Rummenigges öffentlicher Ärger über die verspätete Abreise nach Katar ist unangebracht!

Hat sich keinen Gefallen getan: Karl-Heinz Rummenigge
Hat sich keinen Gefallen getan: Karl-Heinz Rummenigge / Alexander Hassenstein/Getty Images
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Weil dem FC Bayern die Starterlaubnis am Berliner Flughafen BER verweigert wurde, machte sich der Rekordmeister erst am Samstagmorgen um 6.52 Uhr auf den Weg nach Doha (Katar). Das brachte Karl-Heinz Rummenigge mächtig auf die Palme. Mit seiner Aussage gegenüber BILD verhärtete der 65-jährige Vorstandsvorsitzende den längst herrschenden Eindruck, dass der Fußball trotz der Corona-Pandemie nicht auf den Boden zurückgekehrt ist.

Um pünktlich und ausgeruht am Samstagmorgen deutscher Zeit in Doha zu landen, wurde das Bundesliga-Auswärtsspiel des FC Bayern bei Hertha BSC (1:0) von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) vorverlegt. Aus dem geplanten Abflug um 23.15 Uhr wurde jedoch nichts, wie BILD berichtete. Demnach musste das Flugzeug zunächst enteist werden, war den Informationen des Boulevardblatts zufolge erst um 23.59 Uhr startklar. Auf die Starterlaubnis musste der Bayern-Tross wegen des Nachtflugverbots am Flughafen BER, das reguläre Linienflüge zwischen 0 Uhr und 5 Uhr morgens untersagt, aber vergeblich warten.

Laut BILD war der Flieger 30 Sekunden über der Starterlaubnis, die Genehmigung für den Start blieb somit aus. "Wir fühlen uns von den zuständigen Stellen der brandenburgischen Politik total verarscht", wetterte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge auf Nachfrage des Blattes. "Die Verantwortlichen wissen gar nicht, was sie unserer Mannschaft damit angetan haben."

Der Profisport, insbesondere der Fußball, hat schon genügend Privilegien erhalten

Der Reiseplan der Bayern gerät mächtig durcheinander, vor dem Klub-WM-Halbfinale gegen Al Ahly Kairo bleibt weniger Zeit zur Regeneration und Vorbereitung als geplant. Allerdings sollte sich der deutsche Rekordmeister glücklich schätzen, überhaupt nach Katar fliegen zu dürfen - denn im aktuellen Pandemiegeschehen stellen Reisen ins Ausland ein unnötiges Risiko dar, das eigentlich vermieden werden sollte.

Zwar ist stets davon die Rede, dass sich Profisportler in ihrer eigens geschaffenen Blase befinden, bei internationalen Spielen werden verschiedene Blasen aber miteinander gemischt. Es kann also durchaus ein höheres Infektionsrisiko bestehen, da nicht jedes Land gleiche Maßnahmen gegen das Coronavirus getroffen hat. Auch wenn die Klub-WM für die Bayern ein wichtiges Turnier sein mag - würde die FIFA Vernunft walten lassen, wäre es gar nicht erst organisiert worden.

Hat die Diskussionen um die Sonderstellung des Fußballs noch einmal verschärft: Karl-Heinz Rummenigge
Hat die Diskussionen um die Sonderstellung des Fußballs noch einmal verschärft: Karl-Heinz Rummenigge / Pool/Getty Images

Darüber hinaus dürfen sich die Bayern glücklich schätzen, dass der Profisport überhaupt weitergehen darf wie gehabt. Ja, es ist ihr Beruf und ja, es wurden geeignete Hygienekonzepte entworfen - dennoch genießt der Sport, insbesondere der Fußball, eine Sonderstellung, die er eigentlich gar nicht haben dürfte. Während in vielen Lebensbereichen harte Einschnitte erfolgt sind, dürfen die Spieler weiter gemeinsam trainieren und spielen, als wäre nichts gewesen. Der einzige Unterschied: Es sind keine Zuschauer auf den Rängen.

Zu guter Letzt existieren Regeln, an die sich alle zu halten haben - auch der FC Bayern. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Klub-WM oder einfach nur das nächste Bundesligaspiel bevorsteht. Wenn das Flugzeug zu spät bereit ist, dann ist es das gute Recht der Verantwortlichen des Flughafen BER, die Starterlaubnis zu verweigern. Von "total verarscht" kann diesbezüglich keine Rede sein.

Die Bodenständigkeit wird schon lange vermisst

Der Fußball hat in den vergangenen Monaten schon genug Extrawürste bekommen. Etwas Demut von Herrn Rummenigge wäre an dieser Stelle wesentlich angebrachter. Stattdessen wird nach den Aussagen des Vorstandsbosses wieder einmal deutlich, wie sehr sich der Fußball entkoppelt hat. Er ist nicht bodenständig, er hält sich nicht zurück, er erhält stattdessen Privilegien, auf die viele Menschen seit Wochen verzichten müssen. Es gibt viel größere Probleme als ein verspäteter Flug nach Katar. Das ist so manchem Klubvertreter offenbar aber nicht bewusst.