Tuchels Plan mit Timo Werner: Die Erfolgs-Mission beim FC Chelsea ist eng mit dem Nationalstürmer verknüpft

Thomas Tuchel gibt sich sehr optimistisch - und emotional
Thomas Tuchel gibt sich sehr optimistisch - und emotional / Sam Bagnall - AMA/Getty Images
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"Wir müssen das Team nach ganz oben bringen" - schätzt Thomas Tuchel seine Mission beim FC Chelsea realistisch ein. Ein Timo Werner in Topform würde dabei extrem helfen. Der neue Blues-Coach scheint mit dem Nationalspieler einen genauen Plan zu verfolgen - taktisch wie emotional.

Jetzt ist er da: Thomas Tuchel. Der deutsche Coach folgt beim FC Chelsea auf Klublegende Frank Lampard und will als erster Trainer seit José Mourinho länger als zwei Jahre durchhalten. Dazu muss er allerdings den allerhöchsten Ansprüchen von Klubboss Roman Arkadjewitsch Abramowitsch genügen, wie der Oligarch mit vollem Namen heißt.

"Hoffentlich gab es andere Gründe als nur meine Nationalität."

Tuchel über seinen Chelsea-Job

"Ich will Titel gewinnen. In diesem Verein geht es darum, Titel zu gewinnen", wusste auch Tuchel bei seiner Vorstellung. Was es dazu braucht? "Dafür müssen wir eine gewisse Atmosphäre erzeugen, innerhalb der Mannschaft sowie zwischen Mannschaft und Trainerteam. So dass auch die Fans etwas Besonderes spüren. Ich will, dass die Leute im Stadion glücklich sind, ich will, dass sie aufgeregt sind, dass sie spüren, dass wir Hunger auf Siege haben und keine Angst vorm Verlieren. Wir haben nichts zu verlieren, wir machen das, was wir lieben, wir spielen Fußball. Das soll jeder spüren", erklärte Tuchel emotional.

Ein Torjäger in Topform, der regelmäßig knipst, wäre auf der Titeljagd aber auch von großem Vorteil. Timo Werner ist das aktuell jedoch nicht. Der 53 Millionen Euro schwere Sommer-Einkauf wartet seit elf Premier-League-Spielen auf einen Treffer. Bei Tuchels Debüt, Torlos-Spiel Nummer zwölf, durfte der Nationalstürmer gar nicht erst ran. Und so kann sich aktuell auch (noch) nichts ändern an Werners mageren Chelsea-Bilanz: 28 Pflichtspiele, neun Tore.

All zu hoch hängen sollte man dessen Reservisten-Rolle bei Tuchels Debüt nicht. Schließlich sagte Tuchel selbst, nach erst einer Trainingseinheit mit dem Team sei es die unfairste Aufstellung seiner Karriere gewesen. "Es ist natürlich klar, dass Timo ein bisschen leidet und hadert. Ich glaube, er braucht jetzt einfach viel Zuspruch", gab sich der Blues-Coach empathisch. Schließlich seien "die Stürmer sensibel und brauchen Erfolgserlebnisse".

Tuchels Plan mit Timo Werner

Unter Vorgänger Frank Lampard schien Werner noch nicht perfekt ins Blues-Spiel integriert worden zu sein. Das lag vor allem an dessen Position. Lampard setzte ihn mal als alleinigen Mittelstürmer, mal als Linksaußen ein. Beides nicht die Parade-Positionen des 24-Jährigen. Tuchel scheint das richtig erkannt zu haben. Genau die Rolle dazwischen bringt Werners Stärken am besten zum Vorschein.

"Wir brauchen eine gute Position für ihn, dass er so ein bisschen zwischen dem linken Flügel und dem Mittelstürmer spielen kann und wir ihn dort in Geschwindigkeit hinter die letzte Linie bringen. Er braucht auch einfach wieder Zutrauen und ein Lächeln", so Tuchel.

Wie passt Werner ins Chelsea-System?

Die Frage aber bleibt, wie man diese Rolle im Chelsea-System am besten kreiert. Fast schon traditionell agieren die Blues mit drei Stürmern - zwei Außenstürmern und einem zentralen Angreifer. Für die Rolle im Zentrum stehen Tuchel Olivier Giroud und Tammy Abraham zur Verfügung - Typ Brecher. Auf den Außen tummeln sich die Kandidaten Hakiem Ziyech, Christian Pulisic und Callum Hudson-Odoi. Kai Havertz und Eigengewächs Mason Mount sind in der Rolle des Spielgestalters eingeplant.

Es würde also am ehesten auf die Position Linksaußen hinauslaufen für Werner. Dass Tuchel auf eine Doppelspitze setzt, ist eher unwahrscheinlich. Dann hätte er das Problem die Qualitäten von Ziyech, Pulisic und Hudson-Odoi nicht mehr uneingeschränkt nutzen zu können. Die Lösung könnte ein eher asymetrisches System sein: Werner nominell als Linksaußen, realtaktisch aber in einer Rolle ähnlich der in Leipzig, wo Werner meist zweiter Stürmer war, oftmals aber über die halblinke Seite kam.

Linksverteidiger Ben Chilwell hätte dann noch mehr Freiheiten im Spiel nach vorne. Für den 24-Jährigen zahlte Chelsea im Sommer ebenfalls gut 50 Millionen Euro. Auf der rechten Seite könnte César Azpilicueta seinen Stammplatz zurückerobern. Der Spanier stand beim Tuchel-Debüt gegen die Wolves in der Startelf und hat vor allem defensiv seine Qualitäten.

Eine andere Variante wäre ein System mit Dreierkette. So ließ Tuchel häufig auch bei PSG agieren und so stellte er in Durchgang zwei gegen die Wolves um. Am Mittwochabend noch in ein 3-4-2-1-System mit Havertz und Ziyech hinter Giroud. Möglich wäre künftig auch Giroud/Abraham mit Werner spielen zu lassen. Havertz oder Ziyech könnten dahinter auflaufen. Dann müsste einer der beiden auf die Bank, zudem hätten es Pulisic und Hudson-Odoi ebenfalls schwer (auch wenn vor allem Pulisic auch außen vor der Dreierkette spielen könnte).

Egal, wie Tuchel die Werner-Situation löst. Der Ausgangspunkt ist geschaffen. Mit dem Auftakt gegen die Wolves gab sich der neue Blues-Coach hochzufrieden. "Ich hatte nicht erwartet, dass wir nach einer Trainingseinheit und zwei Treffen auf diesem Level sind", frohlockte Tuchel, auch wenn das 0:0 am Ende doch eher ernüchternd war.

"Werde ich das schaffen? Ich weiß es nicht"

Den extrem hohen Ansprüchen an der Stamford Bridge ist sich Tuchel dabei mehr als bewusst: "Wir haben uns die Latte selbst sehr, sehr hoch gelegt. Das verlange ich von mir selbst. Wir müssen das Team nach ganz oben bringen, nicht weniger. Werde ich das schaffen? Ich weiß es nicht. Aber das ist das Ziel."

Mit einem Timo Werner in Paraderolle - und vor allem Toren am Fließband - könnte dieses Ziel leichter zu erreichen sein. Dazu braucht es aber "Taktikfuchs" Tuchel und einen selbstbewussten deutschen Torjäger!