Verjüngungskur am Osterdeich: Wie jung ist Werder Bremen wirklich?

Werders Youngsters Josh Sargent (l.) und Jean Manuel Mbom (r.) dienen als Aushängeschild für die angebliche Verjüngungskur
Werders Youngsters Josh Sargent (l.) und Jean Manuel Mbom (r.) dienen als Aushängeschild für die angebliche Verjüngungskur / Oliver Hardt/Getty Images
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Tschüss Bargi, Bartels und Co: Der grundsätzliche Tenor nach der vergangenen Katastrophensaison schien beim SV Werder Bremen vorerst klar. Für sein langfristiges Ziel, erfrischenden Offensivfußball zu spielen, benötigt Cheftrainer Florian Kohfeldt ebenso frischen Wind und setzt dabei vor allem auf seine "jungen Wilden" - so zumindest die Annahme. Doch wie jung ist Werder wirklich?

Nachdem der Bremer Klassenerhalt im Sommer nur um ein Haar gesichert werden konnte, verließen mit Nuri Sahin, Fin Bartels, Martin Harnik, Sebastian Langkamp, Claudio Pizarro und Philipp Bargfrede gleich sechs "alte Racker" den Bundesligisten. Während der Umgang und spätere Abgang des ein oder anderen Akteurs berechtigterweise kritisiert wurde, haben die Bremer Verantwortlichen mit dieser Maßnahme keinesfalls alles falsch gemacht. Sechs Spieler mit einem Durchschnittsalter von satten 33,5 Jahren machten Platz für hungrige Kreativspieler wie etwa Jean Manuel Mbom, Romano Schmid oder auch United-Leihgabe Tahith Chong.

Die medial vielseits besprochene Verjüngungskur der Grün-Weißen ist somit eingeläutet. Während die letzten Jahre vor allem durch die Verpflichtungen sogenannter Soforthilfen à la Ömer Toprak aka. "Mister Dauerverletzt" oder auch Kurzleihen, wie zuletzt jene von Kevin Vogt geprägt waren, wolle man sich nun mehr und mehr der eigenen Jugend bedienen. Mit Blick auf Langfristigkeit und Entwicklungspotenzial sicherlich die richtige Entscheidung. Natürlich konnte auch ein Vogt der Mannschaft enorm helfen und hatte sicherlich erhebliche Anteile am Klassenerhalt. Das große Problem bleibt jedoch. Wenn ein solcher Kämpfer den Klub nach nur wenigen Spielen wieder verlässt, kann einfach keine starke, konstante, langfristig eingespielte Mannschaft entstehen. Genauso wenig, wenn alte Brocken wie Toprak 24/7 mit Muskelverletzungen, Faserrissen und Sehnenentzündungen auf der Couch liegen.

Das gegenteilige Paradebeispiel der Bremer Verjüngungskur: Werder-Oldie Toprak (31)
Das gegenteilige Paradebeispiel der Bremer Verjüngungskur: Werder-Oldie Toprak (31) / DeFodi Images/Getty Images

Die Verletzungen der bisherigen Saison verliefen recht glimpflich. Ein erneutes Verletztenchaos scheint nicht in Sicht. Sicherlich ein, aber nicht DER Grund, warum man an der Weser bis dato nicht über den Tabellenplatz meckern kann. Defensiv steht man stabil, offensiv hakt es allerdings noch gewaltig. Dennoch entführt man im Stile eines wahren Spaßverderbers der Liga wichtige Punkte gegen vermeintlich stärkere, überlegene Teams im Kampf um das Ziel des schnellen, zeitnahen Klassenerhalts.

Schluss mit der Verjüngungsmär!

Werder mit konstant guter Defensivleistung - ein erster Verdienst der angesprochenen Verjüngungskur? Nein - mit dieser Mär sollte Schluss sein! Die Kohfeldt-Elf ist längst nicht so jung, wie die Medien sie aussehen lässt. Ein junges Werder, welches auch im kommenden Spiel gegen die Bayern aufgrund seiner Unerfahrenheit nicht zurückzucken muss, gibt es schlichtweg nicht. Sofern die Begriffe "jung" und "erfahren" dann noch äquivalent benutzt werden, scheint einzig und allein Leihrückkehrer Mbom in dieses Raster zu fallen. Denn auch ein Sargent befindet sich als zwölffacher Nationalspieler der USA bereits in seiner dritten Bundesliga-Spielzeit.

12 Spiele, 5 Tore im Nationalhemd, 3 Saisons mit Werder: Sargent (20) ist zwar jung, aber sicher nicht mehr unerfahren
12 Spiele, 5 Tore im Nationalhemd, 3 Saisons mit Werder: Sargent (20) ist zwar jung, aber sicher nicht mehr unerfahren / TF-Images/Getty Images

Zugegeben ist der US-Boy mit 20 Jahren zwar noch jung, abgesehen von Mbom (20) und ihm sah die Altersstruktur der Bremer Startelf am vergangenen Spieltag gegen den 1. FC Köln allerdings wie folgt aus:

  • Pavlenka 30 (Jahre alt)
  • Selassie 33, Toprak 31, Moisander 35, Friedl 22
  • Groß 31, Eggestein 23
  • Rashica 24, Bittencourt 26

Das macht einen Altersdurchschnitt von 26,4 Jahren. Bereits gegen Frankfurt und Hoffenheim trat Werder ähnlich 'alt' auf. Unerfahren, jung und wild geht anders. Nach sieben Spieltagen liegt Werders Durchschnittsalter aller eigesetzten Spieler bei 25,86 Jahren. Hier von einer "jungen" Mannschaft zu sprechen, die Kohfeldt aufs Feld schickt, ist schlichtweg falsch. Der Abschied von Bargfrede, Bartels und Co. mauerte dennoch den Grundstein für die künftige Verjüngung des Teams. Spieler wie Moisander und Gebre Selassie dürften den Verein im Anschluss an diese Spielzeit verlassen. Die Verjüngungskur wurde im Sommer zwar angekurbelt, braucht allerdings noch eine gehörige Portion Zeit.

Werders Altersdurchschnitt im Überblick:

  1. vs. Hertha: 25,71 Jahre
  2. vs. Schalke: 25,31 Jahre
  3. vs. Bielefeld: 25,63 Jahre
  4. vs. Freiburg: 25,38 Jahre
  5. vs. Hoffenheim: 26,21 Jahre
  6. vs. Frankfurt: 26,33 Jahre
  7. vs. Köln: 26,43 Jahre