Erkenntnisse zum 4:0 gegen Island: DFB-Frauen mit Tempo und Entschlossenheit Richtung Wiedergutmachung

  • DFB-Frauen tanken Selbstvertrauen gegen schwache Isländerinnen
  • Vor allem Lohmann und Linder überzeugen
  • Deutsche Mannschaft zeigt wieder mehr Willen und Entschlossenheit
Das DFB-Team hat nach dem Sieg gegen Island endlich wieder Grund zum Jubeln
Das DFB-Team hat nach dem Sieg gegen Island endlich wieder Grund zum Jubeln / Christof Koepsel/GettyImages
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Die deutsche Nationalmannschaft der Frauen hat in der Nations League mit einem ungefährdeten 4:0-Sieg über Island nach zuletzt schwachen Leistungen wieder in die Spur gefunden. Diese Aspekte haben zum Erfolg geführt und diese Spielerinnen haben dabei besonders überzeugt - die Erkenntnisse zur Performance des DFB-Teams.

Sweet Caroline erklang nach dem 4:0-Sieg gegen Island im Bochumer Stadion - das Lied, das mit der erfolgreichen Europameisterschaft 2022 gleichgesetzt wird. Die Stimmung heute ist jedoch eine etwas andere, es klingt aktuell noch mehr nach Wiedergutmachung als nach Feierstimmung. Zwar ist das deutsche Team auch nach der zweiten Partie der Nations League immer noch auf der Suche nach Antworten, allerdings überwogen nach der enttäuschenden WM erstmals wieder die positiven Aspekte. Mit mehr Tempo und Entschlossenheit ist Deutschland wieder auf dem Weg zur alten Stärke.

Mit Variabilität zum Torerfolg

Sie können es ja doch - und das sogar mal ganz ohne Mitwirken von Alexandra Popp. Gleich vier Mal fanden die deutschen Spielerinnen erfolgreich einen Weg, um die isländische Abwehr samt Torhüterin zu überwinden. Ganz besonders wichtig war dabei der "Dosenöffner" von Klara Bühl. Bis zur 18. Spielminute hatte das DFB-Team die Partie zwar voll im Griff, konnte jedoch keine zwingenden Torchancen vorweisen. Es fehlte an Kreativität und vor allem an schnellen Tempowechseln.

Klara Buehl
Den Frust aus der Seele schreien - Klara Bühl feiert einen gelungen Torabschluss / Christof Koepsel/GettyImages

Schließlich schalteten die Spielerinnen nach einem Ballgewinn im rechten Mittelfeld endlich mal schnell um, verlagerten das Spiel auf die linke Seite, wo Bühl mit Tempo und einem gekonnten Haken eine isländische Verteidigerin aussteigen ließ. Die 22-Jährige vom FC Bayern München ließ einen Strahl von einem Schuss ab, der unten links im Tor einschlug. Die Entschlossenheit - und damit auch eine Spur von Trotz - und der anschließende ausgelassene Jubel vertrieben nicht allen, jedoch einen Großteil des Frustes, der sich im Team aufgestaut hatte.

Während der EM und WM hatten sich die Deutschen noch häufig auf Starstürmerin Popp und ihre Kopfballstärke nach hohen gefährlichen Flanken verlassen. Zu wenige andere Optionen führten lange Zeit zu Torerfolgen. Auch im Spiel gegen Island verirrten sich noch eine ganze Reihe von ungenauen Flanken in die Spitze, die nicht verwertet werden konnten. Doch das deutsche Team ließ auch einige Male eine andere Seite aufblitzen, die das wahre Potenzial der Mannschaft widerspiegelt.

Vor allem Spielerinnen wie Sydney Lohmann und Jule Brand brachten immer wieder Tempowechsel und kreative Elemente in das Spiel des DFB-Teams ein. Lohmann behauptete im zentralen Mittelfeld viele Bälle und verteilte diese dynamisch und mit Auge auf ihre Mitspielerinnen. Auf der anderen Seite wirbelte Brand vor allem auf dem rechten Flügel und traute sich nach der verdienten Führung immer mehr, in Dribblings zu gehen und Laufwege in die Tiefe anzutreten. Auf der anderen Seite überzeugte Bühl mit insgesamt zwei Treffern, die ihre Entschlossenheit zur Geltung brachten, sowie einem bis hierhin noch nicht gesehenen Zusammenspiel mit Hoffenheims Sarai Linder.

Klara Buehl, Sarai Linder
Hoffenheims Sarai Linder (mit Klara Bühl) konnte gegen Island auf ganzer Linie überzeugen / Christof Koepsel/GettyImages

Mutig und entschlossen - jetzt stimmt die Einstellung

Nach der schwachen Leistung bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland wurde neben vielen anderen Dingen auch die Mentalität der Spielerinnen angezweifelt. Dies setzte sich auch nach der Nations-League-Auftaktpleite gegen Dänemark fort. Gegen Island war ein klarer Wandel festzustellen, der vor allem nach dem Führungstreffer deutlich zu beobachten war. Die Elf von DFB-Interimstrainerin Britta Carlson spielte auf einmal deutlich befreiter auf. Die "Basics", die so lange bemängelt worden sind, klappten wieder, die Köpfe waren frei. Mehr Spielerinnen trauten sich, darüber hinaus Verantwortung zu übernehmen und mutig nach vorne zu spielen.

Besonders hervorzuheben ist die Leistung von Linder, die in dieser Partie anstelle von Felicitas Rauch auf der Position als linke Außenverteidigerin zum Zuge kam. Von Anfang war die Hoffenheimerin voll da und lieferte gleich mehrere Offensivläufe mit anschließender Flanke in den Strafraum ab. Die 23-Jährige sollte sich im weiteren Spielverlauf sogar noch weiter steigern, machte mehrmals Meter bis zur Grundlinie und kam zwischenzeitlich sogar zu dem ein oder anderen Torabschluss.

Mit dem gelungenen Startelf-Comeback samt Torerfolg für Giulia Gwinn als rechtes Glied der Viererkette scheint das "Problem" auf dieser Position erstmals geklärt, doch auf links könnte es zukünftig aufgrund Linders starker aktueller Form zu einem ernsthaften Zweikampf mit Rauch kommen.

Giulia Gwinn
Zurück in der Startelf - Giulia Gwinn trifft per Elfmeter / Christof Koepsel/GettyImages

Richtiger Gegner zur richtigen Zeit

Die knapp 20.000 Zuschauer waren nach diesem Auftritt der deutschen Mannschaft in Feierstimmung. Allerdings darf bei aller Euphorie nicht vergessen werden, dass es sich bei Island um einen äußerst harmlosen Gegner gehandelt hat, der über das ganze Spiel hinweg nur drei mickrige Abschlüsse Richtung Merle Frohms zustande brachte. Auch das zuletzt kritisierte Aufbauspiel unter Gegnerdruck blieb gegen die tief stehenden Isländerinnen komplett aus. Es war der richtige Gegner zur richtigen Zeit.

Der Erfolg in der zweiten Partie der Nations League war besonders wichtig für das Selbstvertrauen und auch Selbstverständnis der deutschen Mannschaft, um wieder positiv in die Zukunft blicken zu können. Das darf jedoch weder über die Schwäche des Gegners hinwegtäuschen, über die immer noch vorhandenen Baustellen im DFB-Team, noch um die Trainer-Thematik samt der immer noch ausbleibenden ausführlichen Aufarbeitung des WM-Debakels.

Wenn es Ende Oktober gegen Wales geht, können die Deutschen einen weiteren wichtigen Schritt Richtung Olympia-Qualifikation machen. Doch soll das schwierige Unterfangen gelingen, warten zunächst im Rückspiel motivierte Däninnen sowie anschließend weitere Teams mit ähnlicher beziehungsweise noch höherer Qualität.


Der Erfolg gegen Island war kein Ausbruch aus der aktuellen Krise, aber zumindest ein erstes Aufatmen nach dem Debakel bei der WM - eine Erinnerung an das eigene Können. Kein Grund zur völligen Euphorie, da es immer noch viel zu tun gibt, aber eine solide Basis, auf der man für die kommenden Aufgaben in der Nations League aufbauen kann.


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