Trotz Erlaubnis: Kiel spielt Saisonfinale ohne Zuschauer im Stadion

Das Holstein-Stadion wird auch zum Saisonfinale leer bleiben
Das Holstein-Stadion wird auch zum Saisonfinale leer bleiben / Stuart Franklin/Getty Images
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Während die Fußballfans darauf hoffen, dass zur neuen Saison keine Geisterspiele mehr notwendig sein werden, kann der ein oder andere Klub aufgrund niedriger Inzidenzen vor Ort schon wieder mit Zuschauern spielen. Auch Holstein Kiel bekam für das letzte Saisonspiel diese Genehmigung - lehnt jedoch ab.


In diesen Wochen ist in Deutschland aufgrund rückgängiger Corona-Inzidenzen wieder mehr Freiheit möglich. Das betrifft auch Lockerungen im Sport. Ein Aspekt dabei: Das stückweise Überwinden der noch immer notwendigen Geisterspiele. Manch ein Verein hat bereits die Erlaubnis bekommen, wieder vor Fans zu spielen - beispielsweise Union Berlin.

Auch Holstein Kiel hat diese Genehmigung seitens der Stadt Kiel bekommen, gültig für den kommenden und letzten Spieltag der laufenden Saison in der 2. Bundesliga. In den finalen 90 Minuten, in denen es um den direkten Aufstieg geht, hätte der Zweitligist den so wichtigen Fan-Support bekommen können. Daraus wird aber nichts, weil der Klub abgelehnt hat.

Holstein Kiel
Aufstieg vertagt: Kiel kämpft am letzten Spieltag um den Aufstieg / Matthias Hangst/Getty Images

"Die Pandemie bestimmt immer noch den Alltag der Menschen in unserem Land, auch wenn es aktuell zu Lockerungen in einzelnen Bereichen kommt. Die KSV Holstein war von der Ankündigung der Stadt Kiel an diesem Morgen sehr überrascht, dass für das letzte Heimspiel der Saison Zuschauer zugelassen werden könnten", hieß es aus einer Vereinsmitteilung.

Auch Präsident Steffen Schneekloth stimmte in diese Argumentation ein. Er erklärte, der Fußball dürfe keine "Sonderrolle in der Gesellschaft reklamieren". Der Grund: "Auch in anderen Veranstaltungsbranchen sind derzeit keine Zuschauer zugelassen." Des Weiteren wolle man keine "Bevorzugung gegenüber anderen Sportvereinen im Land" annehmen, die auch noch um bedeutsame Entscheidungen spielen.

Somit werde man das letzte Spiel gegen Darmstadt 98 trotz der Erlaubnis "in der gewohnten Art und Weise wie in den vergangenen sieben Monaten im Kieler Holstein-Stadion austragen" - also ohne jegliche Zuschauer auf den Rängen. Sicherheitskonzepte hin oder her, der Aufstiegsaspirant nimmt diese Möglichkeit nicht wahr. Im Fokus sollten viel mehr einheitliche Vorgänge stehen.

Kiel erfährt viel Lob für die Entscheidung - es hätte aber auch ein Signal der Zuversicht sein können

Im Netz erfährt Kiel durch diese Entscheidung viel Lob. Ist es doch in Pandemie-Zeiten ein ehrenwertes Zeichen, auf mögliche Lockerungen angesichts der fehlenden Chancen anderer Vereine zu verzichten. Schließlich weiß jeder, welchen Stellenwert der Support von Fans im heimischen Stadion einnehmen kann.

Gleichzeitig senkt der Klub das Ansteckungsrisiko damit am Sonntag, was die Tribünen betrifft, erneut auf null. Der generelle Tenor: Der Profifußball kann sich ohnehin glücklich schätzen, über die letzten zwölf Monate den Betrieb stets ohne größere Probleme oder Einschränkungen am laufen gehabt zu haben.

Das ist einerseits ebenso richtig wie verständlich. Andererseits haben die Störche dabei auch eine Chance verpasst. Stichwort "Sonderrolle in der Gesellschaft": So wäre es doch durchaus auch vorteilhaft gewesen, wenn der Verein gezeigt hätte, dass derartige Hygienekonzepte funktionieren. Mit einem minimalen Ansteckungsrisiko verbunden einen weiteren Schritt in die Freiheit gehen.

Ole Werner
Für Ole Werner und sein Team geht es um den direkten Aufstieg in die Bundesliga / Matthias Hangst/Getty Images

Und ja, auch ein Stadionbesuch ist Teil der persönlichen Freiheit - für wie wichtig oder eben unbedeutend man es selbst auch halten mag. Mit Masken, mit Abstand, vielleicht sogar mit Tests oder Einladungen an örtliches (und in der Regel längst geimpftes) Medizinpersonal hätte dieses Fußballspiel ein gutes Zeichen für die angesprochene Gesellschaft sein können: "Seht her, es funktioniert."

Natürlich ist der zu erwartende Aufstieg auch ein Faktor. Ein Stück Vereinsgeschichte, das am Sonntag geschrieben werden kann. Ein Ereignis, bei dem die Emotionen überkochen werden. Die Befürchtung, im Stadion könnte es dadurch zu Verletzungen der Hygienekonzepte kommen, kann angebracht werden. Das automatische Vermuten, zugelassene Menschen würden sich aus welchen Gründen auch immer nicht an die entsprechenden Regeln halten, ist jedoch alles andere als schön.

Mit einer gesunden Portion von Vertrauen in die Fans wäre dieses Projekt vermutlich sehr gut umsetzbar gewesen. Das ist allerdings keine Kritik am Vorgehen der Kieler, deren Handeln ebenfalls absolut nachvollziehbar ist. Dennoch tut es den derzeitigen Debatten gut, auch immer die andere Seite bei Lockerungsdiskussionen zu beleuchten.