HSV: Die Tops und Flops des irren Sieges gegen Paderborn

Ein Sieg der Mentalität des HSV
Ein Sieg der Mentalität des HSV / Lars Baron/Getty Images
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Was ein irres Spiel! 2:0 geführt, 2:3 zurückgelegen, 4:3 gewonnen - langweilig ist es mit dem Hamburger Sport-Verein selten. Mit sechs Punkten thronen die Rothosen nun an der Tabellenspitze der 2. Bundesliga. Licht und Schatten offenbarte die gestrige Partie. Während einige Akteure glänzten, erwischte vor allem ein Spieler einen rabenschwarzen Tag.

2 Spiele - 2 Absteiger als Gegner - 2 Siege. Die bisherige Bilanz des HSV kann sich definitiv sehen lassen. Der 4:3 Auswärtssieg gegen den SC Paderborn offenbarte eine grandiose Mentalität, wie man sie in der Vergangenheit nur selten erlebte.

Die zwischenzeitlichem 0:2-Rückstand drehten die Hausherren die Partie noch vor der Halbzeit zu ihren Gunsten und gingen mit 3:2 in Führung. Mindestens zwei dieser Treffer waren Resultat dummer individueller Fehler und aus HSV-Sicht absolut vermeidbar.

Glücklicherweise schien Daniel Thioune in der Halbzeitpause die richtigen Worte gefunden zu haben. Im zweiten Spielabschnitt spulten die Hanseaten ihr Pensum ruhig und konzentriert ab. Diese Spielweise ermöglichte dem HSV wiederum, das Ergebnis zu eigenen Gunsten zu drehen und drei Punkte mit zurück in die Hansestadt zu nehmen.

Die Rothosen sind aktuell das einzige Team, das aus den ersten beiden Auftritten die maximale Punkteausbeute generieren konnte. Das Spiel in Paderborn war geprägt von Rekorden und und einem Rückkehrer, der das Spiel an alter Wirkungsstätte wohl sehr schnell vergessen möchte.

Die Gewinner des Paderborn-Spiels

1. Amadou Onana

Onana war auch in Paderborn wieder eine Bank
Onana war auch in Paderborn wieder eine Bank / Lars Baron/Getty Images

Auch im zweiten Spiel präsentierte der Neuzugang aus Hoffenheim eine starke Leistung. Wenn man bedenkt, dass der Juniorennationalspieler Belgiens gerade einmal 19 Jahre alt ist, dann könnte sich Onana bei positiver Entwicklung zu einem außergewöhnlich guten Mittelfeldmotor entwickeln. Allein die Physis des 1,95 Meter-Hünen ist absolut beeindruckend. Die HSV-Bosse bewiesen bei Onana ein richtiges Näschen - mit seinen bisherigen Auftritten etablierte sich der Abräumer im Team der Hanseaten. Zweikampfstark, beweglich, passsicher und stark in der Luft - Amadou Onana ist eine absolute Bereicherung für den HSV.

2. Stephan Ambrosius

Ambrosius macht Defensivsorgen vergessen
Ambrosius macht Defensivsorgen vergessen / Martin Rose/Getty Images

Die Sperre von Toni Leistner wiegt schwer? Wohl kaum! Stephan Ambrosius war gestern eine sichere Bank in der Defensive.
Viele Angriffe der Paderborner erstickte der 21-Jährige bereits im Keim. Gemeinsam mit Neuzugang Moritz Heyer riegelte Ambrosius den eigenen Strafraum speziell in der 2. Halbzeit ab. Für die Hausherren war Schluss, wenn sich ihnen das Eigengewächs des HSV in den Weg stellte. Dabei bestach Ambrosius durch enorme Zweikampfstärke, die trotz der enormen Robustheit des Deutsch-Ghanaer immer im fairen Rahmen blieb.

Von Defensivsorgen war gestern Abend nur sehr kurz etwas zu sehen - die Drei-Tore-Orgie der Paderborner resultierte jedoch nicht aus kollektivem Versagen, sondern aus individuellen Fehlern - Ambrosius muss sich keines der drei Gegentore auf die eigene Kappe schreiben. Man darf gespannt sein, wie sich die Defensive nach abgelaufener Leistner-Sperre bilden wird. Aktuell muss Ambrosius gesetzt sein - die hervorragende Verfassung des Verteidigers lässt keine anderen Schlüsse zu.

3. Jeremy Dudziak

momentan unverzichtbar für den HSV - Jeremy Dudziak
momentan unverzichtbar für den HSV - Jeremy Dudziak / Thomas Eisenhuth/Getty Images

Jeremy Dudziak befindet sich momentan in absoluter Top-Form. Der zum Spielmacher umfunktionierte Techniker brach bereits im zweiten Saisonspiel seinen persönlichen Vorlagen-Rekord. Mit nun drei Assists aus zwei Begegnungen übertrumpfte der Tunesier seine Bestmarke denkbar früh. Limits scheint es für Dudziak nicht zu geben - die Ernennung zum Spielmacher des HSV scheint den 25-Jährigen beflügelt zu haben.

Spielerisch gehört "Jerry" durch seine Leichtigkeit und das umfangreiche Repertoire an Technik zu den besten Akteuren der 2. Bundesliga.
Die Rothosen können sich glücklich schätzen, dass ein Abgang Dudziaks in diesem Sommer nie konkret wurde, denn der Tunesier ist nicht nur eine Bereicherung für die Hamburger, sondern für die gesamte Liga.
Wenn der Mittelfeldmann sein Pensum halten kann, dann scheint es keine Limits zu geben.

4. Manuel Wintzheimer

zeigte eine überragende Leistung - Manuel Wintzheimer
zeigte eine überragende Leistung - Manuel Wintzheimer / Lars Baron/Getty Images

Man of the Match? Manuel Wintzheimer! Der Auftritt des Leih-Rückkehrers war schlichtweg überragend. An drei Toren war der 21-Jährige direkt beteiligt und auch den ersten Terodde-Treffer leitete der gestrige Linksaußen ein - besser geht es nicht. In seiner neuen Rolle scheint sich der Stürmer pudelwohl zu fühlen - die unbändige Spielfreude ist dem ehemaligen Münchener in jeder Sekunde auf dem Feld anzusehen. Wintzheimer scheint nun endgültig in Hamburg angekommen zu sein. Der gestrige Auftritt des U20-Nationalstürmers macht Lust auf mehr.

Dabei wusste der Stürmer nicht nur in der Offensive zu überzeugen, auch von defensiven Arbeiten ließ sich der beidfüßige Angreifer nicht abschrecken, der um jeden Meter ackerte. Der Auftritt Wintzheimers: ein Augenschmaus - einen verdienteren "Man of the Match"-Titel gab es selten.

5. Simon Terodde

sicherte sich den alleinigen Torrekord der 2. Bundesliga - Simon Terodde
sicherte sich den alleinigen Torrekord der 2. Bundesliga - Simon Terodde / Lars Baron/Getty Images

Simon Terodde - Mister 2. Liga. Mit seinem erneuten Doppelpack sicherte sich der Angreifer die alleinige Bestmarke von 122 Toren in der eingleisigen 2. Bundesliga - ein Rekord, der wohl lange in den Händen Teroddes bleiben wird und noch weiter ausgebaut werden könnte.

Der HSV scheint nun endlich seinen lang ersehnten Vollblutstürmer gefunden zu haben, denn Terodde liefert genau das, wofür man ihn unbedingt verpflichten wollte. Im gegnerischen Strafraum strahlt der 32-Jährige eine unfassbare Gefahr aus, die regelmäßig in Toren mündet. Mit bisher vier Treffern aus zwei Begegnungen legt der Stürmer ordentlich vor - im Hinblick auf den Rest der Spielzeit darf sich der HSV bei gleichbleibender Form des neuen Top-Stürmers auf viele weitere und vor allem wichtige Tore freuen.

6. Khaled Narey

nutzte das gestrige Spiel für Eigenwerbung - Khaled Narey
nutzte das gestrige Spiel für Eigenwerbung - Khaled Narey / Lars Baron/Getty Images

Durch den kurzfristigen Ausfall von Sonny Kittel und die noch nicht zu 100% fitte Verfassung von Bakery Jatta rückte der 26-Jährige in die Startformation der Hanseaten und nutzte den gestrigen Abend für Eigenwerbung.

Bereits in der letzten Woche wurde von Abschiedsgedanken des Deutsch-Togolesen berichtet, der aufgrund mangelnder Spielzeit einen neuen Arbeitgeber ins Auge fassen könnte.

Seinen gestrigen Einsatz nutzte Narey jedoch für sich. Am ersten Treffer von Manuel Wintzheimer war der Flügelstürmer direkt beteiligt und auch in der übrigen Spielzeit arbeitete der Rechtsaußen unaufhörlich. Gut möglich, dass sich an der Einstellung des Rechtsfußes nach dem Paderborn-Spiel einiges geändert hat - Narey zeigte auf, dass er eine ernsthafte Alternative für die Startelf ist.

Der Flop des Spiels

7. Klaus Gjasula

für ihn ein Tag zum Vergessen - Klaus Gjasula
für ihn ein Tag zum Vergessen - Klaus Gjasula / Thomas Eisenhuth/Getty Images

Für Klaus Gjasula war die Rückkehr an alte Wirkungsstätte ein Erlebnis zum Vergessen. Der Albaner wirkte häufig wie ein Fremdkörper im defensiven Mittelfeld und strahlte eine Unsicherheit aus, die dem HSV drei Gegentore innerhalb von vier Minuten bescherte. Zwei dieser Gegentreffer leitete Gjasula mit haarsträubenden Fehlern selbst ein. Fehler, die einem Profi auf diesem Niveau auf keinen Fall passieren dürfen - zumindest nicht mehrfach in einem Spiel.

Schon in der vergangenen Spielzeit überzeugte der Nationalspieler Albaniens spielerisch nicht immer - es bleibt zu hoffen, dass die gestrige Leistung des Abräumers nur ein einmaliger Ausrutscher war.

Zumindest fällt der Verwarnungs-Rekordhalter der Bundesliga nicht mehr mit stümperhafter Zweikampfführung, sondern eher durch leichtfertige Ballverluste auf (bislang erntete Gjasula noch keine Gelbe Karte) - ein schwacher Trost für den Helmträger, der in seiner gestrigen Form dem Team eher schadet, als nützt, sein Kampfgeist in allen Ehren.


Der Auswärtssieg in Paderborn bescherte dem HSV nicht nur wichtige Punkte, sondern lieferte ebenso wichtige Schlüsse für die kommenden Wochen und Aufgaben. Auch der mehrfach gescholtene Daniel Heuer Fernandes wusste sich gestern Abend in einigen Situationen auszuzeichnen - die Gegentore waren nicht zu verhindern. In den übrigen Tagen des geöffneten Transferfensters könnte an der Elbe dennoch einiges passieren - ein Torhüter muss definitiv noch verpflichtet werden. Ob dies ein Perspektivspieler sein wird oder jemand, der potenziell als Nummer 1 das Tor der Rothosen hüten kann, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Ebenso scheint möglich, dass in die restlichen Mannschaftsteile noch einmal Dynamik kommt.