Trainerfrage beim HSV: Was gegen Dieter Hecking spricht

bleibt Dieter Hecking in Hamburg tätig?
bleibt Dieter Hecking in Hamburg tätig? / Alex Grimm/Getty Images
facebooktwitterreddit

Momentan steht der Hamburger SV ohne Übungsleiter dar. Der Vertrag von Dieter Hecking endete nach Ablauf der vergangenen Saison aufgrund des verpassten Aufstiegs. Viele wünschen sich eine Weiterführung der Zusammenarbeit mit dem erfahrenen Trainer. Es gibt jedoch auch Punkte, die gegen den 55-jährigen Fußballlehrer sprechen und im kicker aufgegriffen wurden.

Endzeitstimmung an der Elbe: Der HSV muss ein weiteres Jahr im Unterhaus verbringen - mindestens. Nach der Corona-Unterbrechung präsentierte sich die Mannschaft wie ausgewechselt.
Leichtfertig wurde zahlreiche Punkte verspielt, die den Verbleib in der 2. Bundesliga besiegelten.
Auffällig war, dass einige Spieler in der entscheidenden Phase der Saison wie ausgewechselt wirkten und auch taktisch variierten die Rothosen kaum.

Die Spiele wurden alle nach ähnlichem Muster in den Sand gesetzt - für die gegnerischen Teams waren die Hanseaten leicht zu durchschauen.

Der kicker griff nun einige Punkte auf, die definitiv gegen Dieter Hecking sprechen. Nun benötigt der Trainer dringend Antworten auf bestehende Fragen, um die sportliche Führung des HSV von einer weiteren Zusammenarbeit zu überzeugen. Kontinuität, oder erneute Neubesetzung? Der Hamburger Sport-Verein steckt aktuell in einer Zwickmühle - wie so oft.

Auch Hecking stellt Forderungen auf

Seit dem 1. Juli ist Dieter Hecking nicht mehr beim HSV angestellt. Dass die Hamburger mal keinen Trainer bezahlen müssen, war in den vergangenen Jahren sehr selten. Teilweise standen mehrere Übungsleiter auf der Gehaltsliste.

An eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Dieter Hecking sind einige Faktoren gekoppelt.
Für den Trainer liegt das Augenmerk vor allem auf den wirtschaftlichen Fähigkeiten und der Kader-Qualität des Klubs, die für einen erneuten Aufstiegs-Versuch von enormer Bedeutung sind.

ein Leihspieler, der wohl kaum zu finanzieren ist - Joel Pohjanpalo
ein Leihspieler, der wohl kaum zu finanzieren ist - Joel Pohjanpalo / Alex Grimm/Getty Images

Im Detail bedeutet das, dass Dieter Hecking auf nahezu allen Positionen qualitative Verbesserungen fordert. Besonders, da einige Akteure nach abgelaufener Leihe zu ihren Stammvereinen zurückkehren werden und für den HSV wohl kaum weiter zu verpflichten sind.

In einem Statement auf den sozialen Netzwerken verabschiedete der Verein mit Joel Pohjanpalo, Jordan Beyer, Adrian Fein, Martin Harnik und Louis Schaub fünf Leihspieler. Eine weiteres Engagement sei bei einigen der genannten Personalien jedoch nicht ausgeschlossen, so der Klub weiter. Allerdings droht dem HSV auch der Verlust einiger Leistungsträger, die wohl nur bei einem Aufstieg zu halten gewesen wären.

Hecking muss Antworten liefern!

Am vergangenen Montag um 10 Uhr traf sich die Mannschaft ein letztes Mal, bevor es zumindest für die Spieler in den Urlaub ging. Besonders auf Jonas Boldt wartet nun ein riesiger Berg Arbeit. Der Sportvorstand der Rothosen muss zum einen einen schlagfertigen Kader auf die Beine stellen, zum anderen muss die Stelle des Trainers möglichst zeitnah besetzt werden.

Boldt stellte klar, dass er sich Dieter Hecking als Mann an der Seitenlinie auch in der kommenden Spielzeit vorstellen könne und auch der ehemalige Gladbach-Trainer signalisierte Bereitschaft, auch in der nächsten Spielzeit die Zügel des Teams zu übernehmen. Einige Fragen sind bis dahin jedoch definitiv zu klären:

1. Warum scheiterte der HSV oft an der eigenen Taktik?

taktisch fand der HSV nur noch selten Mittel und Wege.
taktisch fand der HSV nur noch selten Mittel und Wege. / Pool/Getty Images

Der HSV startete sehr gut in die Saison. Im 4-3-3-System spielten die Rothosen ansehnlichen, spielstarken Fußball und auch die Ergebnisse stimmten größtenteils. Besonders die Offensive der Hanseaten präsentierte sich sehr treffsicher - eine erfreuliche Entwicklung.
In der Rückrunde wendete sich jedoch das Blatt gewaltig: Der HSV verlor seine Dominanz und Spielstärke. Auf dem Papier deutlich schwächere Teams schafften es, sich auf den HSV einzustellen und hatten keine Mühe, probate Gegenmittel zu finden.
Auch deshalb verlor der HSV unglaubliche 20 Punkte nach eigener Führung. Im Saisonendspurt ließen die Hanseaten acht Punkte in den letzten Sekunden liegen, die definitiv zum Aufstieg gereicht hätten.
Auch die Umstellung auf eine variable Fünferkette brachte keinen Erfolg mehr ein - taktisch zeigte der HSV leider ein schwaches, durchschaubares Gesicht und für die Taktik ist das Trainerteam verantwortlich.

2. Talente brachen ein

Talente, die sich anfangs stark entwickelten, zeigten im Verlaufe der Saison zunehmend Defizite auf
Talente, die sich anfangs stark entwickelten, zeigten im Verlaufe der Saison zunehmend Defizite auf / Stuart Franklin/Getty Images

Der HSV besaß einen der jüngsten Kader der 2. Bundesliga, was vorerst Früchte trug. Viele der jungen Spieler entwickelten sich prächtig und gehörten zu Stammpersonal der Mannschaft. In der zweiten Saisonhälfte schien diese Entwicklung jedoch zu stagnieren und teilweise sogar zurück zu gehen. Es bleibt unerklärlich, warum sich einige Spieler wie ausgewechselt präsentierten. Speziell geht es hierbei um Rick van Drongelen, Bakery Jatta und Adrian Fein.

3. Säulen im Kader wirkten überspielt

kamen als Hoffnungsträger nach Hamburg - Lukas Hinterseer und Sonny Kittel
kamen als Hoffnungsträger nach Hamburg - Lukas Hinterseer und Sonny Kittel / TF-Images/Getty Images

Lukas Hinterseer und Sonny Kittel wurden vor der Saison als Hoffnungsträger an die Elbe gelotst. In der Hinrunde erfüllten beide die Erwartungen und waren Garanten für einen zeitweise zufriedenstellenden Verlauf der Saison. Aber auch Kittel und Hinterseer blieb am Ende der Saison häufig nur ein Platz auf der Bank. Auch der Wunschspieler von Hecking, Louis Schaub, blieb weit hinter den Erwartungen zurück, auch, weil er wenig Rückendeckung erhielt. Wurden die Säulen des Kaders also zu wenig gestärkt? Allgemein wirkte die Mannschaft am Ende der Saison mental ausgelaugt und überspielt.

Wie geht es weiter?

Der HSV steht vor einer der größten Zerreißproben seiner Geschichte. Nicht nur sportlich, sondern auch finanziell reißt der Verbleib in der 2. Liga große Lücken in den Verein. Fakt ist: Dieter Hecking ist in seiner ersten Saison an der Elbe gescheitert. Das große Ziel "Aufstieg" wurde verpasst.

Nun bleibt die Frage, wie weiter verfahren wird. Setzt der HSV auf Kontinuität, oder soll ein erneuter Trainerwechsel die Lösung sein? Von jetzt auf gleich war kein Trainer in den letzten Jahren beim HSV erfolgreich, egal ob jung und frisch, oder erfahren. Deshalb könnte die Zeit der gesuchte Schlüssel sein, um in Ruhe etwas aufzubauen. Für ein weiteres Engagement von Dieter Hecking beim HSV muss jedoch alles stimmen: Der Verein muss der hundertprozentigen Überzeugung sein, dass die Position an der Seitenlinie optimal besetzt ist.