Gute Ausgangsposition erkämpft: Die Erkenntnisse zum 0:0 der Schweiz gegen Norwegen

Offensiv gute Ansätze, aber zu viele aussichtslose Dribblings - die Schweiz gegen Norwegen
Offensiv gute Ansätze, aber zu viele aussichtslose Dribblings - die Schweiz gegen Norwegen / Buda Mendes/GettyImages
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In einem umkämpften Spiel hat die Schweiz sich gegen Norwegen ein torloses Unentschieden erarbeitet. Damit ist das Team von Inka Grings mit vier Punkten an der Tabellenspitze der Gruppe A. Die Gegnerinnen präsentierten sich allerdings erneut schwach - so bleibt das Team schwer einzuschätzen. Die Erkenntnisse zum Spiel.

1. Offensiv mit guten Ideen - aber im letzten Pass zu überhastet

Coumba Sow, Guro Reiten
Gute Leistung: Coumba Sow (rechts) holte im Mittelfeld viele Bälle / Buda Mendes/GettyImages

Norwegen ist nicht gerade für eine stabile Defensive bekannt. Daher überraschte es nicht, dass die Schweiz gegen die Skandinavierinnen zu einigen Möglichkeiten kam. Teils lag das an Abwehrfehlern von Norwegen, in mehreren Situationen gelang es dem Team von Inka Grings aber auch, sich gut nach vorne zu kombinieren. Mit Übersicht und schnellen, kurzen Pässen kam die Schweiz oft ins letzte Drittel.

Auffällig war, dass das Spiel deutlich weniger über die Flügel lief als noch gegen die Philippinen. Captain Lia Wälti war sichtbar mehr in das Spiel einbezogen und gab den Schweizer Angriffen Struktur. Vor ihr machte besonders Coumba Sow ein tolles Spiel, die mehrere Zuckerpässe spielte und viele Bälle gewinnen konnte.

Im letzten Drittel traf die Nati aber oft die falsche Entscheidung. Den Schweizerinnen gelang es nicht, Überzahlsituationen zu kreieren, und so mussten sie sich gegen mehrere Verteidigerinnen durchsetzen. In vielen Situationen wäre ein Pass wohl auch die bessere Option gewesen, statt nochmal ein Dribbling zu versuchen. So kamen sie zwar zu ein paar halbgaren Chancen, aber wirklich gefährlich wurde es selten.

2. Abwehr: Umstellung überzeugt nicht komplett, Thalmann ein sicherer Rückhalt

Gaelle Thalmann, Ana-Maria Crnogorcevic
Gaelle Thalmann rettete mehrmals stark / Phil Walter/GettyImages

Im Vergleich zu dem Spiel gegen die Philippinen hatte Inka Grings nur eine Änderung vorgenommen. Für Bühler rückte Riesen in die Startelf, was eine Umstellung zur Folge hatte. Noelle Maritz, die gegen die Philippinen als sehr offensiv ausgerichtete Linksverteidigerin gespielt hatte, rückte nach innen. Der Arsenal-Spielerin war es aber in einigen Situationen anzusehen, dass sie sich außen eigentlich wohler fühlt.

Norwegen war insgesamt das gefährlichere Team und drängte in der zweiten Hälfte auf die Führung. Dass das nicht gelang, lag zum Teil an dem aufmerksamen Schweizer Mittelfeld, aber auch an der Chancenverwertung der skandinavischen Elf. Die Schweizer Viererkette wurde mehrmals überspielt und durfte sich bei Gaelle Thalmann bedanken, dass sie kein Gegentor hinnehmen mussten.

Die erfahrene Torhüterin spielt, wie auch Marta oder Rapinoe, ihre letzte WM. Thalmann hatte in den Vorbereitungsspielen nicht immer zu hundert Prozent überzeugt, aber gegen Norwegen war sie wohl die beste Spielerin der Nati. Mehrmals tauchte sie noch gerade rechtzeitig ab und vereitelte gute Chancen.

3. Gute Ausgangslage in Gruppe A - aber wie gut ist die Schweiz wirklich?

Ada Hegerberg
Kam nicht zum Einsatz: Norwegens Star-Stürmerin Ada Hegerberg / Phil Walter/GettyImages

Dass die Schweiz mit dem Unentschieden eigentlich ganz glücklich war, sah man ihnen in den letzten Minuten des Spiels an. Anders als die Norwegerinnen, die immer noch kein WM-Tor geschossen haben und mit einem Punkt auf dem vierten Platz in der Gruppe rangieren.

Für die Schweiz ist die Situation komfortabel: Ein Sieg gegen Neuseeland würde zum Gruppensieg reichen, ein Unentschieden bedeutet den Einzug in die K.O.-Phase. Selbst bei einer Niederlage wäre die Nati noch nicht in jedem Fall ausgeschieden. Und Neuseeland sollte etwa auf dem gleichen Niveau sein, ein Punktgewinn ist alles andere als utopisch - auch wenn die Football Ferns selber unbedingt punkten müssen, um weiterzukommen und daher alles geben werden.

Auf dem Papier sieht es also gut aus für die Schweiz. Im Vorhinein des Turniers hätte wohl niemand Nein zu vier Punkten aus zwei Spielen gesagt, besonders nach der schwierigen Vorbereitung. Zu Enthusiasmus veranlassen die Leistungen der Nati aber auch nicht - zu schwach präsentierte sich noch die Offensive.

Außerdem stellt sich das Henne-Ei-Problem, wie so oft: Ist die Schweiz wirklich gut, oder ist die Punkteausbeute lediglich auf die schwache Gruppe zurückzuführen? Für die Auslosung schuldet die Nati definitiv der Fortuna einen Gefallen, denn sie haben die schwächste der acht Gruppen erwischt.

Neuseeland hatte vorher nie einen WM-Sieg geholt, die Philippinen geben ihr Debüt, und Norwegen mag auf dem Papier stark sein, aber hat in den letzten Jahren selten das Potenzial abgerufen. Auch gegen die Schweiz verwunderte Hege Riise mit der Entscheidung, Caroline Graham Hansen und Ingrid Engen beide auf der Bank zu lassen. Star-Stürmerin Ada Hegerberg wurde kurz vor Anpfiff noch ausgetauscht, dem Verband nach wegen einer leichten Verletzung.

Ein wirklicher Härtetest bleibt also noch aus - den erwartet die Schweiz im Falle eines Weiterkommens im Achtelfinale mit Spanien oder Japan. Beide gehören zu den spielstärksten Teams des Turniers und werden zeigen, ob die Schweiz sich wirklich gesteigert hat.


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