Pernille Harder: Die neue Spielmacherin des FC Bayern

Denmark v Spain: Group B - UEFA Women's EURO 2022
Denmark v Spain: Group B - UEFA Women's EURO 2022 / Visionhaus/GettyImages
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Mit Pernille Harder wird ab der kommenden Saison eine der besten Offensiv-Spielerinnen der Welt im Trikot der FC Bayern Frauen spielen. Die ohnehin bereits stark aufgestellte Offensive der amtierenden deutschen Meisterinnen wird mit dem Top-Transfer noch einmal auf ein höheres Level gehoben. Doch wie ist Harder bei Bayern am besten einzusetzen und wer muss für sie aus der Startelf weichen?

Die Dänin gilt als "komplette Offensivspielerin", da sie im Angriff auf so gut wie allen Positionen spielen kann: in der Sturmspitze, als Schattenstürmerin, falsche Neun, auf der Zehn oder Acht. Wie kaum eine andere Spielerin versteht Harder es, sich instinktiv zu positionieren und als willensstarke Teamplayerin auch ihre Mitspielerinnen in Szene zu setzen. Damit sie ihre Weltklasse und Kreativität im Angriffsdrittel vollends entfalten kann, muss jedoch das taktische Setting stimmen.

Unter Chef-Trainer Alexander Straus, der seit 2022 an der Seitenlinie steht, entwickelten die Bayern eine wesentlich flexiblere Spielweise als unter Vorgänger Jens Scheuer, die zudem mehr am Ballbesitz orientiert ist und sich über dynamisches, kurzes Passspiel in engen Räumen definiert. Es ist ein Stil, der besser zu Harder passt, als jener bei ihrem ehemaligen Verein FC Chelsea. Die Blues führen ihre Angriffe direkter aus. Im schnellen Spiel nach vorne geht es darum, dass der Ball von der Abwehrreihe in so wenig Zügen wie möglich in die Sturmspitze und von dort aus ins Tor gelangt.

An der Isar wird mehr Wert auf ein sauberes Aufbau-und Passspiel von hinten gelegt. Die Laufwege in Richtung des gegnerischen Kastens sind dabei weniger vorhersehbar, da es mal über links, mal über rechts und mal durch das Zentrum geht. Hierfür bringt Harder die perfekten Qualitäten und Fähigkeiten mit: ein enormes räumliches Bewusstsein, den perfekten Instinkt für Läufe und klug ausgespielte Pässe sowie eine fast mühelose Proaktivität am und gegen den Ball.

Stand Juni 2023 weiß der FC Bayern neben Pernille Harder folgende Offensivspielerinnen in den eigenen Reihen: Lina Magull, Karólína Lea Vilhjálmsdóttir, Sydney Lohmann, Franziska Kett, Linda Dallmann, Klara Bühl, Weronika Zawistowska, Jovana Damnjanovic und Lea Schüller. Nicht für alle wird Platz in der Startelf sein, auch wenn Rotation eines der Gebote für die nächste Saison sein wird. Der Konkurrenzkampf wird groß, auch weil die Arbeitspapiere von Magull und Lohmann im nächsten Jahr auslaufen.

Was dieser stark aufgestellten Offensive jedoch fehlt, ist eine Spielmacherin im letzten Drittel. Dies zeichnete sich bereits in der vergangenen Saison ab, wenn klug umgesetzte Angriffe nicht mit einem Tor endeten, fehlende Effizienz das Spiel prägte oder man Schwierigkeiten gegen tief stehende Gegnerinnen hatte. Generell betrachtet ist es die Aufgabe der Spielmacherin, als Schaltzentrale zwischen offensivem Mittelfeld und Sturm zu agieren, den Ball durch zielgenaues Passspiel in gefährliche Positionen zu bringen, aber auch selbst einen Angriff abzuschließen.

Würde die Dänin diese Rolle ab der nächsten Saison übernehmen, sähe sie jedoch etwas anders aus, denn die Münchnerinnen sind kein Team, welches sich taktisch um eine einzelne Spielerin herum aufstellt. Harder wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach in der Angriffsreihe hinter Lea Schüller orientieren. Die Bayern-Stürmerin, die in der vergangenen Saison im Spiel stets etwas vom Fixpunkt auf der Neun abrückte und teils mehr in Richtung der Angriffskette im Mittelfeld arbeitete, könnte nun durch die Verpflichtung Harders wieder als klassische Neun in die Sturmspitze rücken.

Pernille Harder, Sydney Lohmann
Pernille Harder (links) mit ihrer zukünftigen Team-Kollegin Sydney Lohmann / Alex Pantling/GettyImages

Harder würde hinter Schüller wahlweise als Schattenstürmerin oder Zehn agieren, je nachdem, wie Alexander Straus sein Team aufstellt. Flankiert würde die Dänin von Klara Bühl, die auf dem rechten Flügel fix gesetzt ist. Die linke Außenbahn wirft das größere Fragezeichen auf: mit Carolin Simon und der österreichischen Neuverpflichtung Katharina Naschenweng verfügt man auf dieser Seite über zwei flexible, offensiv spielende Außenverteidigerinnen.

In der vergangenen Saison war des Öfteren zu beobachten, wie die Münchnerinnen mit einer Viererkette in die Spiele starteten, welche sich dann rasch als hybrid erwies, da mindestens eine der Außenverteidigerinnen in Ballbesitzphasen in die Rolle der Schienenspielerin schlüpfte. Was hat diese defensive Ausrichtung nun mit Pernille Harder zu tun?

Eine hoch spielende linke Außenverteidigerin würde der Offensivkraft (Lohmann oder Magull) neben der Dänin erlauben, sich zentraler im offensiven Mittelfeld zu orientieren. Harder könnte dann, passend zum hybrid-flexiblen Spielstil ihres neuen Teams, zwischen der Position hinter Schüller und der Rolle als Zehn wechseln, was ihr zeitgleich alle Freiheiten bietet, um sich auf dem Spielfeld zu entfalten. Wichtig ist auch anzumerken, dass sie in beiden Situationen als Spielmacherin auftreten kann, ohne dass das Team um sie herum aufgestellt werden muss.

Pernille Harder, Irene Paredes
Die torgefährliche Spielmacherin ist eine Herausforderung für jede Defensive / Alex Pantling/GettyImages

Auch wenn die Offensiv-Abteilung der FC Bayern Frauen mit Top-Spielerinnen überladen zu sein scheint, so ist der Transfer von Pernille Harder ein sehr sinnvoller. Als langjährige Kapitänin der dänischen Nationalmannschaft bringt sie eine besondere Leadership-Mentalität nach München, die das gesamte Team einen großen Schritt nach vorne bringen kann. Wettbewerbsübergreifende Erfahrung und die eingangs beschriebenen Qualitäten auf Wetlklasseniveau machen die Spielerin zur neuen Schlüsselfigur im Angriff des FC Bayern.

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