Petersen geht beim DFB-Team "ans Limit" - Nominierung ändert nichts an Zukunft
Von Simon Zimmermann
Nils Petersen will nach seiner überraschenden Nominierung in den vorläufigen WM-Kader am kommenden Montag das Ticket nach Russland bekommen. Dafür muss der 29-jährige Angreifer bei jedem Training "ans Limit gehen, um nicht abzufallen". Egal was passiert, seine Zukunft sieht er weiterhin beim SC Freiburg.
Bis zum kommenden Montag hat Überraschungsmann Nils Petersen Zeit, sich für den endgültigen WM-Kader zu empfehlen. Dann muss Bundestrainer Joachim Löw aus dem vorläufigen 27er Aufgebot die 23 Tickets für Russland verteilen. Egal ob der Name Petersen darunter auftaucht: Für den 29-jährigen Stürmer sei die erste Nominierung für die Nationalmannschaft ohnehin schon "ein positiver Schock" gewesen.
"In dem Moment saß ich mit Manuel Gulde, Nicolas Höfler und anderen beim Mittagessen zusammen. Dann schaue ich aufs Handy und sehe: drei Anrufe in Abwesenheit vom Bundestrainer. Und noch einer von Christian Streich", berichtet Petersen im Gespräch mit der Badischen Zeitung vom Freiburger Team-Urlaub auf Mallorca. Der endete für den 29-Jährigen vorzeitig: "Ich habe halt zurückgerufen. Sofort erzählt habe ich es nur Nicolas Höfler. Ich musste ja zumindest einem der Jungs erklären, warum ich am nächsten Morgen zurückfliegen werde - und mich am Abend zurückhalte", so Petersen.
"Ich muss ans Limit gehen"
Für den völlig überraschten SC-Angreifer ging es raus aus dem "Entspannungsmodus". Die geplante Kreuzfahrt mit der Freundin musste abgesagt werden. Stattdessen schuftet Petersen derzeit mit Stars wie Mats Hummels, Marco Reus oder Thomas Müller im DFB-Trainingslager in Südtirol für die Mission Titelverteidigung. Für Petersen heißt das "ans Limit gehen, um nicht abzufallen". Er sei ohnehin kein Spieler mit spektakulären Aktionen. Als Stürmer falle man "am Ende der Nahrungskette nicht immer so auf. Meine Hoffnung ist, dass die Trainer das genauso einzuschätzen wissen und ich die Einheiten dennoch positiv gestalte", sagt der 29-Jährige.
Vor den Augen des Bundestrainers (r.) muss Petersen (l., zusammen mit Leon Goretzka) ans Limit gehen, um sich für einen WM-Platz zu empfehlen
Seine Nervosität muss Petersen dabei vor jedem Training ablegen. "Auch, wenn ich schon etwas älter bin: Es ist so, als wenn du in eine neue Schulklasse kommst. Natürlich gehe ich hier anders in die Einheiten rein als beim SC Freiburg", erklärte er. Der ehemalige Bayern-Stürmer beschreibt sich ohnehin nicht als "Lautsprecher" und weiß, "dass ich in der Nationalmannschaft nicht für die erste Elf eingeplant bin". Für ihn gehe es vielmehr darum, "an die eigenen Fähigkeiten zu glauben. Es gibt ja Gründe, warum ich hier dabei bin. Füllkrug, Uth und Wagner sehe ich oft genug und muss sagen: 'Respekt, das sind gute Stürmer.' Durch den Sprung in den 27er-Kader habe ich diese Spieler schon mal verdrängt", gibt er sich selbstbewusst.
Etwas, das ihm gerade in seinem Jahr beim Rekordmeister (2011/12) etwas gefehlt habe. Sein Vater, Trainer des Regionalligisten Germania Halberstadt, habe ihm immer gesagt, "wenn ich mehr aus mir herausgegangen wäre, hätte ich es noch weiter gebracht in meiner Karriere". Gebracht hat er es zumindest in den vorläufigen Kader, wo er "einige Spieler wirklich nur aus dem Fernsehen" kenne. Andere waren vor lange Zeit einmal Weggefährten: "Mit Mesut Özil beispielsweise habe ich die U19-Europameisterschaft gespielt. Danach haben wir uns nie wieder gesehen. Bis jetzt. Es ist dann schon spannend, zu sehen, welchen Weg jeder dieser Spieler - auch er und ich - gegangen ist", erzählt Petersen.
Wiedersehen: Nils Petersen (l.) und Mesut Özil (2. v. r.) liefen 2007 gemeinsam bei der U19-EM für die DFB-Junioren auf
Der zeigte sich auch beeindruckt von den vielen Mitarbeitern beim DFB. "Das Team hinter dem Team ist größer als der Spielerkader. Da ich jedem Respekt entgegenbringen will, sitze ich manchmal auf dem Zimmer und google die Namen, um zu wissen, wer genau wer ist. Ich will ja allen gerecht werden. Es ist eben alles etwas größer bei der Nationalmannschaft als beim SC Freiburg", staunt er. Worte, die zeigen, wie bodenständig Petersen geblieben ist.
Petersen sieht sich weiter beim SC Freiburg
Mit seiner Art passt er dabei perfekt in den Breisgau und will das auch weiterhin tun. "Ich habe in Freiburg eine besondere Wertschätzung gespürt. Ich brauche ein Umfeld, in dem ich mich wohlfühle, wo ich weiß: Ich kann auch mal zwei schlechte Spiele haben und bin nicht sofort raus", meint Petersen, der seinen Vertrag im Februar bis 2021 verlängert hatte. Eine Entscheidung, die er nicht bereut.
Im Gegenteil: "Ich habe nicht ohne Grund verlängert. Auch, wenn ich seinerzeit gewusst hätte, dass ich in den Kader berufen werde, wäre meine Entscheidung so gefallen. Natürlich ist es spannend, den Jungs hier zuzuhören, wenn Sie beim Essen erzählen, wie es in Manchester, Barcelona oder Turin so läuft. Das ist für mich schon eine andere Welt. Ich kann erzählen, wie es in Freiburg so ist. Durch Freiburg habe ich es zu Olympia und in den vorläufigen WM-Kader geschafft. Ich werde jetzt sicher nicht irgendwelche Flausen im Kopf kriegen und das aufgeben." Flausen im Kopf würden auch gar nicht zu Petersen passen.