Wiedersehen in Wolfsburg: Arsenal und VfL vor UWCL-Halbfinale im Check

Wiedersehen in Wolfsburg: Noelle Maritz und Sveindis Jonsdottir im Zweikampf
Wiedersehen in Wolfsburg: Noelle Maritz und Sveindis Jonsdottir im Zweikampf / ANP/GettyImages
facebooktwitterreddit

Die Spannung steigt: Am Sonntag trifft Wolfsburg im Halbfinale der Women's Champions League auf Arsenal. Kann Arsenal Rache für das letztjährige Aus gegen den VfL nehmen oder zieht Wolfsburg in das heißersehnte Finale ein? Beide Teams im Check: Form, Viertelfinal-Leistung, Verletzungen, Schlüsselspielerinnen und Stärken.

Austragungsort, Zeit und Übertragung

Das Hinspiel findet am Sonntag, den 23. April in der Wolfsburger VW-Arena statt, Anpfiff ist um 15:30. Beim Rückspiel im Emirates-Stadion in London können sich die Spielerinnen auf eine tolle Kulisse freuen: Für die Begegnung am 1. Mai um 18:45 (deutsche Zeit) sind bereits 42.000 Karten verkauft. Beide Spiele werden live und kostenlos auf dem YouTube-Kanal von DAZN sowie auf DAZN selbst gezeigt.


Form der beiden Teams

Wolfsburg

Wolfsburg ist mit dem klaren Ziel in die Saison gekommen, in der Champions League um den Titel mitzuspielen. Der VfL hatte sich vor der Spielzeit namhaft mit Spielerinnen wie Jule Brand verstärkt und will nach dem letztjährigen Halbfinal-Aus gegen Barcelona nun eine Runde weiter kommen. In der Hinrunde sah es dafür auch sehr gut aus, die Wölfinnen ließen in der Liga keinen einzigen Punkt liegen und zogen souverän in die K.o.-Phase der Champions League ein.

Im März hatte Wolfsburg allerdings eine kleine Schwächephase, mit Niederlagen gegen Hoffenheim und Bayern kam etwas Sand ins Getriebe (hier die ausführliche Analyse).

Mit einem 5:0 gegen Bayern im DFB-Pokal-Halbfinale kam Wolfsburg aber zurück in Form - und wie! Wolfsburg ist bekannt dafür, in den wichtigen Spielen da zu sein. Ein weiterer Vorteil: Der VfL weiß, wie man Arsenal schlägt. Letztes Jahr besiegte Stroots Elf die Londonerinnen im Viertelfinale.

Arsenal

Arsenal v FC Bayern München: Quarter-Final 2nd Leg - UEFA Women's Champions League
Große Freude bei Arsenal nach dem Einzug ins Halbfinale / Gaspafotos/MB Media/GettyImages

Arsenal spielt eine sehr gute Saison in der Champions League, allen Widrigkeiten zum Trotz. Im Herbst verletzten sich die beiden wohl besten Offensivspielerinnen, Beth Mead und Vivianne Miedema, beide schwer. Dazu kamen im Laufe der Saison mehrere kleine Verletzungen, sodass die Gunners selten mit der allerbesten Elf auflaufen konnten.

Das kompensierte Trainer Jonas Eidevall aber gut, mit cleveren taktischen Ideen. Anderthalb Jahre, nachdem er nach London kam, kann das Team seine Ideen nun wirklich umsetzen. Die Entwicklung war ein teils steiniger Weg mit Tiefpunkten wie dem Wolfsburg-Spiel letztes Jahr. Im Winter hatte das Team eine Schwächephase, die Offensive der Engländerinnen kam kaum in Fahrt. Mit dem Conti-Cup-Sieg im Finale gegen Chelsea platzte aber ein Knoten und seitdem sind die Gunners gut in Form. Besonders gegen Bayern im Rückspiel des Viertelfinales trat Arsenal dominant auf.

In der Liga müssen die Londonerinnen jedoch noch bangen: Nach der 0:1-Niederlage gegen Manchester United am Mittwoch sind wohl alle Titelchancen dahin. Und auch die Champions-League-Qualifikation ist noch längst nicht gesichert, Arsenals Vorsprung auf den vierten Platz ist dünn. Die Nerven sind also gespannt bei den Gunners.


Die Viertelfinal-Leistung im Check

Wolfsburg

Wolfsburg zog nach einem 1:0 auswärts und einem 1:1 zuhause gegen PSG ins Halbfinale ein. Wirklich souverän war der Auftritt der Wolfsburgerinnen aber nicht, besonders im Hinspiel hatten sie Fortuna auf ihrer Seite: PSG bekam einen strittigen Elfmeter nicht zugesprochen, der VfL dagegen schon, und schon war das Spiel entschieden. Gegen Paris hatte Wolfsburg Probleme, schnell nach vorne zu kommen: Ohne Jule Brand und Sveindis Jonsdottir fehlte dem Spiel die Breite, das Offensivspiel wirkte etwas schleppend.

In der zweiten Hälfte des Rückspiels sah das schon viel besser aus, dort konnte sich Wolfsburg nicht über zu wenige Chancen beklagen. Im Gegenteil: Die Wölfinnen vergaben Hundertprozentige um Hundertprozentige und mussten so trotz Dominanz unnötig zittern. Für das Spiel gegen Arsenal muss eine Leistungssteigerung her - aber im Pokal-Halbfinale gegen Bayern zeigte das Team bereits, dass es auch anders kann.

Arsenal

Chancenwucher war auch bei Arsenal ein Thema: Wie man die Allianz Arena verlassen konnte, ohne ein Tor auf dem Konto zu haben, war den Akteurinnen später selbst schleierhaft. Defensiv offenbarten sie allerdings leichte Schwächen bei langen Bällen, was Lea Schüller mustergültig ausnutzte. Trainer Eidevall war zudem über zwei nicht gegebene Elfmeter aufgebracht, aber in der Woche darauf zeigte sein Team, dass sie es gar nicht nötig haben, auf den VAR zu zählen.

Arsenal schnürte Bayern über weite Strecken in der eigenen Hälfte ein. Exemplarisch dafür war das erste, wunderschön im typischen Arsenal-Stil herausgespielte Tor. Durch den hohen Druck fehlten den Bayern-Verteidigerinnen die Anspielstationen und sie wurden unsicher. Falls Arsenal dieses Pressing auch gegen Wolfsburg über 180 Minuten konsequent durchziehen kann, stehen die Chancen auf den Finaleinzug nicht schlecht.


Wer fehlt auf beiden Seiten?

Arsenal

Bei den beiden Spielen gegen Arsenal stach vor allem eine Offensivspielerin heraus: Caitlin Foord. Die Australierin zog immer wieder mühelos an ihrer Gegenspielerin Maximiliane Rall vorbei, dribbelte durch den Dschungel an Bayern-Beinen oder flankte in den Strafraum. Gegen Wolfsburg ist ihr Einsatz aber noch fraglich: Foord verletzte sich bei dem Liga-Spiel gegen Manchester City und musste ausgewechselt werden.

Kapitänin und Mittelfeldmotor Kim Little, die sich gegen Bayern verletzte, wird Arsenal für den Rest der Saison fehlen. Zu dem bereits gut besetzten Lazarett kam am Mittwoch noch eine weitere Spielerin dazu: Innenverteidigerin Leah Williamson verletzte sich gegen Manchester United am Knie, ein Einsatz gegen Wolfsburg scheint so gut wie ausgeschlossen. Damit fehlen Arsenal, mit den Langzeitverletzten Mead und Miedema, gleich fünf Leistungsträgerinnen - das Verletzungspech der Gunners ist diese Saison kaum zu fassen.

Linksverteidigerin Steph Catley und Schweiz-Kapitänin Lia Wälti sind dagegen wieder Optionen: Catley ist von ihrer Verletzung zurück, Wälti hatte zuletzt eine Pause vom Fußball eingelegt, steht jetzt aber wieder auf dem Rasen.

Wolfsburg

Tommy Stroot musste bei dem 5:0 gegen Bayern ebenfalls auf einige Leistungsträgerinnen verzichten: Mittelfeldspielerin Lena Lattwein, Innenverteidigerin Marina Hegering und Toptorjägerin Alexandra Popp konnten nicht auflaufen. Besonders der Ausfall von Popp wiegt auf dem Papier schwer, hat sie doch bisher die meisten Tore aller Wolfsburgerinnen erzielt (19 in allen Wettbewerben).

Alexandra Popp
Alexandra Popp: Ihr Einsatz ist noch ungewiss / Maja Hitij/GettyImages

Allerdings hatte Popp auf ihrer Position als linke Flügelspielerin zuletzt nicht immer überzeugt. Stroot stand vor einem Dilemma, da er zwei Weltklasse-Stürmerinnen mit Popp und Pajor zur Verfügung hat. Das Spiel gegen Bayern zeigte auf jeden Fall, dass es auch ohne Popp gehen kann, selbst wenn sie als Jokerin trotzdem Gold wert wäre. Ob die drei gegen Arsenal wieder mit von der Partie sind, steht noch nicht fest.


Das werden die Schlüsselduelle

Lena Oberdorf vs. Frida Maanum

Frida Maanum ist wohl die Spielerin der Saison für den FC Arsenal. Die Norwegerin hat eine steile Entwicklung genommen, seitdem sie vor einem Jahr nach England kam. Maanum ist eine vielseitige Mittelfeldspielerin, die durch ihre Übersicht und Torgefahr glänzt. Wie sie gegen Bayern zeigte, ist Maanum immer für einen Schuss aus der Distanz gut, hat aber auch eine starke Technik. Besonders in Abwesenheit der erfahrenen Mittelfeldspielerin Kim Little wird Maanum eine große Rolle spielen - ob Lena Oberdorf sie stoppen kann, wird wichtig für Wolfsburg.

Laura Wienroither / Noelle Maritz vs. Jule Brand / Sveindis Jonsdottir

Sveindis Jonsdottir
Matchwinnerin in München: Sveindis Jonsdottir / Jasmin Walter/GettyImages

Können die jungen Wilden bei Wolfsburg auf dem Flügel erneut für Chaos sorgen? Brand und Jonsdottir können an einem guten Tag für Tempo, Chuzpe und Unberechenbarkeit sorgen. Sie sind aber auch noch schwankend in ihren Leistungen. Viel wird daher davon abhängen, ob Wolfsburg Gefahr über die Flügel entwickeln können oder ob Arsenals Außenverteidigerinnen die Flügelzange erfolgreich aus dem Spiel nehmen können.

Merle Frohms vs. Manuela Zinsberger

Direkt begegnen werden sich die beiden wohl nicht. Aber wer weiß, vielleicht kommt es ja im Rückspiel zum Elfmeterschießen? Wahrscheinlicher ist aber ein indirektes Duell der beiden Torhüterinnen. Bei Arsenal gibt es diese Saison die Besonderheit, dass die beiden Torhüterinnen Sabrina d'Angelo und Manuela Zinsberger sich im Kasten abwechseln - da Zinsberger aber gegen Bayern gespielt hat und es gut machte, ist ein Einsatz von ihr auch gegen Wolfsburg wahrscheinlich. Beide Teams haben jedenfalls eine schlagkräftige Offensivabteilung, die die Torhüterinnen gut beschäftigt halten könnte.


Zusammengefasst: Was spricht für beide Teams?

Arsenal

Für den Arsenal-Experten Tim Stillman ist die größte Stärke des Teams die gute Struktur, wie er im 90min-Gespräch sagte: Die Defensive mit Leah Williamson und Rafaelle steht gut, das Pressing funktioniert. Mit dem guten Auftritt gegen Bayern hat Arsenal zudem viel Selbstvertrauen getankt. Nicht zu unterschätzen ist auch der Heimvorteil: Das zweite und wohl entscheidende Spiel findet im Emirates-Stadion in London statt. Und das wird voll sein: Mehr als 42.000 Karten sind bereits verkauft.

Ein deutlicher Unterschied zu dem gleichen Aufeinandertreffen vor ziemlich genau 10 Jahren: Dort spielten ebenfalls Arsenal und Wolfsburg gegeneinander, bloß kamen in London nur 1.406 Zuschauer. Ins Finale kam damals übrigens Wolfsburg, zu einer Zeit, in der die deutschen Teams die Champions League komplett dominierten. Falls Arsenal dieses Mal im ausverkauften Stadion gewinnt, wäre es auf vielen Ebenen ein Zeichen dafür, wie viel sich seit 2013 verändert hat.

Wolfsburg

Für Wolfsburg wird es also darauf ankommen, schon in der heimischen VW-Arena alles klarzumachen. Dass man sich auf einem knappen Vorsprung gegen Arsenal nicht ausruhen kann, werden die Wölfinnen spätestens seit Bayerns Ausscheiden wissen. Für den VfL spricht, dass sie Arsenal bereits vor einem Jahr geschlagen haben und mehr Erfahrung in der Champions League haben. Zudem hat Wolfsburg vermutlich die bessere Kaderbreite als das von Ausfällen etwas geschwächte Arsenal.

Neutrale Fans können sich auf ein enges Duell freuen, in dem es auf Chancenverwertung und Nuancen ankommen wird.