Werder Bremen: Im Keller brennt noch Licht, denn einer gibt nicht auf!
Von Marc Knieper

Im Keller brennt noch Licht: Werder Bremen befindet sich nach schlechtem Re-Start endlich auf der lang ersehnten Siegerstraße - und das ganz ohne den häufig geforderten Trainerwechsel. Kritiker sowie Experten, die vor einigen Tagen noch die Entlassung von Cheftrainer Florian Kohfeldt forderten, rudern kleinlaut zurück.
Sieben Punkte aus drei Spielen - ein wahrer Lichtblick am Osterdeich. Trotzdem müssen die Bremern weiter ackern. Noch befindet man sich auf einem direkten Abstiegsplatz, den man mit einem Sieg im Nachholspiel gegen Eintracht Frankfurt am Mittwochabend allerdings verlassen könnte.
Viele Fans steckten den Kopf bereits in den Sand, doch der Klassenerhalt scheint wieder greifbar nah. Die Köpfe der Werder-Spieler sind frei. Mit dem 1:0-Erfolg auf Schalke tüteten die Werderaner das dritte Spiel ohne Gegentor in Folge ein. Das gab es zuletzt vor sechs Jahren! Grund dafür ist sicherlich die Breite des Kaders. Nach der Zwangspause kehrten viele Spieler zurück, die Verletztenliste schrumpfte enorm.
Dazu kommt, dass Kohfeldt sich endlich mehr zutraut. Der Übungsleiter scheut sich nicht vor harten Entscheidungen, setzt kurzerhand einen Davie Selke auf die Bank, baut auf die jungen Spieler wie Josh Sargent oder auch Marco Friedl. Wie aus dem Nichts darf gegen Gladbach Christian Groß von Beginn an auflaufen.
Werder und Kohfeldt beweisen es den Kritikern
Vereinslegende Rune Bratseth scheint sogar so überrascht, dass er seine Forderung nach einer Kohfeldt-Entlassung zurücknimmt: "Es war falsch, zu sagen, dass der Trainer gehen muss", so der Norweger im NDR-Sportclub.
#Werder-Legende Rune #Bratseth bereut inzwischen, dass er die Entlassung von Florian #Kohfeldt forderte. "Es war falsch, zu sagen, dass der Trainer gehen muss", erklärte der Norweger im NDR-Sportclub.https://t.co/gpKU2uleGw
— WK Flutlicht (@WK_Flutlicht) June 1, 2020
Vielen Kritikern wird nun bewusst, was Aufsichtsratschef Marco Bode schon lange betont: Florian Kohfeldt passt zu Werder - und zwar langfristig. Der 37-Jährige hat die Vereinsphilosophie verinnerlicht und lebt getreu dem Motto "Lebenslang grün-weiß". Immerhin ist er schon 19 Jahre Teil des SVW! Von 2001 bis 2009 als Spieler in der dritten Mannschaft, danach sämtliche Jahre als Co-Trainer unter Viktor Skripnik.
Seit November 2017 hat er als Chefcoach der Profis das Zepter in der Hand, führte die Bremer dabei schon einmal aus der Krise. Nun der positive Aufwärtstrend! Entgegen aller Kritiker scheint der Coach die Spieler zu erreichen. Die Mannschaft ist heiß, möchte jeden Ball, ist enorm zweikampfstark und übt ein wahnsinniges Pressing aus. In der ersten halben Stunde auf Schalke erinnerte die Ballbesitz-Statistik gar an den FC Barcelona.
Kohfeldt will und gibt alles für sein Team
Dass Kohfeldt menschlich super ist und als Trainer äußerst kompetent auftritt, steht außer Frage. Sein wohl wichtigstes Attribut (vor allem im Abstiegskampf) ist aber seine mentale Ausdauer. Kohfeldt gibt nicht auf, glaubt an sich und kann auch seine Jungs emotionalisieren. Mit enormen Kampfgeist und Biss trat zuletzt eine Bremer Mannschaft auf, die ihren Trainer schätzt und gar keinen anderen möchte. Kohfeldt ist unglaublich nah an der Mannschaft, agiert in den wichtigen Momenten aber trotzdem aus angebrachter Ferne.
Und wenn es nicht läuft, packt er auch gerne hier und da selber an. So übernahm er kurzerhand den Job des Standardtrainers und siehe da: Drei Spiele ohne Gegentor, die weiße Weste für Jiri Pavlenka. Der ohnehin starke Schlussmann der Bremer strotzt nur so vor Selbstvertrauen. Die Werder-Spieler sind sichtbar im Aufwind und das vor allem, weil einer zweifellos an sie glaubt und sich für den Verein und für die Stadt voll und ganz rein wirft.
Florian Kohfeldt ist ein Teil der Werder-Familie - und so muss es auch bleiben. Er hat immer an seine Jungs geglaubt und nun zahlen sie es ihm endlich zurück. Wie wichtig die Konstanz im Traineramt ist, zeigt Christian Streich beim SC Freiburg seit Jahren eindrucksvoll.