Der falsch Beratene: Warum der FC Bayern Joao Felix verpflichten sollte
Von Oliver Helbig

Der Portugiese João Félix darf wohl durchaus als schlummernder Riese der europäischen Fußballwelt bezeichnet werden. Im Jahr 2019 betrug der Marktwert des damals 19-jährigen "Wunderkindes" noch stolze 100 Millionen Euro. Knapp 130 Millionen Euro ließ sich Atlético Madrid die Dienste des Offensivspielers damals kosten. Nach einer sportlichen wie marktwerttechnischen Berg- und Talfahrt ist dieser Wert mittlerweile mit 20 Millionen Euro bei einem Fünftel des einstigen Werts angekommen und lässt Felix als vermeintliches Schnäppchen dastehen.
Dass der mittlerweile 25-jährige Offensivspieler über unglaublich großes Potenzial verfügt, ist zwar unbestritten, doch gelingt es ihm nur viel zu selten, seine PS auch auf den Rasen zu bekommen. Der FC Bayern München sollte sich die anhaltende Formkrise des 45-fachen portugiesischen Nationalspielers zunutze machen und den Chelsea-Flop unbedingt verpflichten.
Joao Felix: Falsch beraten und unglückliche Wechselfehler
Werfen wir einen Blick auf die Qualitäten von João Félix: Der Portugiese kann im Sturmzentrum, als hängende Spitze und auf dem Flügel agieren. Er verfügt über eine herausragende Technik, ein starkes Dribbling, ein gutes Passspiel und einen starken Abschluss. Mit seinen technischen Fähigkeiten, seinem kreativen Tempodribbling und seinem Zug zum Tor erfüllt er alle grundlegenden Anforderungen, die an einen Spieler im vorderen Drittel gestellt werden und verfügt zudem über die Klasse, diese auf höchstem Niveau abzuliefern. Aufgrund seiner Vielseitigkeit kann ein Trainer Joao Felix je nach Bedarf universell einsetzen. Grundsätzlich ist João Félix ein Spieler, bei dem man eigentlich gar nicht aus dem Zungeschnalzen herauskommt - wenn man ihn gekonnt in Szene setzt und richtig einsetzt.
Die Leistungen des einstigen Wunderknaben waren in den vergangenen Jahren viel zu inkonstant und ließen seinen damals schillernden Stern mittlerweile erheblich verblassen. Das liegt meiner Meinung nach aber keineswegs an mangelndem Talent, sondern vielmehr daran, dass Félix samt Management kaum nachvollziehbare Transferentscheidungen getroffen haben.
Der 25-jährige Offensivspieler kann die Defensivarbeit wahrlich nicht unbedingt zu seinen großen Stärken zählen. Zumindest macht es ihm nicht sonderlich viel Spaß. Er ist eher ein Filigrantechniker mit Drang zum gegnerischen Tor und lebt von seinem Spielwitz und der Freude mit dem Ball am Fuß etwas Besonderes zu kreieren. Dass er mit seinen Anlagen von Benfica Lissabon - wo er nebenbei erwähnt unfassbar gut funktionierte - zu Atlético Madrid wechselte, wo er unter Diego Simeone bekanntermaßen einen eher defensiv geprägten (Anti-)Fußball spielen und wahnsinnig viel Drecksarbeit verrichten muss, ist für mich nicht nur rückblickend ein kompletter Schuss in den Ofen. Diese Information hätte João Félix vielleicht besser auch von seinem Management erhalten sollen. Doch die Wechselfehler gingen weiter.
Auch der anschließende Gang in die ruppige und oft ungemütliche Premier League zu einem FC Chelsea, das in den letzten Jahren Spieler willkürlich und teils ohne Plan zu verpflichten schien, war nicht die cleverste Entscheidung von Félix und seinem Management. Das ständige Hin und Her der Leihen zwischen Chelsea, Atlético, dem FC Barcelona und der AC Mailand hat dem Angreifer nicht gutgetan. Zu viele Tapetenwechsel - zu wenig Konstanz. Félix braucht neue Sicherheit und die Gewissheit, seine Stärken ausspielen zu können. Und da kommt der FC Bayern ins Spiel.
Was der FC Bayern sucht, bekommt er mit Joao Felix als Gesamtpaket
Die Münchner sind schon seit geraumer Zeit auf der Suche nach einem geeigneten Backup für Star-Stürmer Harry Kane. Mit Mathys Tel, Thomas Müller und zuvor bereits Eric Maxim Choupo-Moting hat man sich an der Säbener Straße dazu entschieden, nicht oder nicht mehr auf diese Spieler zu setzen. Damit stellt sich die Frage, wer im Falle einer Kane-Verletzung die Position im Sturmzentrum bekleiden soll. João Félix wäre eine Option, den ich in dieser Rolle durchaus sehe. Zwar nicht in erster Linie, aber er hat das Potenzial, Kane zu vertreten, wenn Not am Mann ist oder der Engländer eine seiner eher seltenen Verschnaufpausen einlegen muss.
Darüber hinaus suchen die Bayern auch einen neuen Spieler für die linke offensive Außenbahn. Leroy Sané steht nicht mehr zur Verfügung und Kingsley Coman ist extrem verletzungsanfällig. Mit ihm kann man nicht über die Dauer einer gesamten Saison hinweg sicher planen. Auch Serge Gnabry ist nicht konstant gut genug, um sich als klare Nummer eins auf links anzubieten. Das Interesse an Félix-Landsmann Rafael Leão scheint mittlerweile erkaltet, die Themen Kaoru Mitoma und Cody Gakpo wurden zumindest öffentlich nie richtig warm und die ganz großen Wunschvorstellungen des FC Bayern um Spieler wie Nico Williams oder Bradley Barcola scheinen mittlerweile außerhalb der Münchner Reichweite zu liegen. Zumindest wenn sich keine komplette Kehrtwende ergibt dürfte der Rekordmeister da leer ausgehen.
Den Münchnern droht ein Szenario, bei dem sie am Ende mit leeren Händen oder peinlichen Notlösungen dastehen. Eine andere Möglichkeit wäre also, jetzt schon Félix ins Auge zu fassen. Er würde diese Position sicherlich neu beleben und dabei mit frischem Wind selbst wieder aufblühen. Gleiches gilt für die rechte Außenbahn, wenn Michael Olise einmal nicht zur Verfügung steht.
Auch mit Blick auf die Position hinter Harry Kane fehlen echte Alternativen. Was ist, wenn sich Superstar Jamal Musiala verletzt? Wer soll ihn dort ersetzen, jetzt, wo die bereits erwähnten Müller und Tel auch noch fehlen werden? Der Transfer von Florian Wirtz ging gehörig in die Lederhose. Wir bleiben dem roten Faden treu: Auch hier würde Félix dem FC Bayern unglaublich guttun!
Die Verpflichtung des Portugiesen würde aktuell unheimlich viel Sinn ergeben
Was mich bei diesem Thema zu solch selbstsicheren Behauptungen veranlasst, ist schnell erklärt. João Félix kann alle Positionen in der Offensive bekleiden, für die der FC Bayern noch Lösungen sucht. Bei dem extrem offensivlastigen Fußball, der unter Vincent Kompany gespielt wird, mit hohen Pressinglinien und zahlreichen Umschaltmomenten, die sich bereits in unmittelbarer Tornähe befinden, wäre der Portugiese eine echte Waffe der technischen Extraklasse mit Fähigkeiten als Vorbereiter und Vollstrecker Lösungen in engsten Räumen zu finden. Mit deutlich weniger Defensivaufgaben betraut, könnte sich Félix voller Spielfreude auf das konzentrieren, was ihn zu Beginn seiner Karriere so stark gemacht hat, und im rot-weißen Bayern-Trikot eine rasante Auferstehung erleben. Die körperliche Robustheit für den Bundesliga-Alltag hat er allemal und was er in der Premier League gelernt hat, kann er hier vielleicht gewinnbringend einbringen.
Hinzu kommt, dass der FC Chelsea seinen aus allen Nähten platzenden Kader gehörig ausmisten will. Félix soll einer der Spieler sein, die man an der Stamford Bridge scheinbar unbedingt loswerden will. Gerade mit Blick auf den doch recht überschaubaren Marktwert des Portugiesen dürfte Félix ein unfassbar guter Deal für die Münchner werden. Wenn das vermeintlich gescheiterte Jahrhundertalent keine zu abstrakten Gehaltsvorstellungen hat, könnte der FC Bayern sein Weg zurück in die Weltspitze sein. Und aus Sicht des FC Bayern: Was hat man jetzt noch groß zu verlieren mit all den schwindenden Wunschtransfers? Besser einen João Félix in der Hand, der die komplette Vorbereitung mitmacht, als die Notlösung womöglich erst am Deadline Day auf dem Dach.
Mit einem Zwinkern gesagt: Alles, was es jetzt braucht, ist, dass jemand Max Eberl diese Transfer-Idee flüstert, Félix sich einen derartigen Wechsel vorstellen kann und sein Management endlich einmal im Sinne des Spielers handelt. Das wird dann bestimmt auch besser als damals mit Philippe Coutinho.
Weitere FC Bayern-News lesen:
feed