Pro und Kontra: Sollte der FC Bayern nach Luis Diaz keine Neuzugänge mehr holen?

Der FC Bayern will auf dem Transfermarkt wohl nicht mehr viel machen. Dies hätte sowohl positive als auch negative Effekte. 90min wirft einen genaueren Blick auf die Chancen und Risiken.
Zaubern Max Eberl und Christoph Freund weitere Neuzugänge aus dem Hut?
Zaubern Max Eberl und Christoph Freund weitere Neuzugänge aus dem Hut? / Alexander Hassenstein/GettyImages
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Der FC Bayern soll eine Transferkonferenz abgehalten haben, bei der Jan-Christian Dreesen, Herbert Hainer, Max Eberl und Christoph Freund das weitere Vorgehen in diesem Sommer festgelegt haben sollen. Dabei soll man laut Angaben der Sport Bild den Entschluss gefasst haben, dass nach der Verpflichtung von Luis Diaz kein dringender Bedarf mehr besteht, weitere Deals über die Bühne zu bringen. Zwar schließt das nicht aus, dass doch noch neue Spieler kommen, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit ebenso gegeben, dass nichts mehr passiert.

Doch was spricht eigentlich dafür und dagegen, ab jetzt die Füße still zu halten?

Kontra: Bayern-Kader enorm dünn besetzt

Vergleicht man den Kader der Bayern mit jenen anderer internationaler Top-Klubs, kommt dieser schon recht schmal daher. Die Münchner haben insbesondere in der Offensive wenige Spieler und zudem noch einige Verletzte zu beklagen. Jamal Musiala, Alphonso Davies und Hiroki Ito fehlen aufgrund von schweren Verletzungen noch immer und noch ist nicht klar, wann und in welcher Form sie zurückkehren können. Hinzu kommt, dass einige Akteure wie Kingsley Coman, Serge Gnabry, Aleksandar Pavlovic (aktuell ebenfalls verletzt), Kim min-jae, Sacha Boey und Raphael Guerreiro als anfällig gelten.

Es ist völlig klar, dass es schnell mal brenzlig werden kann, wenn einige der genannten Akteure zusätzlich ausfallen sollten. Zudem führt eine enge Kaderplanung dazu, dass einige Kräfte ohne Pause durchspielen müssen. Dies wurde in der letzten Saison Kim min-jae zum Verhängnis, dessen Probleme an der Achillessehne chronisch wurden. Zudem musste Harry Kane aufgrund fehlender Alternativen praktisch immer ran und hatte folgerichtig in der heißen Phase Probleme mit der Fitness.

Es war in den letzten Jahren häufiger zu erkennen, dass gerade in der Crunchtime der Saison einige Spieler ausgefallen sind oder schon ein wenig ausgelaugt und überspielt gewirkt haben. Oft war dann die Rede davon, dass die Bayern aufgrund von Verletzungspech aus der Champions League ausgeschieden sind. Im Vorjahr gegen Inter hat dieses gewiss auch zum Aus beigetragen, jedoch trifft ebenso dem Verein eine Schuld. Verletzungen resultieren oft aus Überlastungen und treten ein, wenn Spieler zu wenig Pausen bekommen haben. Genauso fatal ist eben, wenn auf der Bank dann keine Akteure mehr sind, die die Ausfälle ansatzweise kompensieren können.

Jetzt auf dem Transfermarkt gar nichts mehr zu machen, hieße mehr oder weniger, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit nichts gelernt hat und vieles dem Zufall überlässt. Gewiss hat man nicht die Möglichkeiten, sich so breit aufzustellen, wie der ein oder andere Insel-Klub, jedoch braucht man nicht jammern, wenn sich zwei, drei weitere Spieler verletzen und der Kader "urplötzlich" wieder zu dünn ist. Sind alle Spieler fit, kann der FC Bayern immer mithalten, aber wann war das schon zuletzt der Fall?

Pro: Endlich die Chance für junge Akteure?

Sollte sich in Sachen Transfers nichts mehr tun, hätte dies immerhin den möglichen positiven Nebeneffekt, dass junge Kräfte mehr Chancen bekommen, um sich zu beweisen zu können.

Die Rede ist hierbei insbesondere von Spielern wie Lennart Karl, Paul Wanner oder Tom Bischof. Der erst 17 Jahre alte Karl ist laut Angaben der Bild aktuell die erste Alternative für Michael Olise auf der rechten Außenbahn und hat in der Vorbereitung überzeugt. Wanner könnte von der Verletzung von Jamal Musiala profitieren, wenngleich der 19-Jährige sicherlich in der Pflicht ist, sich noch mehr anzubieten als zuletzt. Die beiden Youngster müsste Kompany praktisch zwangsläufig einplanen, da mit Kane, Diaz, Coman, Gnabry und Olise aktuell nur fünf Offensivkräfte für vier Positionen fit sind.

Die besten Chancen auf einen Stammplatz dürfte von den genannten Spielern aber Tom Bischof haben. Der Neuzugang aus Hoffenheim war im Test gegen Lyon einer der besten Münchner. Die meisten Bayern-Fans sehen Bischof schon jetzt als stärksten Mittelfeld-Partner von Joshua Kimmich an. Seine Hauptkonkurrenten sind Aleksandar Pavlovic und Leon Goretzka.

Es wäre durchaus die Zeit gekommen, um auf die genannten Talente und zwei, drei weitere Youngster zu bauen. Sollte auf dem Transfermarkt nichts mehr passieren, muss aber genau das auch der Fall sein. Wenn man die Füße stillhält, um auf Spieler wie Gnabry, Goretzka oder Guerreiro zu setzen, läuft beim FC Bayern etwas falsch. Erkennt man die Situation aber wirklich als Chance für die jungen Spieler, spricht vieles dafür, genau das auch durchzuziehen. Dann würden die Fans es gewiss auch leichter ertragen, aus der Champions League auszuscheiden als mit einem Team im Durchschnittsalter von etwa 30 Jahren oder Guerreiro auf der Zehn.

Wo sollte der FC Bayern noch nachlegen?

Letztlich wird es darauf ankommen, den richtigen Mittelweg zwischen einem ausreichend großen Kader und der Förderung junger Spieler zu finden und auf jeder Position nochmal genauer zu analysieren, wie die Lage ist.

Die Notwendigkeit, offensiv noch einen Spieler zu holen besteht definitiv. Fünf fitte und erprobte Akteure für vier Positionen sind zu wenig, bedenkt man die Anfälligkeit einiger Münchner und das fortgeschrittene Alter von Harry Kane. Ein Transfer von Nick Woltemade würde hier einige Sorgen verringern. Sollte sich der Stuttgarter als zu teuer erweisen, wäre Christopher Nkunku eine passende Alternative. Die Münchner hätten dann einen flexibel einsetzbaren Hochkaräter mehr, jedoch wäre der Kader definitiv nicht so aufgebläht, dass junge Kräfte keine Chance mehr bekommen könnten. Gerade in der Offensive braucht es eben auch Spieler, die man einwechseln kann. Dies hat bei der Klub-WM gefehlt und dem FCB gegen PSG, die echte Stars von der Bank bringen konnten, wohl auch die Niederlage beschert.

Im zentralen Mittelfeld sollte der FC Bayern trotz des Palhinha-Leih-Abgangs nichts mehr machen. Hier hat man mit Tom Bischof und Aleksandar Pavlovic zwei junge Akteure, die Spielzeit brauchen und - im Gegensatz zu Wanner und Karl - auch schon in der Bundesliga bewiesen haben, was in ihnen steckt. Beide kann man also bedenkenlos einplanen, wenngleich natürlich abzuwarten ist, ob sie den allerhöchsten Ansprüchen genügen. Einen Mittelfeld-Kracher kann man aber gegebenenfalls noch immer im Sommer 2026 holen, wenn der Vertrag von Leon Goretzka endet und eher abzusehen ist, ob Bischof und Pavlovic den Weg zur internationalen Spitze schaffen.

Am schwierigsten ist die Lage in der Abwehr. Auf der linken Seite besteht aktuell durch den Davies-Ausfall ein Engpass. Josip Stanisic ist auf rechts stärker, Raphael Guerreiro aufgrund seiner Defensiv-Schwächen kaum tragbar und Hiroki Ito praktisch nicht planbar. Optimal wäre es, Guerreiro zu verkaufen und dafür einen ambitionierten Linksverteidiger zu holen, der langfristig als Alternative oder Konkurrent von Davies fungiert.

In der Innenverteidigung ist wenig zu machen, sofern Kim min-jae den Verein nicht verlässt. Sollte dies doch der Fall sein, wird der FC Bayern mit Sicherheit auch noch aktiv werden und womöglich Renato Veiga holen. Der Chelsea-Youngster könnte auch links hinten aushelfen. Auf der rechten Seite gibt es viel Kritik an Konrad Laimer und Sacha Boey. Hierbei sei jedoch angemerkt, dass Laimer in der Vorbereitung und bei der Klub-WM sehr stark war. Der Markt bietet aktuell keine besseren Alternativen als den Österreicher. Sollte Boey noch verkauft werden, wäre es natürlich dennoch plausibel, die bestmögliche Option als Ersatz zu verpflichten. Hier wäre Malo Gusto ein Kandidat, sollte Chelsea verkaufsbereit sein.

Fazit

Verlässt kein Münchner mehr den Klub, wäre es durchaus logisch, dass nicht mehr viel passiert. Lediglich ein weiterer Offensivspieler nach Diaz wäre schon noch nötig, da ja nicht nur Leroy Sané wegfällt, sondern auch Thomas Müller und für die kommenden Monate auch Jamal Musiala. In der Defensive gäbe es gewiss noch Optimierungsmöglichkeiten, jedoch müssten dafür eben Spieler wie Raphael Guerreiro, Kim min-jae oder Sacha Boey verkauft werden. Der FCB zieht das ja auch in Erwägung, jedoch müssen hier auch andere Klubs und die Spieler selbst mitspielen.

Zudem muss sich der Verein die Grundsatz-Frage stellen, ob man bereit ist, auch mal "bedingungslos" auf Talente zu setzen und sportliche Ziele in Gefahr zu bringen oder eben nicht. Grundsätzlich scheint die Chance in diesem Jahr sehr gut zu sein, da zumindest auf nationaler Ebene die Konkurrenz nicht so bedrohlich wirkt. Jugendförderung und Meisterschaft sollten sich nicht gegenseitig ausschließen.


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