nicht generiert werden.

Da auch die Konkurrenz keinen Sieg einfahren konnte, bleiben die Hanseaten mindestens bis zum nächsten Spieltag Tabellenführer und nun seit fünf Spielen ungeschlagen.

Am kommenden Montag wird es spannend: Mit dem VfL Osnabrück kommt der Ex-Verein von Daniel Thioune und Moritz Heyer in den Volkspark - eine weitere schwere Aufgabe ist zu erwarten.