Spielerin des Monats September in der Frauen-Bundesliga: Melissa Kössler im Portrait

Melissa Kössler von der TSG Hoffenheim durfte diese Saison bereits fünfmal jubeln
Melissa Kössler von der TSG Hoffenheim durfte diese Saison bereits fünfmal jubeln / Simon Hofmann/GettyImages
facebooktwitterreddit

Seit der letzten Saison zeichnet 90min die Spielerin des Monats in der Frauen-Bundesliga aus. So auch in dieser Spielzeit. In den ersten beiden Spielen im September konnte Melissa Kössler am meisten überzeugen: Die Angreiferin von der TSG Hoffenheim führt mit vier Treffern die Torjägerliste an und sammelte mit ihrem Team in zwei Spielen sechs Punkte.

Hoffenheim an der Tabellenspitze - mit Kanter- und Arbeitssieg

Der Start in die Frauen-Bundesliga war bei Hoffenheim glamourös, das zweite Spiel eher weniger: Zum Auftakt nahm Hoffenheim den MSV Duisburg nach allen Regeln der Kunst auseinander. 9:0 hieß es nach 90 Minuten, Kössler war dabei eine der Protagonistinnen. Die 23-Jährige gab erst die Vorlage zum ersten Treffer, schnürte dann einen Hattrick und sorgte mit der Flanke zum 9:0 dann nochmal für den Schlusspunkt. Es war bereits der zweite Kantersieg der Saison, im Pokal gegen Weinberg siegte Hoffenheim mit 7:0 - auch hier mit Kössler-Tor.

Auch gegen Werder Bremen gab es drei Punkte, die waren aber hart erkämpft. Gegen physisch spielende Bremerinnen tat sich Hoffenheim lange schwer, in der zweiten Hälfte war der SVW sogar leicht überlegen. Umso wichtiger daher das frühe 1:0 von Kössler, die aber schon in der 40. Minute nach einem Foul ausgewechselt wurde.

Bitter für die TSG, dass die beste Spielerin des Saison-Auftaktes jetzt verletzt ist, und für Kössler nochmal mehr. Die Diagnose ist inzwischen da, Kössler hat einen Teilriss des Außenbands erlitten, wie sie im exklusiven 90min-Interview verriet. Ihr Fuß "mache sich aber sehr gut", sagt Kössler, daher ist sie optimistisch, bald wieder auf dem Rasen zu stehen.

Kösslers Karriere: Schon bei Potsdam Topscorerin

Für Kössler ist es ihre zweite Saison in Hoffenheim. Davor blieb sie lange einem Klub treu: Turbine Potsdam. Von Potsdam war Kössler auch großer Fan - heute nennt sie Anja Mittag, die mit Turbine mehrmals die Bundesliga und auch die Champions League gewann, als ihr frühes fußballerisches Vorbild.

In ihrem Heimatort verbrachte Kössler ihre gesamte Karriere - bis auf einen Abstecher in die USA. In Amerika entwickelte sich Kössler besonders athletisch weiter, ihre Durchsetzungsfähigkeit bleibt auch heute eine ihrer Stärken. "Ich wollte einfach mal raus aus meiner Komfortzone", sagt sie zu ihrer Entscheidung heute. Auch den Spaß am Fußball und ihr Vertrauen in sich selbst konnte sie in Massachusetts wiederfinden.

Trotz Interesse anderer Klubs blieb Kössler Turbine lange treu, bis zum Sommer 2022. Nach großem internen Chaos verließ sie, wie 13 andere Spielerinnnen, Potsdam. Zu groß waren die Probleme innerhalb des Klubs und das, obwohl es aus rein sportlicher Sicht eine erfolgreiche Saison war.

Potsdam verpasste nur um Haaresbreite die Champions-League-Qualifikation. Kössler war sogar eine der Top-Scorerinnen der Frauen-Bundesliga, mit zehn Toren und acht Vorlagen. Im Duo mit Selina Cerci sorgte Kössler stets für Gefahr. Kein Wunder, dass einige große Klubs anklopften, Kössler entschied sich für Hoffenheim. Trotzdem bleibt sie ihrem Kindheitsklub weiter verbunden:

"Im Herzen Turbine, aber für die Karriere TSG"

Kössler auf die Frage "Turbine oder TSG"

Ihre erste Saison im Kraichgau hatte Höhen und Tiefen, die TSG entließ mitten in der Saison Trainer Gabor Gallai und stellte unter dem neuen Coach Stephan Lerch den Spielstil um. Kössler konnte zu Beginn der Saison ihre Leistung nicht zu hundert Prozent abrufen, steigerte sich dann aber. Neun Tore und vier Vorlagen sind immer noch eine ordentliche Quote - und nach den beiden ersten Spielen ist Kössler auf dem besten Weg, diese zu übertreffen.

"Ich hatte Probleme, mich hier einzufinden, weil es ein ganz anderer Fußball ist. Wir haben viel taktischer gespielt als in Potsdam", erklärt Kössler ihre Startschwierigkeiten. Dabei meint sie aber auch, dass der Spielstil von Lerch ihr in die Karten spielt: "Wir spielen mehr im Pressing, das liegt mir ganz gut", meint sie. Ein weiterer Faktor bei Kösslers starken Leistungen: Das Vertrauen, das Lerch ihr entgegenbringt.

Spielstil von Kössler: Athletisch, schnell, torgefährlich

"Ich würde sagen, dass ich eine sehr dynamische Spielerin bin, mit einem großen Zug zum Tor und Schnelligkeit" - so beschreibt Kössler selbst ihre Stärken. Auch an ihrem Körper hat die 23-Jährige in den letzten Jahren viel gearbeitet, und ihr Krafttraining tut ihr auf dem Platz sehr gut. Kössler lässt sich in Laufduellen nicht leicht abdrängen, und schlägt sich in den Zweikämpfen gut.

Früher orientierte sich Kössler an Anja Mittag, heute gehören auch Thomas Müller und Erling Haaland zu ihren Vorbildern. Besonders von den Laufwegen des Norwegers schwärmt sie im Gespräch. Haaland ist auch dafür bekannt, mit dem Ball über den halben Platz zu sprinten - das kann auch Kössler, was sie zu einer gefährlichen Konterspielerin macht.

Und auch das Toreschießen an sich kann Kössler exzellent, wie sie es jetzt auch zu Saisonbeginn gezeigt hat. Dabei zeichnet sie vor allem ihre Effizienz aus: Durchschnittlich hatte sie im letzten Jahr pro 90 Minuten einen xG-Wert von 0,53, aber daraus machte sie 0,99 Tore. Kössler hat einen starken Schuss und fackelt vor dem Kasten nicht lange. Verbesserungspotenzial gibt es noch bei der Passgenauigkeit - aber wenn Kössler sich so weiterentwickelt wie bisher, ist noch viel möglich.

Was ist für Hoffenheim und Kössler diese Saison drin?

"Es ist sicherlich nochmal eine andere Hausnummer, gegen Bayern oder Wolfsburg zu spielen. Aber wir haben es letzte Saison gezeigt: Auch sie haben mal einen schlechten Tag und wir einen sehr guten", zeigt sich Kössler zuversichtlich für die Topspiele in dieser Saison. In der Tat konnte Hoffenheim schon letzte Saison mithalten.

Im ersten Spiel gegen Wolfsburg machten sie es lange sehr gut und verloren dann unglücklich, im Rückspiel gelang die Revanche - mitsamt Kössler-Tor. Auch in der nächsten Saison will sie sich mit Hoffenheim in den großen Spielen nicht verstecken.

"Wir wollen sie nicht nur ärgern, sondern schlagen!"

Melissa Kössler über Hoffenheims Ziele

Über die gesamte Saison mitzuhalten, wird aber nochmal eine ganz andere Herausforderung. Das weiß auch Kössler, die daher von Spiel zu Spiel denken will. Aber das klare Ziel ist die Champions-League-Qualifikation. Dafür sieht es aktuell gut aus, denn die Konkurrenz aus Frankfurt konnte bisher noch keine Punkte sammeln. Die Saison ist aber noch lang, und es wird wohl wieder auf die direkten Duelle ankommen. Letztes Jahr waren die mit zwei 3:3-Unentschieden sehr unterhaltsam.

Beim zweiten dieser Aufeinandertreffen traf auch Kössler - für Hoffenheim wird sie diese Saison gerade in den großen Spielen mit ihrem Torriecher noch wichtig werden. Falls sie ihre Leistungen aus den ersten Spielen bestätigen kann, ist Kössler sicher auch eine Kandidatin für das Nationalteam.

Zuletzt wurde sie mehrmals nur auf Abruf nominiert, aber mit ihrer Schnelligkeit könnte sie dem DFB-Team durchaus weiterhelfen. Und wenn es richtig gut läuft, wer wird am Ende der Saison dann Torschützenkönigin? "Ich", lacht Kössler - "aber das muss ich jetzt ja sagen!"