Baumann ist gescheitert: Wieso Werder-Fans sich nach Eichin sehnen
Von Marc Knieper
Frank Baumann und Florian Kohfeldt - eine Love Story mit zu spätem Ende. Werders Sportdirektor ist ebenso plan- und orientierungslos wie die Bremer Kicker auf dem Platz. Warum der 45-Jährige längst gescheitert ist und sich quasi ganz Bremen nach einem Mann wie Thomas Eichin sehnt.
Er wollte und konnte der Wahrheit einfach nicht ins Gesicht blicken. Entgegen aller Werder-Fans spürte Frank Baumann offenbar noch immer die faszinierende Anfangseuphorie eines jungen und talentierten Trainers. Dabei spielte Werder unter Kohfeldt schon lange nicht mehr den frischen Fußball aus der Saison 2018/19. Trotz zuletzt wackeliger Zeiten glaubte Baumann ununterbrochen an eine starke, nachhaltige Entwicklung seines SVW.
Dass Trainer, Mannschaft und Management spätestens seit dem Fast-Abstieg im vergangenen Jahr nur noch am seidenen Faden fungierten, Kohfeldt urplötzlich den widerlichsten Anti-Fußball überhaupt spielen ließ und es keine wirkliche Bewegung in der Entwicklung der Spieler gab, sah er nicht. Stichwort: Betriebsblindheit.
Baumann hatte zu viel Vertrauen in Kohfeldt, glaubte etwa der Coach und dessen Mannschaft sei krisenresilienter als sich letztlich doch herausstellte. Er zögerte immer wieder mit dem Rauswurf des Trainers. Bereits im letzten Jahr - und zuletzt nach der siebten Niederlage in Folge bei Union Berlin. Nun zog er den Schlussstrich - folgerichtig, wenngleich zu spät - und stellte seinen guten Kumpel doch noch frei.
Die Misswirtschaft des Frank Baumann
Zuvor ließ er sich allzu häufig blenden - etwa von dem Ultimatum gegen RB Leipzig. Werder schien im Pokal zwar keinesfalls leb- aber weiterhin plan- und orientierungslos. Sprich: Werder will kämpfen, kann es aber nicht. Die spielerischen Qualitäten des Klubs sind trotz namhafter Personalien äußerst limitiert.
Mit seinen Transfers griff Baumann gerne ins Klo. Denn angesichts der prekären Finanzlage waren die Verpflichtungen von Davie Selke (bei Ligaverbleib), Leonardo Bittencourt oder aber Niclas Füllkrug kaum hilfreich, geschweige denn günstig. Allein die drei genannten Akteure kosteten den Klub rund 27 Millionen Euro und bilden damit eine Paradebeispiel für die Misswirtschaft Baumanns.
Genauso planlos wie die elf Kämpfer auf dem Rasen schien zuletzt immer wieder das Management des einstigen Werder-Akteurs. Die verspätete Entscheidung, Vereinslegende Thomas Schaaf für das Saisonfinale gegen Gladbach zu reaktivieren spricht nicht gerade für eine ausgeklügelte Idee, sondern vielmehr für eine Not-Entscheidung aus dem Affekt.
Übrigens: Mit externen Nachfolge-Kandidaten hatte sich Baumann bis zuletzt noch keine Sekunde beschäftigt. Vielmehr pochte der 45-Jährige häufig und gerne auf interne Lösungen. Denn bei Werder haben sie sich ja alle lieb. Wie wäre es künftig mit Cédric Makiadi? Der hat doch damals drei, vier Mal für Werder gegen den Ball getreten und trainiert aktuell die Bremer U16.
Werder braucht einen neuen Thomas Eichin
Spaß beiseite. Werder braucht endlich wieder externe Lösungen - nicht nur auf dem Trainerstuhl, sondern auch in der Vereinsführung. Frank Baumann und Marco Bode hätten den Klub am besten gleich gemeinsam mit Kumpel Kohfeldt verlassen müssen.
Werder braucht einen neuen Thomas Eichin. Jemanden, der von außen kommt, auch mal auf den Tisch haut, dabei nicht unmittelbar vergrault wird, sondern unbequeme Entscheidungen treffen kann und darf. Eichin war von 2013 bis 2016 als Nachfolger von Langzeit-Manager Klaus Allofs am Osterdeich tätig.
Vom Eishockey-Club Kölner Haie kommend stabilisierte der verhandlungserfahrene Geschäftsführer vor allem die finanzielle Lage der Grün-Weißen und tütete dabei wichtige Transfers wie etwa die Rückkehr von Vereinslegende Claudio Pizarro oder aber die Leihe von Klassenerhalt-Retter Papy Djilobodji ein.
Weitere Transfers unter Eichin im Überblick:
- Anthony Ujah
- Nils Petersen
- Franco di Santo
- Santiago Garcia
- Alejandro Gálvez
- Fin Bartels
- Jannik Vestergaard
Zuletzt fehlten dem Bundesligisten genau jene Impulse von Außenstehenden, die keinerlei emotionale Bindungen zum SVW hegen und somit ohne jegliche Betriebsblindheit der Wahrheit ins Gesicht schauen können. Die Zeit des grün-weißen Friedens, der Freude und des Eierkuchens muss endlich ein Ende nehmen. Das klappt nur mit externen Verantwortlichen.