Darf Bayer 04 kommende Saison träumen?
Als muss man vorsichtig sein. Zu oft erwiesen sich die eigenen Erwartungen als zu hoch, zu häufig schlug man krachend auf dem Boden der Realität auf. Sportliche Rückschläge gab es zu genüge. Aber darf man sich zur kommenden Saison aus dem Panzer der eigenen Wohlfühlzone wagen? Wie stehen die Chancen auf die Erfolg? Was läuft, woran muss gearbeitet werden?
Champions League!
Nicht nur der Anhang des Werksklubs spürt, dass in Leverkusen im Moment eine positive Entwicklung stattfindet. Nach der eineinhalbjährigen Stabilisationsphase unter Ex-Coach Heiko Herrlich konnte Neu-Trainer Peter Bosz ab Winter 2019 mit der Werkself richtig durchstarten. Dank eines tollen Endspurts grüßte man zum Saison-Zapfenstreich von Platz Vier und darf kommende Saison Champions League spielen. Das vergrößert die finanziellen Spielräume und die Attraktivität des Vereine für Spieler.
Bosz und die Mannschaft: Es funktioniert!
Absolut fördernd für den Erfolg ist die Tatsache, dass man mit einem eingespielten Team und einem motiviertem Trainer in die Vorbereitung und die kommende Saison geht. Bosz hatte die vergangene Rückrunde kaum die Möglichkeit, Einfluss auf die Mannschaftsgestaltung zu nehmen. Dennoch war es mit der Werkself enorm erfolgreich. Nun kann er die Transferaktivitäten mitbestimmen und die Mannschaft so aufbauen, wie es auf sein System passt. Doch größtenteils passen die Spieler schon in sein System, wodurch die Mannschaft eingespielt bleibt und kein größerer Umbruch von Nöten ist. Und dass Bosz's Spielphilosophie erfolgreich ist, war bereits mit aller Deutlichkeit zu sehen (3:1 gegen Bayern, 6:1 gegen Frankfurt, 5:1 gegen Berlin...)
Apropos Mannschaft. Leverkusen hat es aktuell geschafft, im Kader eine angenehme Balance zu schaffen. Junge Talente werden von erfahrenen Spielern gestützt. Der Fokus liegt zwar weiterhin auf der Ausbildung der Jungen, der Status der "Alten" rund um die Benders, Aranguiz, Baumgartlinger und Co. ist innerhalb des Teams aber extrem hoch. Erfahrene Spieler im perfekten Fußballalter von Tah über Volland bis Hradecky runden das Team weiter ab. Dieses Gleichgewicht und dieser Zusammenhalt hat man in Leverkusen selten gesehen.
Die Qualität stimmt!
Doch eine Balance im Team bringt nichts, wenn die Einzel- und Teamqualität nicht stimmen. Darüber braucht man sich in Leverkusen aber keine Sorgen zu machen. Zwar ging mit Brandt ein ganz wichtiger Spieler, jedoch wird Havertz wohl noch ein Jahr bleiben. Wichtige weitere Säulen im Team wie Volland, "Baumi" oder Tah werden auch bleiben, von den Bender-Zwillingen ganz zu schweigen. Der Kader ist absolut hochwertig und kann nun gezielt Verstärkt werden.
Shoppingtour durch Europa!
Mit den Argumenten Teamspirit, dem Bayer 04-Projekt, dem motiviertem Team und der CL-Quali in der Tasche, hat Leverkusen auf dem Transfermarkt vieles in der eigenen Hand. Mit Kerim Demirbay wurde bereits ein Spitzenspieler verpflichtet und erstmals traute sich Bayer 04 auf die Bühne der großen Transfers und zahlten über 30 Millionen Euro für den Mittelfeldspieler. Doch das wird es nicht gewesen sein. Mit Martin Ödegaard, Daley Sinkgraven oder auch Nadiem Amiri sind weitere namhafte Verstärkungen in der Gerüchteküche im Gespräch. Leverkusen hat diesen Sommer die Chance, den Kader qualitativ wie auch quantitativ enorm aufzurüsten.
Was fehlt?
m Grunde steht das Grundgerüst am Rhein, auch der Zusammenhalt stimmt bei der Werkself. Doch was fehlt, ist der bedingungslose Ehrgeiz, die absolute Gier nach Erfolg, den Drang, bis ganz nach oben zu gehen. Diese fehlende Einstellung versaute Leverkusen oft den letzten Schritt, sei es in der Chancenverwertung oder in ganz wichtigen, entscheidenen Partien. Für ein unumstrittenes Topteam fehlt Bayer 04 die Sucht nach Erfolg und Perfektion, gerade das, was Klubs wie etwa Bayern München oder Manchester City auszeichnet. Peter Bosz und seine Kollegen müssen im Sommer jeden einzelnen Spieler kitzeln, um das Beste aus der Mannschaft herauszuholen.
Prognose:
Bleibt der Kader größtenteils bestehen und wird er sogar noch verstärkt, darf sich niemand in Leverkusen über eine fehlende Qualität aufregen. Auch stimmt das System absolut mit den Erwartungen bei Bayer 04 überein: Endlich wird wieder richtig Fußball gespielt! Doch die Crux liegt in den Köpfen der Spieler. Stimmt die Einstellung nicht, werden sich Hoffnungen schnell zerschlagen. Doch bekommt die Mannschaft Zweifel und Schwäche aus dem Kopf, darf man in Leverkusen hoffen. Die ewige Hassliebe Meisterschaft wird wohl weiter unerreichbar sein, doch die großen Zwei, Dortmund und Bayern, würde man gern etwas ärgern. Und vielleicht liefert man im DFB-Pokal mal wieder ab und klopft dort oben an. Und die Champions League? Das Ziel wird wohl sein, die Gruppenphase zu überstehen. Alles, was nach einer Achtelfinalteilnahme käme, wäre Bonus.
Doch wir schreiben gerade einmal Anfang Juni, Träume haben jetzt noch nichts zu suchen. Für den Erfolg muss im Sommer hart gearbeitet werden. Näheres wird der erste Spieltag zeigen und die Abrechnung erfolgt erst wieder am 34. Spieltag der Saison 2019/20 - Floskel hin oder her...