Querpass oder Traumpass? Diese Folgen hätte ein Kroos-Comeback im DFB-Team

  • Wir blicken auf die Vor- & Nachteile eines Kroos-Comebacks in der Nationalmannschaft
  • Welche Rollen bekämen Gündogan, Goretzka und vor allem Kimmich?
  • Darum könnte Florian Wirtz der große Verlierer werden

Toni Kroos könnte ins DFB-Team zurückkehren
Toni Kroos könnte ins DFB-Team zurückkehren / Quality Sport Images/GettyImages
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Die Gerüchte bezüglich eines Comebacks von Toni Kroos im DFB-Team werden immer heißer, nachdem Coach Julian Nagelsmann und der Real-Star selbst diese ordentlich befeuert haben. Doch wie könnte ein Team mit dem 33-Jährigen überhaupt aussehen und welche Konsequenzen hätte das für die Nationalmannschaft?

Schon jetzt beschleicht einem das Gefühl, dass das DFB-Team mit Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Ilkay Gündogan im Mittelfeld ein wenig überbesetzt ist. Demnach stellt sich zunächst mal die Frage, wo ein Toni Kroos da noch hinpassen soll?

Folgt man den Aussagen von Julian Nagelsmann, wird es jedoch immer wahrscheinlicher, dass Joshua Kimmich rechts hinten spielt und Ilkay Gündogan eine eher offensive Rolle - wenn nicht gar die Zehnerposition - einnehmen soll.

In diesem Szenario wären praktisch zwei Plätze im zentralen Mittelfeld frei, für jene Stand jetzt Leon Goretzka, Pascal Groß und Außenseiter-Kandidaten wie Robert Andrich oder Emre Can infrage kämen. Ließt man sich diese Kandidaten-Liste durch, erscheint eine Kroos-Rückkehr bereits deutlich plausibler.

So könnte das DFB-Team mit Toni Kroos auflaufen:

Mögliche Aufstellung mit Toni Kroos:

Neuer/ter Stegen - Kimmich, Rüdiger, Hummels/Tah, Henrichs - Kroos, Goretzka - Sané, Gündogan, Musiala - Füllkrug

Wirft man einen Blick auf die Aufstellung, liest sich das von der Prominenz der Namen erstmal gut. Wie die Länderspiele in den vergangenen Jahren gezeigt haben, ist dies aber noch keine Garantie für Erfolge. Demnach sehen wir uns an, wo die Stärken und Schwächen einer solchen Formation mit Toni Kroos bestehen.

Vorteile:

Endlich eine klare Rollenverteilung im Mittelfeld-Zentrum

Nachdem das Duo Joshua Kimmich und Ilkay Gündogan bislang nicht wirklich funktioniert hat, wäre es gar nicht schlecht, dieses auch zu sprengen. Beide Spielertypen sind sich gewissermaßen zu ähnlich und keiner von beiden ist ein waschechter Sechser. Beide kochen an vielen Töpfen, weil sie auch zahlreiche Qualitäten haben, die sie einbringen wollen. Trotzdem wurde bislang nie wirklich geklärt, wie eine Rollenteilung genau aussehen kann.

Steht hingegen Toni Kroos auf dem Feld, ist die Rollenverteilung klar. Der Real-Star ist der klassische Aufbauspieler im Mittelfeld-Zentrum. Kroos agiert eher statisch, verleiht dem Spiel Struktur und setzt seine Mitspieler mit tollen Zuspielen in Szene.

Folgerichtig würde sich Leon Goretzka als Partner anbieten. Der 28-Jährige besticht durch seine Größe, Physis und Dynamik. Der Münchner beteiligt sich nicht so gerne und intensiv am Spielaufbau, bringt aber seine körperlichen Stärken ein. Ein solcher Mittelfeld-Motor müsste neben Kroos schon funktionieren.

Offensivstarke Außenverteidigung

Mit Joshua Kimmich und Benjamin Henrichs hätte man auf den Problempositionen hinten links und rechts zwei Akteure, die durchaus sehr gut kicken können und sich gekonnt in die Offensive einschalten würden. Dies gilt natürlich vor allem für Joshua Kimmich, der auch als Flankenspieler zu seiner Zeit als Außenverteidiger überzeugen konnte. Beide sind aber auch brauchbare Kombinationsspieler und können selbst torgefährlich werden. Für das Spiel nach vorne hätte Deutschland also noch mehr Variationsmöglichkeiten und Waffen.

Nachteile:

Balance im Spiel gefährdet

Das DFB-Team ist zuletzt immer wieder an der nötigen Balance im Spiel gescheitert. Die oben genannte Aufstellung könnte diesbezüglich auch Probleme mit sich bringen. Natürlich muss man sich die Frage stellen, ob das Mittelfeld-Duo Kroos/Goretzka nicht ein wenig zu offensiv daherkommt. Zwar könnte Kroos die Position im Zentrum halten, jedoch dürfte der 33-Jährige auch oft überspielt werden, wenn er sich alleine in dieser Zone befindet. Kroos ist schließlich nicht sonderlich athletisch und mobil, weshalb er in einige Zweikämpfe schon gar nicht erst kommt. Demnach müsste Leon Goretzka seinen Offensivdrang ein gutes Stück weit beschränken. Goretzkas Rolle bei den Bayern ließ zuletzt darauf schließen, dass das durchaus gelingen könnte. Zumal er auch als Innenverteidiger zu überzeugen wusste.

Erschwerend hinzu kommt aber, dass auch die Außenverteidigung mit Henrichs und Kimmich äußerst offensiv wäre. Während es aktuell so aussieht, als würde rechts hinten ein Innenverteidiger positionsfremd spielen, wäre Kimmich natürlich deutlich offensiver. Zwar könnte man jetzt in Erwägung ziehen mit drei Innenverteidigern und Henrichs und Kimmich als Schienenspieler aufzulaufen, jedoch sind beide keine Spielertypen, die die Linie rauf und runter hecheln und stärker darin, auch mal ins Zentrum einzurücken.

Wohin mit Florian Wirtz?

Mit Toni Kroos auf der Sechs und Ilkay Gündogan auf der Zehn würde ein offensiver Platz wegfallen. Dies könnte dann ausgerechnet Florian Wirtz treffen. Der Leverkusen-Youngster ist schließlich genau auf dieser Position zu Hause und zeigt im Verein grandiose Leistungen. In diesem Szenario würde er aber wohl gegen Jamal Musiala und Leroy Sané auf den Flügelpositionen den Kürzeren ziehen. Natürlich kann man sich über das Experiment 'falsche Neun' Gedanken machen, jedoch scheint das Team mit Niclas Füllkrug in der Spitze besser zu funktionieren.

Es wäre schon problematisch mit Florian Wirtz das Gesicht der Jugend draußen zu lassen und mit Toni Kroos noch einen weiteren Routinier zu holen, wo man doch mit Neuer, Hummels, Gündogan, Rüdiger und Füllkrug ohnehin schon eine große Ü30-Fraktion hat. Auf der anderen Seite müssen bei der Heim-EM die Besten spielen. Oder besser gesagt: die bestmögliche Elf.

Fazit

Eine Rückkehr von Toni Kroos wäre sicherlich spannend, würde aber nicht nur Probleme lösen, sondern auch Probleme schaffen. Es wäre einerseits schlüssig, weil Kroos ideal dafür wäre, dem Team wieder mehr Ruhe und Struktur zu verleihen, jedoch stellt sich die Frage nach dem Preis dafür.

Immerhin würde das Team wohl auch jugendlichen Elan verlieren und noch mehr auf die alte Garde setzen. Noch dazu ist es natürlich schwer vorherzusagen, wie die Mannschaft einen Spieler aufnimmt, der schon seit mehreren Jahren nicht mit dabei war und dem DFB-Team auch gedanklich längst den Rücken gekehrt hatte.

Gewissermaßen würde man mit einer Kroos-Rückkehr auch eine Entscheidung in Sachen Spielphilosophie treffen. Der 33-Jährige steht für Kontrolle und Ballbesitzfußball. Wendet Julian Nagelsmann diese Taktik an, ist der Madrilene auch ein Gewinn. Man muss sich aber die Frage stellen, ob ein Team wie Deutschland, das so viele Probleme hat, überhaupt eine Taktik meistern kann, die nur bei gefestigten Top-Teams erfolgsversprechend ist.

Interessant wäre es ja, ein DFB-Team zu sehen, das auf defensive Kompaktheit setzt und mit schnellen Gegenzügen für Gefahr sorgen möchte. Für einen solchen Fußball stünde Kroos eher weniger.

Gewissermaßen muss man sich aber auch nichts vormachen. Bei den Vorrunden-Spielen (insbesondere gegen Schottland und Ungarn) wird das DFB-Team den Ton selbst angeben müssen und nicht auf Konter warten können. Dies würde wieder für ein Kroos-Comeback sprechen.

In Summe spricht etwas mehr dafür, Kroos zurückzuholen, als dies nicht zu tun, jedoch muss dieser auch mit der 100-prozentigen Leidenschaft auf den EM-Zug aufspringen. Diese fehlte ja zuletzt recht deutlich und bei Kroos stellt sich auch die Frage, wie sehr er sich noch mit dem DFB-Team identifizieren kann. Wenn Kroos zurückkehrt, muss das aus Eigenmotivation geschehen und nicht, weil er sich von anderen dazu breitschlagen lässt.


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