Real Madrid: No country for old legends

Xavier Laine/Getty Images
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Ganz so harmonisch, wie die eigens dafür angesetzte Pressekonferenz es wohl suggerieren sollte, verlief die Trennung zwischen Real Madrid und dem langjährigen Aushängeschild des Klubs, Sergio Ramos, am Ende dann doch nicht. Alles wie gehabt, könnte man sarkastisch anfügen. Denn die Trennung vom Abwehrrecken ist nicht die erste von Dissonanzen geprägte Scheidung zwischen Klub und einer seiner Legenden.


Große, klangvolle Namen haben schon seit je her Glanz und Gloria in den Klub gebracht. Doch wenn die Karriere der Superstars ihrem Ende zuging, musste so manch einer von ihnen erkennen, dass die jeweiligen Verantwortlichen bezüglich vergangener Meriten bisweilen überraschend vergesslich (oder soll man sagen: hartherzig?) sein konnten.

Míchel (1996)

Michel
Hat mit Real Madrid längst gebrochen: Míchel / Denis Doyle/Getty Images

Wie zum Beispiel Míchel. Mit bürgerlichem Namen José Miguel González Martín del Campo, war der Achter lange Jahre eine prägende Figur im Spiel der Madrilenen.

Mit Emilio Butragueño, Manolo Sanchís, Martín Vázquez und Miguel Pardeza bildete er die berühmte "Quinta del Buitre" ("Klasse des Geiers"), die zwischen 1986 und 1990 fünf Meisterschaften in Folge erringen konnte. Zwei UEFA-Cup-Siege (1985 und 1986) runden diese Erfolgsbilanz ab.

Doch das schützte Míchel nicht davor, 1996 vom damaligen Klub-Chef Lorenzo Sanz mehr oder weniger vom Hof gejagt zu werden. Den Madridistas, den Fans des Klubs, in Erinnerung bleiben werden die Bilder von Míchels letztem Spiel im Bernabéu-Stadion (gegen Mérida), als er bei seiner Auswechslung mit Tränen in den Augen den Rasen küsste.

Der gebürtige Madrilene "floh" schließlich ins mittelamerikanische Exil - und schloss sich dem mexikanischem Erstligisten Atlético Celaya an, wo er auf seine einstigen königlichen Weggefährten Hugo Sánchez und Emilio Butragueño stieß und seine aktive Karriere nach einem Jahr ausklingen ließ.


Vicente del Bosque (2003)

FOOT-REAL MADRID-ANELKA
Vicente del Bosque, hier mit Nicolas Anelka bei einem Training / CHRISTOPHE SIMON/Getty Images

Auch als erfolgreicher Trainer hat man es bei Real Madrid nicht immer leicht. Davon könnte Vicente del Bosque ein Lied singen - wenn es denn nicht so traurig wäre. Nur einen Tag nach dem Gewinn der 29. Meisterschaft im Frühjahr 2003 verkündete der Verein die sofortige Trennung vom Erfolgstrainer, auf dessen Konto auch die Champions-League-Titel von 2000 und 2002 gehen.

Das wiederum rief einige Spieler des damaligen Kaders auf den Plan, die mit dieser Entscheidung überhaupt nicht einverstanden waren. Der Protest ging als "Revolte vom Txistu" in die Klub-Geschichte ein. (Das Restaurant "Mesón Txistu" im Herzen der Stadt ist das Stammlokal des Vereins und Schauplatz zahlreicher Siegesfeiern).


Fernando Hierro (2003)

Hierro of Real Madrid talks to the press
Seine Kritik am Präsidenten wurde ihm zum Verhängnis: Fernando Hierro / John Gichigi/Getty Images

Einer der Spieler, die damals besonders lautstark für den Verbleib von del Bosque plädierten, war Abwehrchef und Mannschaftskapitän Fernando Hierro.

Auf dessen Habenseite, neben einigen Meisterschaften und Pokalen, stehen die drei Champions-League-Siege von 1998, 2000 und 2002. Doch seine deutliche Opposition gegen die Trainer-Entscheidung und die Kritik an dem in seinen Augen überzogenen Hype rund um die Verpflichtung von David Beckham sollte den Zorn von Florentino Pérez (der sich für den Beckham-Deal von den Medien feiern ließ) auf sich ziehen.

Tatsächlich packte Hierro, auf Druck von Pérez, noch in diesem Sommer seine Koffer und schloss sich - nach vierzehn Jahren bei Real Madrid - dem katarischen Klub Al-Rayyan Sport Club an.


Raúl (2010)

Raul Gonzalez
An Cristiano Ronaldo und Benzema kam der alternde Raúl nicht mehr vorbei / Denis Doyle/Getty Images

Sieben Jahre später traf es eine weitere Klub-Legende. Raúl González Blanco, von allen nur Raúl oder Rulo genannt, sah sich zu diesem Zeitpunkt extrem starker Konkurrenz im Sturm (Cristiano Ronaldo, Benzema) ausgesetzt - und kam dementsprechend nur noch zu sporadischen Einsätzen.

Sein Verabschiedung geriet zur Farce. Ein kurzer Akt in der Präsidenten-Loge des Stadions und eine wie improvisiert daherkommende Pressekonferenz - das war alles, was der Klub dem Spieler, einem der meistgeliebten in der Geschichte, nach insgesamt sechzehn Jahren Vereinszugehörigkeit an Ehren zuteil werden ließ.


Guti (2010)

Guti
Gilt bis heute als eines der größten Talente des Real-Nachwuchses: Guti / Etsuo Hara/Getty Images

Im selben Jahr musste auch Guti gehen. Insgesamt 24 Jahre im Klub, davon 15 als Profi, waren offensichtlich nicht genug, um zumindest zu versuchen, ihn von seiner Entscheidung, den Klub zu verlassen, abzubringen. Eines der größten Talente, die die heimische cantera (Nachwuchsarbeit) je herausgebracht hat, verabschiedete sich somit ebenfalls durch die Hintertür.


Iker Casillas (2015)

Iker Casillas
Schloss sich nach seiner Zeit bei Real Madrid dem FC Porto an: Iker Casillas / Denis Doyle/Getty Images

Im Jahr 2015 traf es dann sogar einen wahrhaftigen Weltmeister. Iker Casillas, der Held vom Champions-League-Finale 2002 gegen Bayer Leverkusen (als er für César eingewechselt wurde und den Weißen in der Schlussphase den Sieg rettete) und World Champion mit Spanien im Jahr 2010, bekam weder ein ihm gebührendes Abschiedsspiel noch eine sonst wie geartete feierliche Verabschiedung.

Stattdessen musste er sich auf einer denkwürdigen Pressekonferenz, ohne jegliche Begleitung seitens eines der Klub-Verantwortlichen, quasi ganz allein - und unter Tränen - von seinen langjährigen Fans verabschieden.


Cristiano Ronaldo (2018)

Cristiano Ronaldo
Der beste Torjäger der Real-Geschichte ging ohne jegliche Ehrung seitens des Klubs / Power Sport Images/Getty Images

Selbst der beste Torschütze der Klub-Geschichte, Cristiano Ronaldo, bekam keine gebührende Verabschiedung aus Madrid. Kein Abschiedsspiel, kein feierlicher Akt, ja nicht einmal eine für den Zweck anberaumte Pressekonferenz. Lediglich ein paar dürre Worte auf der Klub-Webseite. Und die waren dann auch noch von ihm selbst verfasst.


Zinédine Zidane (2021)

Zinedine Zidane
Spürte am Ende keine Rückendeckung mehr: Zinédine Zidane / Juan Manuel Serrano Arce/Getty Images

Das vorläufig letzte Glied in dieser Kette ist Zinédine Zidane. Als Spieler noch mit einer angemessenen Verabschiedung in einem Spiel gegen Villarreal bedacht, war das Ende der zweiten seiner beiden Etappen als Trainer dann wieder recht beschämend für einen Klub von der Größe eines Real Madrid. Die Gründe für seinen Abschied hat der Franzose kürzlich per Offenen Brief selbst genannt. Der Klub selbst verharrte in beredtem Schweigen.