Sané-Ausbootung ein Mysterium: Nagelsmann-Erklärung entzieht sich jeglicher Logik

Leroy Sané fehlt bei den kommenden Spielen des DFB-Teams. Die Erklärung von Julian Nagelsmann lässt jedoch viele Fragen offen.
Julian Nagelsmann verzichtet auf Leroy Sané
Julian Nagelsmann verzichtet auf Leroy Sané / Maja Hitij/GettyImages
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Im Aufgebot der Deutschen Nationalmannschaft für die WM-Qualifikationsspiele gegen die Slowakei und Nordirland fehlt ein ganz prominenter Name. Die Rede ist von Leroy Sané.

Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte auch eine ausführliche Erklärung dafür parat, warum er auf den 29-Jährigen verzichtet. "Er spielt in einer Liga, die ein bisschen schlechter ist als die europäischen Topligen und ich finde, dass er dort noch mehr auffallen muss", schilderte der DFB-Coach im Rahmen der Pressekonferenz zur Kader-Verkündung. Sané brauche Nagelsmann zufolge noch ein wenig, "um reinzukommen".

Darum ist die Erklärung von Nagelsmann fragwürdig

Doch ist das wirklich ein Grund, Sané für die kommenden Spiele außen vor zu lassen? Die Erklärung des DFB-Coaches klingt regelrecht absurd, wenn man bedenkt, dass die Saison noch in den Kinderschuhen steckt. Sané hat gerade mal drei Pflichtspiele für Galatasaray gemacht und in seinem dritten Match immerhin mit einem Tor und einem Assist überzeugt.

Derweil haben die Bundesligaspieler erst einen Spieltag absolviert und längst nicht alle nominierten Kicker konnten hierbei überzeugen. Nach diesem Maßstab hätte beispielsweise auch ein Paul Nebel nicht berücksichtigt werden dürfen, der beim Spiel gegen Köln einen Platzverweis kassiert hatte. Gleiches gilt für David Raum, der mit seinen Leipzigern in München völlig unter die Räder gekommen war.

Sané mit starker Rückrunde beim FC Bayern

Nur ist es eben auch völlig unsinnig, die aktuelle Saison als Maßstab für eine Nominierung zu nehmen. Vielmehr müssten die Leistungen in der Rückrunde der abgelaufenen Saison als Maßstab gelten. Nagelsmann hätte also darauf achten müssen, ob Sané beim FC Bayern geliefert hat - und nicht, ob er in seinen ersten drei Spielen in der Türkei die Sterne vom Himmel gespielt hat.

Sané hat im Kalenderjahr 2025 in der Bundesliga definitiv überzeugen können und mit seinen acht Toren und fünf Assists auch dafür gesorgt, dass die Münchner ihn eigentlich zu ordentlichen Konditionen behalten wollten. Jedenfalls waren seine Performances definitiv gut genug, um sich einen Platz im Nationalteam verdient zu haben. Zum Vergleich: Ein Jamie Leweling kam im gleichen Zeitraum wie Sané nur auf drei Bundesliga-Scorer und blieb auch auf die gesamte Saison bezogen mit fünf Torbeteiligungen blass.

Ähnliches lässt sich über Karim Adeyemi sagen, der 2025 zwar immerhin acht Torbeteiligungen in der Liga verzeichnete, aber auch unbeständig spielte und nicht an die Zahlen von Sané herankam. Dann wäre da auch noch Angreifer Niclas Füllkrug, der in der letzten Saison gerade mal drei Tore für West Ham United erzielt hat und nie wirklich auf der Insel angekommen ist.

Werden derartige Spieler einem Sané vorgezogen, kann das schon als Bestrafung für seinen Wechsel in die Türkei angesehen werden. Selbstredend gehört die Süper Lig nicht zu den europäischen Top-Ligen, jedoch kann dies zu diesem Zeitpunkt der Saison einfach noch kein valides Argument sein.

In einer Sache hat Nagelsmann natürlich trotzdem Recht: Sané muss mehr auffallen und bessere Zahlen liefern als seine direkten Konkurrenten in den Top-Ligen. Wie sich dieses Kräfteverhältnis entwickelt, kann sich aber erst zeigen, wenn die Saison ein paar Wochen oder Monate älter ist.

Darum ist der Galatasaray-Wechsel von Sané eigentlich kein Nachteil fürs DFB-Team

Grundsätzlich sollte es nämlich kein Problem sein, auch Spieler aus schwächeren Ligen zu berücksichtigen. Gemäß diesem Motto dürften schließlich auch Spieler wie Victor Osimhen, Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo nicht berücksichtigt werden. Die vergangenen Großereignisse haben aber gezeigt, dass auch Spieler aus schwächeren Ligen im Nationalteam groß aufspielen können. Denken wir nur an N‘Golo Kanté, der nach einem Jahr in Saudi-Arabien für die EM 2024 nominiert wurde und Top-Leistungen gebracht hat, als wäre er nie weg gewesen.

Zudem ist ja auch zu bedenken, dass Galatasaray in der Champions League mit von der Partie ist und sich Sané hier auch auf Top-Niveau messen kann. Gleiches gilt für Derbys wie gegen Fenerbahce oder Besiktas sowie das alltägliche Training, zumal Galatasaray eine Mannschaft ist, die vom Niveau her auch in Deutschland vermutlich um die Champions-League-Plätze spielen könnte.

Letztlich kann man die Nichtnominierung von Sané als Überreaktion von Nagelsmann auf den Türkei-Wechsel des Offensiv-Stars ansehen. Logischer wäre noch die Begründung gewesen, dass Sané bei seinen letzten Auftritten im DFB-Trikot nicht sonderlich überzeugen konnte. Ihm aber vorzuwerfen, in der Türkei noch nicht ausreichend aufgefallen zu sein, entzieht sich jeder Logik.


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