Nach Ajax-Schmach: Diese 5 Lehren muss Borussia Dortmund ziehen

Borussia Dortmund sah gegen Ajax Amsterdam kein Land
Borussia Dortmund sah gegen Ajax Amsterdam kein Land / BSR Agency/GettyImages
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Borussia Dortmund zeigte sich bei der 0:4-Niederlage gegen Ajax Amsterdam von seiner schlimmsten Seite. Der amtierende DFB-Pokalsieger rannte praktisch 90 Minuten lang hinterher - oder im Falle von manchen Spielern überhaupt nicht. Es ist in Anbetracht der letzten Jahre beileibe nicht das erste Mal, dass sich die Schwarz-Gelben völlig demoralisiert zeigten und die Gegenwehr mehr oder weniger einstellten.

Hier sind 5 Lehren, die der BVB aus der Niederlage ziehen sollte:

1. Der BVB muss zu den alten Tugenden zurückkehren

Borussia Dortmund
PATRIK STOLLARZ/GettyImages

Borussia Dortmund war in den letzten zehn Jahren nie die Mannschaft mit den besten Einzelspielen. Dennoch konnte der BVB Anfang der 2010er-Jahre mit den größten Klubs mithalten und diese immer wieder in die Knie zwingen. Im Jahr 2013 hätte es dann beinahe sogar für den ganz großen Coup gereicht.

Damals brachte der BVB den europäischen Top-Klubs bei, wie stark ein Team sein kann, bei dem alle elf Spieler perfekt zusammenpassen. Auf diese Weise kommt man eben auch mit Akteuren wie Großkreutz und Schmelzer gegen die Top-Spieler dieser Welt an.

Der FC Bayern hat zu dieser Zeit vom BVB gelernt und Offensiv-Stars wie Robben und Ribery dazu gebracht, auch defensiv 100 Prozent zu geben. Während die Münchner die Dortmunder Tugenden immer mehr ins eigene Spiel integrieren konnten, sind sie dem BVB selbst zunehmend abhanden gekommen. In den letzten Jahren haben wir häufig elf Borussen gesehen, die sich auf dem Platz aufgeben, wenn es nicht so läuft. Die Niederlage gegen Ajax Amsterdam ist nur ein gutes Beispiel dafür.

Bei einigen Spielern stimmte die Körpersprache ganz und gar nicht. Malen arbeitete kaum zurück, während Brandt lethargisch wie eh und je wirkte. Bei Meunier und Schulz hatte man teilweise das Gefühl, dass sie gar nicht auf dem Platz stehen. Selbstredend sind die beiden Außenverteidiger keine großen Kicker, was Schmelzer oder Großkreutz aber wie erwähnt auch nicht waren.

Der BVB braucht wieder elf Spieler auf dem Platz, die alles geben, als Team agieren und den Gegenspielern keine Luft zum Atmen geben. Dabei darf der Spielstand keine Rolle spielen. Völlige Arbeitsverweigerungen wie von den Einwechselspielern Hazard und Can hätte man in der Klopp-Ära nicht gesehen. Hier gilt es auch für Marco Rose, konsequent durchzugreifen.

Wenn die Arbeitsmoral nicht stimmt, dann müssen eben Talente wie Knauff, Raschl oder Pašalić ran. Ohne den absoluten Wille ist Borussia Dortmund kein Top-Team in Europa.

2. Der BVB muss in der Außenverteidigung nachlegen

Thomas Meunier
BSR Agency/GettyImages

Warum der BVB in der Außenverteidigung nicht nachgerüstet hat, ist kaum zu verstehen. Auf der linken Seite mag dies noch ein wenig einleuchten, da ein fitter Raphaël Guerreiro definitiv stark genug ist und Ersatzmann Nico Schulz ebenfalls sehr teuer war. Allerdings muss man sich auch im Klaren sein, dass der frühere Hoffenheimer im BVB-Dress noch nichts gezeigt hat und in Champions-League-Spielen keine Option sein kann.

Auf der rechten Abwehrseite hätte zwingend ein Ersatz für Łukasz Piszczek hergemusst. Es ist schon bezeichnend, dass der 36-Jährige in der vergangenen Saison der beste Dortmunder Rechtsverteidiger war. Jeder in Dortmund wusste, dass Mateu Morey nach seiner schweren Verletzung in dieser Spielzeit keine Rolle spielen wird.

Genauso offensichtlich wurde, dass es sich bei Thomas Meunier um einen absoluten Fehleinkauf handelt. Die Sancho-Millionen hätten sicherlich noch für einen international erfahrenen Spieler gereicht, der die Rolle in diesem Jahr einnimmt und sich im Anschluss mit Morey um den Platz duelliert.

Eine der Hauptaufgaben für die Verantwortlichen wird sein, im Winter einen passenden Spieler zu finden. Möglicherweise wäre hierbei Marcel Halstenberg erneut eine Option. Meunier sollte jedenfalls gegen Ajax zum letzten Mal bewiesen haben, dass er für die Dortmunder Ansprüche einfach nicht ausreichend ist und überhaupt nicht zur Klub-DNA passt.

3. Das zentrale Mittelfeld benötigt Dynamik und Athletik

Axel Witsel, Julian Brandt
Soccrates Images/GettyImages

Wer gegen ein schnell und dynamisch spielendes Ajax Amsterdam bestehen will, muss natürlich auch über Leute im Mittelfeld verfügen, die dagegen halten können. Mit der Dreier-Achse Witsel, Brandt und Bellingham ist das jedoch nicht geglückt.

Die Aufstellung von Witsel hat sich als klarer Fehler entpuppt. Der Belgier verfügt zwar sicherlich über viel Erfahrung, Ruhe am Ball und kann ein Spiel lenken, hat jedoch nach seiner Verletzungspause enorm an Dynamik verloren. Der 32-Jährige verfügt über einen robusten Körper und Zweikampfstärke, kommt in diese aber immer seltener herein. Witsel ist einfach zu langsam, um in die entscheidenden Duelle zu kommen und ist für spielstarke Gegner kein großes Hindernis mehr.

In solchen Begegnungen ist Can eigentlich die einzige Option, wenngleich dieser nach seiner Einwechslung praktisch alles getan hat, um das Gegenteil zu beweisen.

Zudem hat die Partie auch wieder gezeigt, dass Julian Brandt nicht auf die Acht gehört. Gegen mittelmäßige oder schwache Bundesligisten mag das funktionieren, zumal Brandt mit seiner Technik und Spielstärke offensiv beschlagen ist. Defensiv ist der 25-Jährige aber noch immer kein großer Faktor. Der Ex-Leverkusener ist nicht gerade robust und versteht es zudem nicht, seinen Körper geschickt einzusetzen. Hinzu kommen immer wieder Phasen, in denen er zu lethargisch wirkt und gar nicht richtig in die Zweikämpfe hineingeht.

Mit Brandt und Witsel ist das Mittelfeld gegen starke Teams einfach zu durchlässig. Da kann auch ein Jude Bellingham wenig ausrichten, wenngleich der Engländer für seine 18 Jahre schon ziemlich athletisch und zweikampfstark ist.

4. Nach dem Sancho-Abgang fehlt ein Dribbler

Jadon Sancho
Matthias Hangst/GettyImages

Es ist nichts Neues, dass Spiele schwer zu gewinnen sind, wenn kaum mal ein Spieler in der Lage ist, Eins-gegen-eins-Duelle zu gewinnen. Jahrelang war es Jadon Sancho, der mit seinen Dribblings Räume geschaffen und entscheidende Akzente gesetzt hat.

Seit dem Abgang des Engländers ist jedoch kein klassischer Dribbler mehr übrig geblieben. Bereits im Sommer erklärten die Bosse, dass Malen kein zweiter Sancho ist. Eine These, mit der sie recht behalten sollten. Der Holländer ist sicherlich schnell und torgefährlich, aber technisch nicht beschlagen genug, um Gegenspieler in engen Räumen zu vernaschen.

Marco Reus ist ebenfalls mehr ein Kombinations- und Abschlussspieler als ein klassischer Dribbler. Thorgan Hazard mag in Dribblings gehen können, ist aber zu häufig verletzt und kommt gegen starke Teams an seine Grenzen.

Der BVB wird auf dem Markt die Augen offen halten müssen. Es fehlt ein Typ wie Diaby, Coman oder Antony. Allerdings sind schnelle und dribbelstarke Flügelspieler natürlich nicht leicht zu bekommen. Trotzdem ist auch klar, dass gerade solche Spieler in großen Spielen für den Unterschied sorgen können bzw. müssen.

5. Rose-Verpflichtung muss evaluiert werden: Terzić die bessere Wahl

Edin Terzic
Martin Rose/GettyImages

Es mag ein wenig hart und unsinnig klingen, Marco Rose nach einem schlechten Spiel gleich infrage zu stellen. Zudem ist es allein aus finanziellen Gründen fast unmöglich, einen Trainer zu entlassen, der gerade erst verpflichtet wurde und bis 2024 Vertrag hat.

Dennoch muss man wöchentlich analysieren, ob Marco Rose der richtige Trainer für Borussia Dortmund ist. Zeigt ein Team eine kämpferisch und moralisch so schwache Leistung wie gegen Ajax Amsterdam, fällt dies natürlich auch auf den Trainer zurück. Man stellt sich zwangsläufig die Frage, ob dieser zu jeder Zeit das 100-prozentige Feuer in den Spielern entfachen kann.

Zwar hat Rose bei Salzburg und Gladbach erfolgreiche Zeiten erlebt und sicherlich Ahnung von Fußball, jedoch konnte er den freien Fall der Fohlen in der vergangenen Rückrunde nicht verhindern. Das Team zeigte auch da schon nicht die Bereitschaft, sich aus schwierigen Situationen hinaus zu kämpfen.

Bei Borussia Dortmund verlieh hingegen Edin Terzić dem Team wieder Flügel. Der 38-Jährige ist ein guter Motivator, besitzt eine positive Ausstrahlung und Leidenschaft und ist im Verein verwurzelt und beliebt. Trotz seiner Unerfahrenheit hat der frühere Favre-Co-Trainer einfach perfekt zum Klub gepasst, weil er emotional dabei ist und weiß, für was der BVB stehen möchte.

Seit der Rose-Übernahme ist Edin Terzić als Technischer Direktor für die Schwarz-Gelben tätig. Demnach stände er auch als Coach noch immer zur Verfügung. Die Dortmunder müssen sich mittelfristig Gedanken machen, ob der Klub mit Terzić nicht besser dran wäre.