Im Check: Bundesliga 2023/24 als Zweiklassengesellschaft

  • Top-Klubs spazieren durch die Bundesliga
  • Acht Teams im Abstiegskampf vertreten
  • Schere zwischen der Spitze und dem Tabellenkeller auffällig groß

Das Leistungsgefälle in der Bundesliga scheint zunehmend größer zu werden
Das Leistungsgefälle in der Bundesliga scheint zunehmend größer zu werden / Sebastian Widmann/GettyImages
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Die Bundesliga-Tabelle kommt nach dem neunten Spieltag äußerst zerstückelt daher. Während die Top-Klubs marschieren, weisen ganze acht Teams eine einstellige Punktzahl auf. Es macht den Eindruck, als würden die starken Teams immer stärker und die schwachen Teams immer schwächer werden.

Jahrelang wurde die Konkurrenz der Bayern dafür kritisiert, ständig gegen weniger gute Mannschaften wichtige Zähler liegen zu lassen und dadurch die Vorherrschaft der Münchner zu begünstigen. In dieser Saison kann davon jedoch nicht die Rede sein. Zwar haben die Roten starke 23 Punkte aus neun Spielen erzielt, was einem Schnitt von 2,55 Zählern pro Partie entspricht, jedoch ist Bayer 04 Leverkusen mit 25 Zählern bzw. 2,78 Punkten pro Spiel noch ein wenig stärker. Passend dazu hat die Werkself lediglich gegen den FC Bayern Punkte liegen lassen.

Beeindruckend stark sind auch Stuttgart, Dortmund und Leipzig, die 21, 21 und 20 Punkte auf dem Konto haben. Das Quintett liegt deutlich über den Punkteschnitt von jenen der Bayern und der Borussen, die am Ende der Vorsaison mit 71 Zählern Meister und Vize-Meister geworden sind. Nur knapp hinter diesem Trio befindet sich die TSG Hoffenheim, die mit 18 Zählern hartnäckig Kontakt hält.

Die Spitzenteams gewinnen jedoch nicht nur fast alle Spiele, sondern sorgen zudem noch regelmäßig für Schützenfeste. Leverkusen hat die beiden Aufsteiger Darmstadt und Heidenheim mit 5:1 bzw. 4:1 weggefegt und zudem dreimal mit 3:0 gewonnen. Der FC Bayern feierte jüngst ein 8:0 gegen die Lilien und ließ es auch beim 7:0 gegen Bochum und 4:0 gegen Bremen mächtig krachen. Am Samstagabend konnten zudem auch die Leipziger mit einem 6:0-Kantersieg gegen Köln überzeugen. Dem Überraschungs-Team aus Stuttgart gelangen außerdem bereits zwei 5:0-Erfolge gegen Freiburg und Bochum.

Kleines Mittelfeld & großer Tabellenkeller: Acht Klubs mit einstelliger Punktzahl

Hinter den fünf - oder Hoffenheim mitgerechnet sechs - Top-Teams, trennt sich jedoch die Spreu vom Weizen. Während Frankfurt, Freiburg, Wolfsburg und Augsburg im Niemandsland herumkrebsen, weisen alle anderen Klubs Bilanzen auf, die nach Abstiegskampf schreien. Auffällig sind zudem die Tordifferenzen. Abgesehen von den Top-6-Klubs hat nur Frankfurt ein positives Torverhältnis.

Sieht man sich die Ränge elf bis 18 an, erkennt man, dass es für alle Klubs eigentlich nur ums Überleben gehen kann. Dies gilt auch für Gladbach und Bremen, die tabellarisch gerade noch im Mittelfeld stehen, aber erst neun Zähler auf dem Konto haben. Dies entspricht einem Punkt pro Spiel, was bedeutet, dass die Klubs hochgerechnet 34 Punkte einfahren würden.

Inzwischen ist es zwar eher ein Mythos, dass man nur bei 40 Punkten wirklich sicher sein kann, jedoch könnte man mit 34 Zählern zumindest mal auf dem Relegationsplatz landen. In dieser Saison ist dem wohl nicht so, weil es einfach eine ganze Reihe an Teams gibt, die eher mühsam ihr Punktekonto ausbauen. Aus diesem Grund kann sich ein Verein wie Union Berlin auch noch trotz sieben Bundesliga-Pleiten am Stück auf einem Nichtabstiegsplatz halten. Klubs wie Köln (4 Punkte) oder Mainz (3 Punkte) können sich trotz Mega-Krise glücklich schätzen, noch Anschluss an fast die Hälfte der Teams zu haben.

Eklatante Unterschiede zur Vorsaison: Union Berlin wäre nur Sechster

Sieht man sich zum Vergleich die Tabelle nach dem neunten Spieltag aus der Vorsaison an, werden die Unterschiede deutlich. Vor einem Jahr hat Union mit 20 Zählern und +10 Toren die Tabelle angeführt. Dies würde in dieser Saison lediglich zu Platz sechs reichen. Spitzenklubs wie Bayern und Dortmund hatten mit 16 Zählen sieben bzw. fünf Punkte weniger auf dem Konto als aktuell. Leipzig und Leverkusen waren sogar um acht bzw. 17 Punkte schlechter. Dies beweist dann schon ganz deutlich, dass die Top-Teams in dieser Saison einfach deutlich konstanter abliefern.

Widmet man sich der zweiten Tabellenhälfte, findet man das umgekehrte Bild vor. Anstelle von acht Teams in dieser Saison, haben im Vorjahr lediglich sechs Vereine nach Spieltag neun eine einstellige Punktzahl auf dem Konto gehabt. Ein Klub wie Mainz 05, der im Vorjahr mit zwölf Zählern nur auf Rang zwölf rangierte, würde sich in dieser Saison auf dem zehnten Platz einreihen. Die Teams auf den Rängen 16, 17 und 18 haben in dieser Spielzeit zudem allesamt einen Punkt weniger auf dem Konto als in derVorsaison.

Außenseitersiege Fehlanzeige: Darum ist die Bundesliga trotzdem spannend wie lange nicht

Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass es praktisch kaum noch überraschende Ergebnisse gibt. So hat es bis zum neunten Spieltag gedauert, dass ein Team aus der oberen Tabellenhälfte erstmals gegen eines aus der unteren Tabellenhälfte verloren hat. Dies war beim 2:3 der Wolfsburger gegen den FC Augsburg der Fall. Hierbei handelte es sich allerdings auch um das Duell des Tabellen-Neunten gegen den Tabellen-Zehnten, was dann auch nicht ganz so aussagekräftig ist.

Klar ist, dass sich die Leistungsunterschiede in dieser Saison stärker zeigen als gewohnt. Warum genau das so ist, lässt sich nur schwer beurteilen. Eine Rolle könnte jedoch spielen, dass die Aufsteiger nicht übermäßig stark spielen und die Top-Klubs einfach ungewöhnlich souverän und konzentriert auflaufen.

Der Spannung in der Liga tut das jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil: Endlich zeigen Klubs wie beispielsweise Leverkusen, dass sie den Meisterkampf spannend machen können. Sollte sich in diesem Jahr nicht der FC Bayern mit der Schale schmücken dürfen, so ist auch nicht automatisch das Schwächeln der Münchner dafür verantwortlich, sondern vielmehr die starke Konkurrenz.

Letztlich lebt die Bundesliga ja auch davon, mehrere Top-Teams zu haben, die um die internationalen Plätze und die Meisterschaft wetteifern. Ob hingegen der 12. oder 13. vor ein oder zwei Jahren ein wenig besser oder schlechter war, ist für die Liga in der Außenwirkung nicht wirklich relevant. Ein spannender Abstiegskampf deutet sich ja Stand jetzt trotzdem an.


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