Umbruch, Titel, Entwicklung: Die Weihnachtswunschliste der VfL-Wolfsburg-Frauen

Die VfL-Frauen wollen im nächsten Jahr wieder international spielen
Die VfL-Frauen wollen im nächsten Jahr wieder international spielen / Eurasia Sport Images/GettyImages
facebooktwitterreddit

Champions-League-Finale, Vizemeisterschaft, Pokalsieg, Aus in der UWCL-Qualifikation: Die Frauen des VfL Wolfsburg blicken auf ein intensives Jahr 2023 zurück. Im nächsten Jahr will Wolfsburg wieder um Titel mitspielen, muss aber auch einen Umbruch meistern. Das ist die Weihnachtswunschliste für 2024.

Weiterentwicklung der jungen Spielerinnen

Wolfsburg hat diesen Sommer sehr auf junge Spielerinnen gesetzt. Statt geballte internationale Erfahrung in die Autostadt zu holen, entschied sich der VfL für Talente wie Vivien Endemann oder Riola Xhemaili. Das ist eine Strategie, die durchaus aufgehen kann - bisher gab es aber auch schon einige Rückschläge. Für ein erfolgreiches Jahr 2024 wird ihre Entwicklung daher wichtig sein.

Endemann konnte sich schon bald nach ihrem Wechsel beim VfL etablieren und gilt auch als Kandidatin für das Nationalteam. Ihr ist es zuzutrauen, auch in den großen Spielen ihre Tore zu machen, auch Nuria Rabano konnte überzeugen. Andere Spielerinnen haben dagegen wenig Spielzeit bekommen: Xhemaili, Camilla Küver oder Fenna Kalma konnten sich aus verschiedenen Gründen nicht in die Nähe der Startelf spielen.

Für das nächste Jahr wäre es aus VfL-Perspektive wichtig, dass sie sich etablieren können. Der Konkurrenzkampf wäre damit angekurbelt, und Wolfsburg hätte mehr Variabilität. Das gilt im Übrigen für die Neuzugänge, aber auch für andere junge Spielerinnen wie Jule Brand oder Sveindis Jonsdottir, die in ihren Leistungen noch konstanter werden könnten. Das Comeback der aktuell verletzten Jonsdottir könnte für den VfL nochmal ein Boost in der Offensive sein.

Sveindis Jonsdottir
Sveindis Jonsdottir wird im nächsten Jahr wichtig für den VfL sein / BSR Agency/GettyImages

Umbruch meistern: Wer ersetzt Popp, Huth und Co.?

Die Weiterentwicklung der jungen Talente ist auch wichtig, weil auf den VfL mittelfristig ein großer Umbruch zukommt. Einige Leistungsträgerinnen der letzten Jahre sind inzwischen über 30 - Alexandra Popp, Svenja Huth, Kathrin Hendrich, Marina Hegering. Aktuell ist es noch schwer, sich die VfL-Startelf ohne die vier vorzustellen.

Hegering wird bereits zum Ende der Saison gehen, die anderen könnten Wolfsburg noch etwas länger erhalten bleiben. Aber selbst dann wird 2024 ein Jahr sein, in dem sie den Staffelstab an ihre Nachfolgerinnen übergeben könnten. In der Offensive scheint der VfL recht gut aufgestellt, aber die intuitive Zusammenarbeit von Popp und Huth wird schwer zu ersetzen sein.

Und in der Defensive stellen sich noch mehr Fragen: Auch neben Hegering und Hendrich ist die Lage unklar, Innenverteidigerin Dominique Janssen hat nur einen Vertrag bis 2024. In zwei Jahren könnte die VfL-Verteidigung also komplett anders aussehen - aber wie?

Im Kader stehen keine jungen Innenverteidigerinnen, die als Eins-zu-eins-Ersatz gelten können, Sara Agrez konnte sich beim VfL nicht durchsetzen und Küver spielt lieber außen. Auf Caitlin Dijkstra können die Wolfsburg-Fans schon gespannt sein, die Niederländerin kommt 2024 an den Mittellandkanal. Gut möglich, dass Wolfsburg auch darüber hinaus nochmal auf dem Transfermarkt zugreift.

Defensivprobleme lösen

Langfristig muss die Innenverteidigung umgebaut werden, aber Trainer Tommy Stroot hat auch akutere Herausforderungen zu meistern. Ein wenig Zement für die aktuell zu instabile Defensive müsste unter dem VfL-Weihnachtsbaum liegen, um das Jahr 2024 erfolgreich zu gestalten. Vielleicht könnten damit wenigstens einige der Löcher gestopft werden.

Der VfL ist, so hart es klingen mag, auf dem besten Weg, abgehängt zu werden. Das zeigte das Topspiel gegen Bayern im November eindeutig. Der VfL verlor schmeichelhaft mit 1:2, war spielerisch aber deutlich unterlegen. Vergleicht man die Entwicklung von Wolfsburg und Bayern in den letzten anderthalb Jahren, sieht der VfL nicht gut aus.

Der Peak der Entwicklung unter Stroot war die starke Hinrunde der Saison 2022/23, die Wolfsburg ungeschlagen beendete. Der VfL zeigte starke Standards und viel Torgefahr, aber die Basis des Erfolgs war die stabile Defensive. Das Gerüst geriet aber bald ins Wackeln: Mehr und mehr Teams stellten fest, dass Wolfsburg mit hohem Pressing nicht gut umgehen kann.

Darauf hat der VfL immer noch keine wirkliche Antwort gefunden. Selbst gegen Mittelmaß-Teams der Bundesliga gerät Wolfsburg mehr ins Schwimmen, als ihnen lieb sein kann. Zu viele lange Bälle finden ihren Weg in die Schnittstelle zwischen den Innenverteidigerinnen. Da blickt der VfL neidisch auf die Bayern-Defensive mit Viggosdottir und Eriksson. Für 2024 muss Wolfsburg unbedingt die eigene Verteidigung verbessern, wenn die nächsten Topspiele besser laufen sollen.

Mindestens ein Titel, ob Pokal oder Liga

Trotz der Kritik an Wolfsburgs spielerischer Entwicklung: Nach dem schlechten Saisonstart mit Champions-League-Aus und Niederlage gegen Hoffenheim hat sich der VfL wieder halbwegs gefangen. Die Leistungen stimmen nicht immer, die Punkteausbeute schon. So hat Wolfsburg gute Karten auf mindestens einen Titel.

In der Bundesliga sind sie Bayern direkt auf den Fersen, und im Lieblingswettbewerb, dem DFB-Pokal, auch noch dabei. Vor allem die Dreifachbelastung von Bayern und Frankfurt könnte für Wolfsburg zum entscheidenden Vorteil werden. Der VfL hat die Chance, doch noch etwas Positives aus dem enttäuschenden UWCL-Ausscheiden mitzunehmen, indem sie in der Liga ausgeruhter auftreten können als die Konkurrenz.

Jahr für Jahr wird geschrieben, es sei mal wieder Zeit für einen neuen Sieger im DFB-Pokal, und am Ende siegt doch Wolfsburg. Leicht wird es auch dieses Jahr nicht, mit Hoffenheim wartet im Viertelfinale der Angstgegner der Stroot-Elf. Aber wenn Wolfsburg wie in den letzten Jahren das "Pokal-Wolfsburg" zeigen kann, ist ein erneuter Sieg durchaus möglich. Umgekehrt wäre eine Saison ohne Titel sehr enttäuschend, gerade weil die Dreifachbelastung kein Thema mehr ist.

Almuth Schult
Wolfsburg will auch nächstes Jahr den DFB-Pokal stemmen / Alex Grimm/GettyImages

Wieder für die Champions League qualifizieren

Am liebsten will der VfL natürlich Meister werden - so könnte Wolfsburg nämlich die lästige Champions-League-Qualifikation umgehen. Dort können mit Manchester United, Ajax Amsterdam oder Paris FC durchaus namhafte Konkurrenten warten, das mussten die Wölfinnen dieses Jahr auf die schmerzhafte Tour erfahren.

Falls Wolfsburg nicht die Frauen-Bundesliga gewinnen kann, darf sich das Qualifikations-Desaster auf jeden Fall nicht wiederholen. Die Champions League ist finanziell mit einem Preisgeld von allein 400 000 Euro für das Erreichen der Gruppenphase lukrativ. Mindestens genauso wichtig ist für den finanziell gutgestellten VfL aber der Rufschaden, der durch das Champions-League-Ausscheiden entstanden ist.

Als eher weniger attraktiver Verein hat der VfL beim Werben um die talentiertesten Spielerinnen nicht immer die besten Karten - noch dazu kommt, dass andere Ligen wie die englische WSL und die spanische Liga F aktuell sehr beliebt sind. Das konnte der VfL lange gut mit der Garantie auf große Spiele in der Champions League und Titel ausgleichen. Damit das auch in Zukunft gelingt, darf kein weiterer Ausrutscher auf internationalem Parkett passieren.