Kahn fordert Salary Cap: Luftschloss oder realistische Lösung des Wahnsinns?

Oliver Kah will die Gehälter durch einen Salary Cap deckeln
Oliver Kah will die Gehälter durch einen Salary Cap deckeln / Sebastian Widmann/Getty Images
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Oliver Kahn will eine Salary Cap! Der Bayern-Boss nennt zwei mögliche Modelle, um die Gehälter im europäischen Fußball künftig zu regulieren. Ein völlig richtiger und notwendiger Vorstoß, der wohl leider auf taube Ohren stoßen wird.


Die Corona-Pandemie hat die Schere zwischen arm und reich im Fußball noch größer werden lassen. Auch die Schere zwischen reich und super-reich droht immer weiter auseinanderzugehen. Genau zu beobachten ist das in diesem Transfer-Sommer bei den europäischen Spitzenklubs. Während beispielsweise Inter Mailand oder der FC Barcelona zu gravierenden Sparmaßnahmen gezwungen sind - natürlich auch wegen eigener, grober Misswirtschaft - können Klubs aus der Premier League und allen voran Paris Saint-Germain dank Investoren- und Scheich-Geldern weiterhin sorglos auf Shoppingtour gehen.

"Generell werden wir in Sachen Transfers zukünftig flexibler agieren."

Oliver Kahn, Welt am Sonntag

Der FC Bayern befindet sich mittendrin in diesem Spannungsfeld zwischen den Inters, Barças und den Man Citys, Uniteds und PSG's dieser Fußballwelt. Für den neuen Klub-Boss Oliver Kahn braucht es deshalb dringend Regularien, um den Kampf der Fußball-Großmächte ausgeglichener zu gestalten.

Financial Fairplay kann nicht die Lösung sein - Kahn fordert Salary Cap

Das aktuelle Financial Fairplay hat "eindrucksvoll" bewiesen, dass es nicht dazu taugt, um finanzielle Auswüchse einzudämmen und für mehr Gleichgewicht zu sorgen. Entweder, die UEFA setzt die eigenen Richtlinien zu lasch um - oder aber, sie werden von den Klubs einfach umgangen. Kahn spricht sich im Interview mit der Welt am Sonntag deshalb für einen radikaleren Schritt aus: der viel geforderten Salary Cap!

"Es muss eine Salary Cap geben, eine Gehaltsobergrenze. Es werden mehrere Modelle diskutiert, einige Ansätze könnte man aus dem System im US-Profisport übernehmen", fordert der 52-Jährige. Etwas konkretere Vorschläge der Umsetzung liefert Kahn auch gleich mit. Entweder man versuche einen sogenannten "Hard Cap" umzusetzen, also "zum Beispiel eine feste Summe als Gehaltsgrenze für den gesamten Kader eines Klubs". Oder aber, man entscheide sich für einen "Soft Cap". "Für Gehälter dürfen also nur ein gewisser Prozentsatz der Einnahmen oder Umsätze ausgegeben werden", erklärt Kahn.

Letzteres klingt eher wie ein Upgrade zum aktuellen FFP, das weiterhin geschickt umgangen werden könnte. Zumal die Einnahmen von Scheich-Klubs wie Man City oder PSG häufig geschickt verschleiert werden können und etwa Sponsoren-Gelder in der Vergangenheit viel zu hoch angegeben wurden, um so mehr finanziellen Spielraum zu haben.

"Hard Cap": Es wäre der richtige Schritt

Ein "Hard Cap" wäre wohl die deutlich radikalere, aber auch effektivere Lösung. Ob die europäischen Topklubs da mitspielen, ist aber mehr als fraglich. Zumal es auch rechtliche Bedenken gibt, ob eine solche Regelung in der EU überhaupt umsetzbar wäre. Es bräuchte als Basis für eine Umsetzung die bedingungslose Solidarität aller Klubs in der UEFA. Also auch der Super-Reichen, der Investor- und Scheich-geführten Klubs.

Frieder Gamm, Berater von Neven Subotic, hatte im vergangenen Jahr im 90min-Gespräch eine solche Lösung noch als völlig unrealistisch bezeichnet - und dürfte mit seiner Argumentation den Nagel auf den Kopf getroffen haben:

"Meiner Ansicht nach ist ein Salary Cap eine sozialromantische Idee, solange wir einen globalisierten Fußball haben, wo Scheichs aus Dubai mitspielen. Wenn es Deutschland allein durchziehen würde, haben wir eben keine Top-Stars mehr, weil die irgendwo anders hingehen würden. Innerhalb von Europa sehe ich nicht die Solidarität, die schon in der Bundesliga schwierig ist. Die eigene Jacke zählt immer zuerst. Das auf Europa auszuweiten, unter Umständen noch mit der Türkei und Russland - das können Sie vergessen. Ich halte das für absolut illusorisch. Nur wenn von oben eine UEFA oder FIFA das durchdrücken will. Aber auch dann wird die Kreativität groß sein, Seitenlösungen zu finden."

Gehaltsgrenzen bleiben utopisch

Was bleibt nach Kahns Vorstoß festzuhalten? Die Idee der (einheitlichen) Gehaltsobergrenze ist nicht neu, aber aktuell umso sinnvoller. Die Umsetzung einer europaweiten oder gar weltweiten Lösung bleibt jedoch utopisch. Weil einige Großklubs daran überhaupt kein Interesse haben dürften, weil die Verbände auf diesem Gebiet sehr träge agieren und gerne an die Politik verweisen. Und vor allem: weil es wohl dennoch weiterhin Wege und Mittel geben würde, die Salary Cap zu umgehen.

Ein schöner Traum, den Oliver Kahn da träumt. Wir träumen mit, werden aber anno 2021 in der Realität geweckt - um zu sehen, wie die Schere unaufhaltsam auseinandergeht.