"Nichts anderes im Kopf als die Gruppenphase" - Sophia Kleinherne vor den UWCL-Playoffs

  • Eintracht-Frauen in Champions-League-Playoffs gegen Prag
  • Erste Teilnahme an UWCL-Gruppenphase winkt
  • Nationalspielerin Kleinherne im 90min-Interview über den großen CL-Traum

Sophia Kleinherne will unbedingt in die UWCL-Gruppenphase
Sophia Kleinherne will unbedingt in die UWCL-Gruppenphase /
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Im Herzen von Europa träumen die Spielerinnen von Eintracht Frankfurt schon seit langem vom Erreichen der Gruppenphase der UEFA Women’s Champions League. 90min hat mit SGE-Verteidigerin Sophia Kleinherne vor den Playoffs über das große Ziel gesprochen.

Im September kam das Team dem großen Ziel einen entscheidenden Schritt näher, als man sich in der ersten Runde, im Miniturnier, gegen den 1. FC Slovácko und Juventus Turin erfolgreich durchsetzte.

Besonders die Partie gegen die italienische Mannschaft stellte die SGE als Kollektiv auf die Probe, als man sich nach 120 Minuten erst im Elfmeterschießen durchsetzen konnte. Jetzt geht es am Dienstag (Anstoß um 19:00 Uhr) im Deutsche Bank Park gegen Sparta Prag, bevor eine Woche später das entscheidende Auswärtsspiel ansteht. Geht Eintracht Frankfurt erfolgreich aus beiden Partien hervor, hätte das Team erstmals in der Vereinsgeschichte einen Platz in der UWCL-Gruppenphase sicher.

Im exklusiven 90min-Gespräch erklärt SGE-Verteidigerin Sophia Kleinherne, was dies für sie und ihre Mitspielerinnen bedeuten würde, was die Mannschaft aus den bisherigen UWCL-Spielen mitnehmen konnte und wie sie mit den Belastungen durch die Teilnahme an drei herausfordernden Wettbewerben umgeht.

Sophia, was sind Ihre Gedanken zum bisherigen Saisonstart?

Sophia Kleinherne: "Durchwachsen, denn man muss die Gesamtsituation sehen, dass wir gerade in drei Wettbewerben gleichzeitig sind. Das ist für uns eine komplett neue Situation, mit der Belastungssteuerung umzugehen müssen wir noch lernen. Wenn ich die Wettbewerbe separiere, dann können wir mit zwei von dreien bis jetzt sehr zufrieden sein: Champions League und DFB-Pokal. In der Liga sah es nicht gut aus, nach zwei Spieltagen mit null Punkten dazustehen, zumal eine Aufgabe definitiv machbar war und wir auch gegen Wolfsburg gezeigt haben, dass mit uns jeder Zeit zu rechnen ist. Wir wissen aber auch, dass die Hauptaufgabe für uns in der Liga liegt, alles andere sind Bonus-Wettbewerbe. Von daher ist es sehr wichtig, wieder drei Punkte einzufahren und selbstbewusst in die weiteren Spiele zu gehen."

Wie wirken sich die bisherigen Niederlagen in der Bundesliga auf die UWCL-Vorbereitungen aus?

SK: "Tatsächlich gar nicht. Gerade die Champions League ist ein Wettbewerb, der uns extrem beflügelt. Auch wenn einige von uns UWCL-Erfahrung haben, ist es für den Verein und uns als Mannschaft eher etwas Neues. Wir haben uns bisher eine Ausgangssituation erspielt, in der alles dabei war: von Dominieren zu extremer Spannung im Spiel, deshalb sind wir auf alles gefasst, was kommen kann. Wir können selbstbewusst auftreten und neue Erfahrungen lassen einen über sich selbst hinauswachsen."

Was haben Sie, aber auch das gesamte Team gerade aus dem Sieg gegen Juventus mitgenommen?

SK: "Durch das Weiterkommen haben wir uns viel Respekt vor anderen Mannschaften verschafft. Es fühlt sich sehr gut, so einen großen Namen bei Seite geschoben zu haben, weil Juventus Turin nicht irgendein Team ist, sondern wirklich einen Namen im Frauenfußball hat und erfahrenerer in der Champions League ist, als wir es sind. Es ist ein Spiel, an das wir gerne zurückdenken und es hat uns als Mannschaft gezeigt, dass wir unsere Grenze wieder ein Stück nach oben verschieben können und wissen, dass wir uns entwickelt haben, weitergekommen sind im Vergleich zum vergangenen Jahr und jetzt definitiv die Gruppenphase erreichen möchten."

Laura Freigang
Jubel nach Sieg über Juventus Turin beim Team von Eintracht Frankfurt / Christian Kaspar-Bartke/GettyImages

Welche Erwartungen hat die Mannschaft jetzt an die nächste Qualifikations-Phase?

SK: "Es ist interessant, dass zwei Spiele anstehen. Wir können uns nicht im ersten übernehmen, auspowern und dann im zweiten unsere Leistung nicht mehr erbringen. Diese müssen wir stattdessen konstant abrufen. An Motivation wird es reichen zu wissen, was wir geschafft haben, wenn wir aus beiden Spielen erfolgreich hervorgehen. In der Gruppenphase wären wir dann froh, dann auf Namen wie Real Madrid oder den FC Barcelona zu treffen. Jetzt ist es natürlich gut, dass wir mit Juventus einen sehr starken Gegner besiegt und mit Sparta Prag einen weiteren, unangenehmen und international erfahrenen vor uns haben. Wir gehen mit dem nötigen Respekt in die Spiele, haben als Anspruch definitiv das Weiterkommen und in der Gruppenphase können dann alle kommen."

Der nächste Gegner heißt Sparta Prag. Wie schätzen Sie die Mannschaft ein und worauf wird es in den zwei Spielen besonders ankommen?

SK: "Sparta Prag sehen wir als sehr robuste Mannschaft, die sehr diszipliniert verteidigt und immer wieder Nadelstiche nach vorne setzt. Daher ist es für uns sehr wichtig, dass wir einen gesunden Ausgleich zwischen Dominanz im Spiel, Druck nach vorne und der notwendigen Ruhe und Gelassenheit haben, sowie Geduld, falls etwas nicht sofort funktioniert. Wir müssen die Kontrolle über unser Spiel bewahren, denn es ist herausfordernd, auf internationale Gegner zu treffen, gegen die man bisher noch nicht gespielt hat und während dem Spiel auf unbekannte Situationen zu reagieren."

Was will bzw. muss die SGE im Vergleich zu den bisherigen UWCL-Spielen besser machen?

SK: "Im ersten Spiel tut es rückblickend etwas weh, dass wir das Spiel durchweg dominiert haben, aber nur mit 1:0 gewonnen haben. Wir müssen es schaffen, in solchen Spielen auch frühzeitig den Deckel drauf zu machen und so dominant, wie wir waren, schon zur Halbzeit mit 2:0 zu führen, ohne in der Abwehr den Fokus zu verlieren. Im Spiel gegen Juventus war alles dabei, wir waren tonangebend, hatten aber auch Phasen, in denen wir nicht allzu präsent waren. Über die gesamten 120 Minuten waren wir aber die bessere Mannschaft, hatten besseren Chancen und da muss ich uns ein großes Kompliment aussprechen, dass wir nie die Geduld verloren haben oder übermütig wurden, sondern einfach unser Spiel durchgezogen und uns entsprechend belohnt haben. Als Mannschaft, aber auch einzeln sind wir mental sehr stark aufgetreten und genau das ist in internationalen Spielen so wichtig. Wenn wir diese Erkenntnisse aus den beiden ersten Spielen mitnehmen, kann uns auch Prag nicht mehr im Weg stehen."

Sophia Kleinherne
Blick nach vorne: Sophia Kleinherne will mit der SGE die Gruppenphase der UWCL erreichen / Alex Grimm/GettyImages

Die Teilnahme an der UWCL bedeutet zusätzliche Spiele und viele englische Wochen. Ist Ihr Team auf lange Sicht einer möglichen dreifach Belastung gewachsen und profitieren Sie eventuell auf sportlicher Ebene durch die zusätzlichen Spiele?

SK: "Die dreifache Belastung bringt uns als Team auf jedem Fall in dem Sinne weiter, dass wir noch weiter zusammenwachsen und ein besseres Gespür für einander bekommen. Es ist schön zu sehen, wenn jede Spielerin gebraucht wird und entsprechend Spielzeit bekommt. Wir haben die Qualität in der Mannschaft, dass sich jede immer für ihre Leistungen belohnen möchte, von daher ist es auch die Kunst des Trainer-Teams, die Belastung so zu steuern, dass alle da sind, wenn sie gebraucht werden. Da braucht es viel Fingerspitzengefühl, aber man muss auch sagen, dass wir wirklich gut aufgestellt sind. Die Qualität in der Mannschaft ist da, sodass man keine Bauchschmerzen hätte, wenn zum Beispiel eine Spielerin aus der Startelf verletzt ist, weil man den Ausfall kompensieren könnte. Ich freue mich auf die dreifache Belastung weil ich hoffe, dass sich dadurch jede Spielerin für das belohnen kann, was sie in den vergangenen Wochen, aber natürlich auch vergangene Saison durch das Erreichen des dritten Platzes geleistet hat."

Durch zwei erfolgreiche Spiele gegen Sparta Prag könnte Eintracht Frankfurt erstmals in die Gruppenphase der UWCL einziehen. Was würde das für den Verein, aber auch für Sie als Spielerin bedeuten?

SK: "Seitdem man es den zusätzlichen Platz in der Champions League für Deutschland gibt, haben wir nichts anderes im Kopf als die Gruppenphase erreichen zu wollen. Der Verein lebt diesen internationalen Wettkampf und das Männer-Team lebt derzeit gut vor, wie man in Europa über sich hinauswachsen kann. Genau diese Erfahrung möchten wir auch in der Gruppenphase erleben. Für mich als Spielerin ist es sehr wertvoll, mit dem Verein international spielen zu dürfen. Ich kenne es aus der Nationalmannschaft, wo meine Rolle natürlich eine ganz andere ist. Daher motiviert es mich sehr, mit Frankfurt in der Champions League spielen zu können. Jetzt braucht es diesen letzten Schritt in die Gruppenphase, dann können wir alle sagen, dass wir es geschafft haben. Rückblickend hat der Verein mit der Fusion [Anm. d. Red. 2020 wurde die Frauenmannschaft des 1. FFC Frankfurt Teil von Eintracht Frankfurt] sehr viel richtig gemacht, seitdem sind wir sehr erfolgreich, haben viel gefordert, aber auch viel bekommen. Daher ist Eintracht Frankfurt auch ein Vorbild für andere Vereine, die diesen Weg auch gehen möchten."

Gegen Juventus, aber auch gegen Prag fanden bzw. finden Ihre Spiele im Deutsche Bank Park statt. Wie fühlt es sich an, vor so einer Kulisse den Rasen zu betreten und wichtige Highlight-Partien zu bestreiten?

SK: "Es bedeutet uns sehr viel. Wir haben in den vergangenen Jahren vieles gefordert, waren uns aber nicht immer einig mit dem Verein. Es ist nicht selbstverständlich und immer schön, diese Highlight-Spiele im großen Stadion zu haben. Wenn man einmal dort gespielt hat, will man immer wieder zurück, aber das muss man sich jedes Mal aufs Neue erarbeiten. Das haben wir mit der Champions League erreicht und wir sind dem Verein für diese Wertschätzung sehr dankbar. Es ist ein Traum für uns als Mannschaft, vor großen Menschenmengen zu spielen."

Eintracht Frankfurt v VfL Wolfsburg - Google Pixel Women's Bundesliga
Die SGE im Deutsche Bank Park: vor großer Kulisse zum großen Ziel / Christian Kaspar-Bartke/GettyImages

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie an das Heimspiel gegen Sparta Prag am Dienstag denken?

SK: "Wenn man ins Stadion einläuft und die Champions-League-Hymne hört, dann macht das sehr viel mit einem. Man braucht erstmal eine Sekunde, um wirklich zu realisieren, dass das kein Traum ist. Man hat am ganzen Körper Gänsehaut und ich finde es immer schön, wie viele Menschen ins Stadion kommen, um uns zu unterstützen. Wenn man mit dieser Mannschaft auf dem Platz steht, spürt man untereinander eine große Energie, man sieht sich um und weiß einfach, dass jede bereit ist, 100 Prozent zu geben und über sich hinauszuwachsen. Der Verein und die Familie sind da, die ganze Mannschaft gibt einem das Gefühl, dass man sich gegenseitig unterstützt und beflügelt. Im besten Fall steht man nach dem Spiel im Kreis steht und weiß, dass man es geschafft hat."


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