Von Arsenal zu Villarreal: Saison-Zusammenfassung der großen Frauenligen Europas- Teil 2: Primera Division

FC Barcelona: Meister und doppelter Pokalsieger
FC Barcelona: Meister und doppelter Pokalsieger / Eurasia Sport Images/GettyImages
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Im zweiten Teil der 90min-Saison-Zusammenfassung der großen Frauenligen Europas geht es um die spanische Liga: die Primera Division. Der FC Barcelona wurde mit einer perfekten Bilanz Meister, im Kampf um die Champions-League-Plätze ging es aber sehr eng zu.


Den Artikel zu der englischen FA Women's Super League findet ihr hier.


Barça mit perfekter Saison

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Barcelona hatte diese Saison oft Grund zum Jubeln / SOPA Images/GettyImages

30 Spiele, 30 SIege, im Durchschnitt mehr als fünf Tore pro Spiel erzielt: So sieht eine perfekte Saison aus. Die Primera Division war an der Spitze mit Abstand die eindeutigste europäische Topliga im Frauenfußball. Der FC Barcelona dominierte die Liga nach Belieben, fertigte auch den Rivalen Real Madrid mit 5:0 ab. Das Team um Ballon d'Or-Gewinnerin Alexia Putellas musste in kaum einer Partie zittern, gewann bis auf zwei Mal immer mit mehr als einem Tor Abstand. Dem Tiki-Taka der Blaugrana hatten die Gegnerinnen wenig entgegenzusetzen, auch defensiv stand Barcelona stabil: Nur elf Gegentreffer mussten sie in der ganzen Saison hinnehmen.

Angesichts dieser Zahlen scheint es, als hätte Barcelona Spaniens Frauenfußball schon seit Jahren dominiert. Tatsächlich aber ist die Investition in das Team noch relativ neu. 2012 wurde Barca das erste Mal Meister, in den Jahren 2016-2019 mussten sie sich noch auf dem zweiten Platz einfinden. Barcelonas Erfolg beruht auf einem langfristig angelegten Konzept, in dem Spielerinnen aus dem eigenen Nachwuchs eine wichtige Rolle spielen. Es dauerte daher ein wenig, bis die Idee Früchte trug. Erst ab 2015 wurde das Projekt ambitioniert angegangen, als die Frauenfußball-Sparte professionalisiert wurde. Die nationale Dominanz ist nun mit der makellosen Ligabilanz und zudem zwei Pokalsiegen erreicht.

Barça international mit Zuschauerrekorden aber ohne Titel

Auch international spielte Barcelona zunächst begeisternden Fußball, fertigte in der Vorrunde Arsenal mit 4:1 und 4:0 ab und Hoffenheim hatte bei den 0:4- und 0:5-Niederlagen nicht den Hauch einer Chance. Viele legten sich bereits darauf fest, dass die Titelverteidigung sicher gelingen würde. Aber im Viertelfinale bekam der Mythos der Unbesiegbarkeit bereits erste Risse, beim Hinspiel gegen Real lagen die Katalaninnen zur Pause zurück. Dank eines zweifelhaften Elfmeters kam Barca zurück ins Spiel und gewann noch. Das Rückspiel im ausverkauften Camp Nou wurde zum Fußballfest, Barcelona gewann ein berauschendes Spiel mit 5:2.

In der nächsten Runde wurde diese Heimstärke im Hinspiel auch Wolfsburg zum Verhängnis, vor erneut mehr als 90.000 Zuschauern gewann Barcelona mit 5:1. Eine große Hypothek für das Rückspiel, aber dort zeigte Giraldez' Team eine dürftige Leistung und kam beim 0:2 doch noch ins Zittern. Im Finale, das dank zahlreicher Barcelona-Fans in Turin quasi ein Heimspiel war, kam das Team nach einem frühen Rückstand nicht mehr zurück und unterlag Lyon mit 1:3. Die Pflichtaufgabe bravourös gemeistert, in der Königsdisziplin teilweise geglänzt, aber am Ende gescheitert: So lässt sich Barcelonas Saison in einem Satz zusammenfassen.

Real Sociedad best of the rest

Real Sociedad v Rayo Vallecano - Primera Division Femenina
Real Sociedad erreichte einen starken zweiten Platz / Gari Garaialde/GettyImages

In Barcelonas Schatten gibt es eine ganze Reihe an Teams, die sich auf einem ähnlichen Niveau befinden. Real Sociedad, Real Madrid, Atlético Madrid, UDG Tenerife, Levante und der Athletic Club Bilbao haben allesamt Chancen auf die Teilnahme an der Champions League. In diesem Teil der Tabelle ist die Liga sehr nah beisammen, was sich zum Beispiel daran zeigt, dass Levante, letztes Jahr noch in der Champions League, auf den sechsten Platz abgerutscht ist.

Den Titel "best of the rest" hat dieses Jahr Real Sociedad von Real Madrid übernommen. Der baskische Verein setzte besonders auf Spielerinnen aus der Region und hat damit den Sprung vom 5. auf den 2. Platz geschafft. Das Überraschungsteam der Saison zeichnet sich besonders durch eine starke Offensive aus (67 Tore), stand dafür aber hinten nicht immer ganz sicher. Damit spielte Real Sociedad oft einen unterhaltsamen, offensiven Fußball.

Aus dem starken Kollektiv ragten besonders zwei junge Offensivspielerinnen heraus: Mittelfeldspielerin Nerea Eizagirre (16 Tore, 7 Assists) und Flügelspielerin Amaiur Sarriegi (17 Tore, 10 Assists). Beide wurden auch in den vorläufigen EM-Kader Spaniens berufen. Unter der Trainerin Natalia Arroyo sind die Baskinnen nun zum ersten Mal in ihrer Geschichte unter die besten Vier gekommen und dürfen nun nächste Saison international spielen. Zum zweiten Mal hintereinander landete Real Sociedad San Sebastian zudem vor dem Lokalrivalen Athletic Club Bilbao, der lange die Nummer eins im Baskenland war.

Real Madrid schafft nach enttäuschendem Start die Trendwende

Real Madrid players celebrate a goal during the UEFA Women's...
Real Madrid players celebrate a goal during the UEFA Women's... / SOPA Images/GettyImages

Auch vor dem zweiten Real, den Königlichen aus Madrid, konnte San Sebastian sich in der Tabelle platzieren, was nochmal überraschender war. Real Madrids Frauenabteilung ist noch jung, erst 2020 wurde die Lizenz von CD Tacon übernommen. Große Investitionen folgten bald, es wurden Stars wie die schwedische Offensivspielerin Kosovare Asllani geholt. Zunächst verlief die Entwicklung nach Plan, Real erreichte die Champions League und das Ziel für die 2021/22 Saison war es, spielerisch besser zu werden und perspektivisch mit dem großen FC Barcelona mitzuhalten.

Diese Ziele konnten nur teilweise erreicht werden, was zum größten Teil an einem desaströsen Saisonstart lag. Im Herbst 2021 stand das junge Projekt vor der ersten Krise, nach sieben Spieltagen hatte Real nur vier Punkte vorzuweisen. Trotzdem wurde Trainer David Aznar nicht entlassen, dieser Schritt erfolgte erst Ende November und damit laut vieler Fans deutlich zu spät. Das lag auch daran, dass Madrid mit Aznar immerhin überraschend Manchester City besiegt hatte und damit in die Gruppenphase der Champions League eingezogen war. Unter dem ehemaligen Real-Spieler Alberto Toril gelang dann die erhoffte Trendwende, die Königlichen sprangen vom zehnten noch auf den dritten Platz und ließen damit kurz vor Ende der Saison auch Atlético hinter sich.

Atlético läuft eigenen Ansprüchen hinterher - Aufsteiger überraschen

Die Rojiblancos, die sehr viele ausländische Spielerinnen in ihren Reihen haben, kamen zum ersten Mal seit zehn Jahren nicht unter die besten Drei. Die Entscheidung fiel erst am letzten Spieltag, als Atlético gegen Barcelona einen Sieg brauchte, trotz respektabler Leistung aber mit 1:2 verlor und damit Real vorbeiziehen konnte. Besonders bitter ist, dass im Sommer mehrere Leistungsträgerinnen gehen werden. Stürmerin Deyna Castellanos, Kapitänin und Abwehrchefin Laia Alexandri sollen beide auf dem Sprung zu Manchester City sein.

Positiv überraschen konnten dagegen die beiden Aufsteiger. Deportivo Alavés und der FC Villareal belegten in der Liga mit 16 Teams den 11. und 12. Platz und Deportivo war lange sogar im oberen Teil der Tabelle. Abgestiegen sind dagegen Eibar und Rayo Vallecano, letztere auch eher abgeschlagen. Rayo Vallecano sorgte auch neben dem Platz für negative Schlagzeilen: Der Verein stellte als neuen Trainer Carlos Santiso ein, der durch sexistische Chatnachrichten aufgefallen war.

Insgesamt ist die Primera Division hinter dem FC Barcelona eine sehr ausgeglichene Liga, trotz der größeren Anzahl an Teams. Viele Vereine sind als Verfolger auf einem sehr ähnlichen Niveau. Barcelonas Dominanz wirft natürlich die Frage auf, ob die 30 Siege in 30 Spielen nur an ihrer Qualität liegen oder an dem mangelnden Niveau der Liga. Dass aber Real Madrid zum Beispiel gegen Manchester City gewinnen konnte, zeigt, dass auch hinter Barcelona eine gute Qualität vorhanden ist - zumal Real auch diesen Sommer wieder stark investieren wird. Die Prognose, dass Barca nächstes Jahr Punkte liegen lassen wird, sollte daher keine allzu gewagte sein.


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