Der Frankfurter Weg: Vertragsverlängerungen - die besseren Neuzugänge

Mit Sophia Kleinherne hat die nächste Leistungsträgerin bei Eintracht Frankfurt verlängert. Der SGE gelingt es hervorragend, das Team zusammenzuhalten - darin liegt ein wichtiger Schlüssel der Entwicklung. Der Frankfurter Weg kann ein Vorbild für die Liga sein.

Lara Prasnikar und Sophia Kleinherne haben beide ihre Verträge verlängert
Lara Prasnikar und Sophia Kleinherne haben beide ihre Verträge verlängert / Christof Koepsel/GettyImages
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Ein Gedankenexperiment: Wenn Eintracht Frankfurt, Topklub in der Frauen-Bundesliga und Champions-League-Aspirant, eine Spielerin vom Profil von Sophia Kleinherne verpflichtet hätte, wäre der Rummel groß gewesen. Nationalspielerin, jung und doch erfahren, defensivstark. Es hätte Schlagzeilen über einen "Ausrufezeichen-Transfer" gegeben, schöne Statements über die sportlichen Ambitionen der Eintracht und darüber, wie dieser Transfer das nun symbolisiert.

Nun muss die Eintracht natürlich Sophia Kleinherne gar nicht verpflichten, denn sie trägt ja schon seit sieben Jahren das Frankfurter Trikot. Kleinherne hat aber jüngst ihren Vertrag verlängert, die 24-Jährige unterschrieb bis 2026 in der Mainmetropole. Von Fans wurde diese Nachricht natürlich begeistert aufgenommen, denn an Kleinherne war auch die europäische Elite, unter anderem Real Madrid, interessiert.

Dass es weniger Wirbel gab als bei einem derart prominenten Neuzugang, liegt nur in der Natur der Sache. Neues wird immer mehr beachtet als Konstanz, ständige Wechsel und Paukenschläge sorgen für mehr Drama als nur ein "Weiter so". Aber Frankfurt ist ein gutes Beispiel dafür, dass Letzteres der viel bessere Plan ist als ein ständiges Spielerinnenkarussell.

Die Topspielerinnen bleiben der Eintracht treu

Kleinhernes Verlängerung ist nur logisch, sie reiht sich in eine Liste ähnlicher Erfolgsmeldungen ein. Diese Saison verlängerte schon Topscorerin Lara Prasnikar bis 2028, Nicole Anyomi bleibt bis 2026, ebenso wie die Schweizerin Géraldine Reuteler. Viele wichtige Puzzlestücke der Offensive bleiben damit in Frankfurt, jetzt wurde mit Kleinhernes Vertragsverlängerung auch der Grundstein für eine Verteidigung der Zukunft gelegt.

Der Eintracht gelingt es nicht erst seit dieser Saison, in den Vertragsgesprächen besonders überzeugend zu sein. Viele Stammkräfte spielen schon lange in Hessen, sind den langen Weg gegangen: Vom 1. FFC Frankfurt bis zur Fusion mit der Eintracht, den höheren sportlichen Ambitionen und dem Erreichen der Champions League. Das Team hat viel miteinander erreicht, allein das stärkt wohl das Zugehörigkeitsgefühl.

Kleinherne kam 2017, Laura Freigang 2018, Reuteler ebenfalls 2018, Barbara Dunst 2019, Kapitänin Tanja Pawollek spielt schon seit 2016 in Frankfurt. Der Eintracht ist es gelungen, extrem viele Leistungsträgerinnen über die Jahre zu halten, auch nach der Fusion. Das ist eine Leistung, die nicht genug gewürdigt wird.

Geraldine Reuteler, Laura Freigang
Schon lange an Bord: Geraldine Reuteler, Laura Freigang / Christian Kaspar-Bartke/GettyImages

Denn beim normalen Lauf der Dinge müsste Frankfurt jede Saison einen Teil des Teams neu aufbauen, wieder das Konzept anpassen. Es wäre nur verständlich, fast schon natürlich, wenn mehr Spielerinnen abwandern würden. Aber Sjoeke Nüsken (zu Chelsea) und Merle Frohms (zu Wolfsburg) bleiben Einzelfälle. Und auch für die Zukunft ist vorgesorgt - Anyomi, Prasnikar, Kleinherne und Reuteler haben bereits einen Vertrag bis 2026 oder länger, von keiner Stammspielerin läuft zu Ende der Saison das Arbeitspapier aus und auch Freigang soll bald verlängern.

Team dank der Kontinuität sehr eingespielt

Darin liegt womöglich der hauptsächliche Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrent TSG Hoffenheim: Während aus dem Kraichgau in schöner Regelmäßigkeit die besten Spielerinnen nach Wolfsburg oder München wechseln (Hagel, Lattwein, Brand, Rall, Naschenweng...), hält die Eintracht ihr Team zusammen.

Die Vorteile davon liegen auf der Hand und zeigen sich auf dem Platz: Nicht zufällig ist Frankfurt für seine schnellen, fast schon intuitiven Kombinationen bekannt. Die Zusammenarbeit in der Offensive funktioniert oft blind - das geht nur, weil die Spielerinnen sich in- und auswendig kennen, seit Jahren miteinander auf dem Platz stehen.

Damit das Konzept weiter funktioniert, ist es nun essentiell, die talentierten Jungspunde wie Lisanne Gräwe, die Acikgöz-Zwillinge oder Jella Veit auch regelmäßig zum Einsatz kommen zu lassen, um die neue Generation an Stammspielerinnen schonmal vorzubereiten. Denn auch wenn bisher fast alle an Bord bleiben, ist das nie eine Garantie für die Zukunft. Mit der Finanzkraft der englischen und amerikanischen Klubs wird es nicht leichter, die Spielerinnen zu halten - aber falls sie doch gehen, hat Frankfurt bereits gezeigt, dass es immer am besten ist, intern für Ersatz zu sorgen und Kontinuität zu zeigen.

Frankfurter Weg: Ein Vorbild für die Frauen-Bundesliga?

Wenn auch die Integration der Talente gelingt, ist der Frankfurter Weg ein Vorbild für die gesamte Liga, denn der Klub zeigt, dass es mit einem stimmigen Konzept und einem Plan für die Zukunft gelingen kann, auch Topspielerinnen vom Verbleib zu überzeugen. Die Vertragsverlängerungen zeigen klar, dass die Spielerinnen an dieses Konzept glauben und mit Frankfurt mittelfristig noch mehr erreichen wollen. Die SGE ist mehr als nur ein Sprungbrett.

Die Verantwortlichen haben gute Arbeit geleistet - die Vertragsverlängerungen sind nur die Früchte davon und zeigen, was die Spielerinnen am Standort schätzen. Seit der Fusion wird etwa die Professionalisierung kontiniuierlich vorangetrieben, seit 2022 trainieren die Eintracht-Frauen etwa auf den Trainingsplätzen im Deutsche Bank Park statt auf der städtischen Sportanlage.

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Der Deutsche-Bank-Park: Inzwischen trainiert Frankfurt neben der Arena / Maja Hitij/GettyImages

"Das Gelände am Rebstock war eine städtische Anlage, wo man nicht richtig wusste, welcher Verein man eigentlich ist", sagte Kapitänin Tanja Pawollek gegenüber der Sportschau. "Dann sind bisweilen noch Kinder über den Platz gelaufen. Du bist zum Training gekommen und hast nicht gefühlt, dass du für Eintracht Frankfurt spielst." Inzwischen ist mit dem Umzug auch das Zugehörigkeitsgefühl gewachsen.

Auch finanziell hat sich seit der Fusion viel getan, das Budget deutlich gestiegen. Dennoch bleiben die Frankfurter Möglichkeiten unter denen von Bayern und Wolfsburg. Nicht nur Geld spielt eine Rolle bei den Vertragsverlängerungen, auch der sportliche Weg, der vom Tabellenmittelfeld der Frauen-Bundesliga in die Champions League geführt hat.

Zu den Top zwei ist es noch ein weiter Weg, aber die Spielerinnen glauben daran - Sophia Kleinherne etwa unterzeichnete ihr neues Arbeitspapier, als sich noch nicht abzeichnete, dass Frankfurt auch nächste Saison international spielen wird. Das spricht für ein großes Vertrauen in den Klub.