Schalkes Trainersuche: Notlösung oder langfristige Planung?

Dimitrios Grammozis soll weiterhin ein S04-Kandidat sein
Dimitrios Grammozis soll weiterhin ein S04-Kandidat sein / Pool/Getty Images
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Nach dem Radikalschnitt vom Sonntag muss Schalke viele Positionen neu besetzen. Dabei eindeutig im Fokus, da auch kurzfristig benötigt: Ein neuer Trainer. So wird derzeit debattiert, ob vorerst bis zum Saisonende übernommen werden soll, oder direkt der Neustart mitsamt Schritt in die 2. Bundesliga mit dem dann gefundenen Coach gewagt wird.

Ein ruhiges Wochenende haben die Fans von Schalke 04 schon lange nicht mehr gehabt. Enttäuschungen, Frust, Niederlagen, Personalentscheidungen. Auch an diesem Sonntag war es mal wieder soweit, dieses Mal ein großer Schnitt: Trainer Christian Gross, Co-Trainer Rainer Widmayer, Sportvorstand Jochen Schneider, Teammanager Sascha Riether, Athletikchef Werner Leuthard - alle weg.

Allesamt Positionen, die neu besetzt werden müssen. Ein Vorgang, der vorerst interimsmäßig durchgeführt wird. Gerald Asamoah soll Riether ersetzen, Peter Knäbel wird das Tagesgeschäft von Schneider übernehmen, Mike Büskens und Norbert Elgert übernehmen derzeit die Kaderplanung für die nächste Saison. Alles bis auf Weiteres. Die größte, da öffentlichste Personalie ist aber noch völlig offen - die des Trainers.

Mike Büskens möchte den Interimscoach offenbar nicht geben
Mike Büskens möchte den Interimscoach offenbar nicht geben / Christof Koepsel/Getty Images

Am Freitagabend schon wartet das Kellerduell zwischen Schalke und Mainz 05, die am Sonntag und gar nicht allzu viele Wochen nach ihrem radikalen Schnitt im Dezember, auf den 15. Tabellenplatz hätten springen können. Zwei Vereine, die sich durch die jeweils getroffenen Entscheidungen auch kurzfristig in eine andere Richtung entwickelt haben. Die Frage, die sich im Hinblick auf dieses nächste Spiel stellt: Übernimmt beim S04 auch jemand als Coach nur interimsmäßig, um den zu erwartenden Abstieg zu moderieren, oder kommt es direkt zur langfristigen Lösung?

Interne Überlegungen: Interimstrainer vs. vorgezogener Neustart

Laut kicker reift intern derzeit die Überlegung, schon jetzt den Trainer zu installieren, der dann auch zur neuen Saison die Mission Wiederaufstieg übernehmen soll. Würde heißen: Coach X übernimmt schon jetzt, begleitet die Mannschaft den Rest der Saison lang, steigt mit dem Klub ab und arbeitet von dort an an der Rückkehr in die 1. Bundesliga. Alleine schon dieses Gedankenspiel setzt allerdings voraus, dass ein etwaiger Kandidat für diesen Plan auch schon jetzt und nicht erst in zwei, drei Monaten zu haben wäre.

Dem Magazin zufolge erneut oder immer noch ein Kandidat: Dimitrios Grammozis, der bis zum vergangenen Sommer bei Darmstadt 98 tätig war und seitdem ohne Trainerposten ist. Schon rund um die Verpflichtungen von Manuel Baum und Gross war sein Name immer wieder ein Thema, sodass davon auszugehen ist, dass die Verantwortlichen erneut an ihn denken oder gar Gespräche führen.

Dimitrios Grammozis scheint bei den S04-Überlegungen eine Rolle zu spielen
Dimitrios Grammozis scheint bei den S04-Überlegungen eine Rolle zu spielen / Pool/Getty Images

Sollte man sich dazu entscheiden, den Trainer, mit dem man mittel- und langfristig Erfolg haben möchte, doch erst im Sommer zu holen, gilt Steffen Baumgart weiterhin als Kandidat. Sein Vertrag beim SC Paderborn läuft aus, Mitte März soll es jedoch zu ersten Gesprächen kommen. Der SCP dürfte klar daran interessiert sein, die gemeinsame Arbeit mit dem 49-Jährigen fortzusetzen. Bei Königsblau schätzt man, er würde mit seiner emotionalen und offenen Art gut zum Klub passen.

Neu in den Ring geworfen wird Michael Boris. Für anderthalb Jahre hatte er vor zehn Jahren die zweite Mannschaft der Schalker trainiert, seit dem Sommer 2019 steht er bei MTK Budapest an der Seitenlinie - und das sehr erfolgreich. Erst folgte zur laufenden Saison der Aufstieg in die erste Liga, derzeit steht der 45-Jährige aus Bottrop sogar auf dem 4. Platz. Dank einer Ausstiegsklausel dürfte er den Klub im Sommer verlassen, wodurch er zu den Knappen zurückkehren und eine große Herausforderung annehmen könnte.

Am Sonntagabend berichteten Teilnehmer eines Clubhouse-Talks sogar, dass Peter Neururer - Teilnehmer des Themas "Nachspielzeit" - erklärte, er sei in Gesprächen mit Schalke und könne dementsprechend nichts weiter darüber sagen. Allerdings betonte er auch, dass es eben nur Gespräche und keine Verhandlungen o.ä. seien. Ob ein Scherz, der ziemlich ernst gemeint rüberkam, oder Realität - auch anhand eines Mitschnittes schwer zu sagen. Auszuschließen wäre aber selbst das nicht, wie man Schalke über die letzten Monate kennengelernt hat.


Auf Messers Schneide - Schalke braucht auf der Trainerposition den genau richtigen Weg

Die Entscheidung, die Schalke nun auf der Trainerposition - neben vielen anderen - treffen muss, ist von größter Bedeutung und keinesfalls zu unterschätzen. Es ist alles andere als die simple Frage, ob der sozusagen richtige neue Coach schon jetzt, oder erst im Sommer kommt. Von der Antwort auf diese Frage hängt es möglicherweise schon ab, wie erfolgreich die nächste Spielzeit wird.

Und das in erster Instanz sogar unabhängig von den bisher ins Rennen gebrachten Namen. Entscheidet man sich dazu, dass der Trainer für die nächste Saison schon jetzt anfängt, droht er mit den noch offenen Spielen und dem Stempel des Abstiegs - wenngleich auch ohne nennenswertes Zutun - zu verbrennen. Zuallererst bei den Spielern, wo es aber nicht so schlimm wäre, da Dreiviertel des Kaders beim anvisierten Neustart in Liga Zwei ohnehin nicht mehr dabei wäre. Aber auch für die Anhänger und die Öffentlichkeit, je nachdem, wie sich derjenige dann gibt, wie er aufstellt, wechselt und spielen lassen möchte.

Archiv: Aufsichtsrats-Vorsitzender Dr. Jens Buchta (neben Tönnies)
Archiv: Aufsichtsrats-Vorsitzender Dr. Jens Buchta (neben Tönnies) / Pool/Getty Images

Die sicherere Variante scheint es daher zu sein, jemanden zu finden, der sich den Stempel als Abstiegs-Verwalter im Sinne des Vereins aufdrücken lässt, sich die verbleibenden elf Spiele an die Seitenlinie stellt und die Saison zu Ende verwaltet. Ein extrem undankbarer, aber vermutlich notwendiger Job, um einen möglichst ruhigen und unverbrannten Start im Sommer gewährleisten zu können. Zumal es in Richtung Sommer wohl noch den ein oder anderen Trainerkandidaten mehr geben dürfte, als inmitten der noch laufenden Spielzeit.

Viel wichtiger wäre es, wenn man schon über den Trainerposten spricht, dass man zumindest intern schon mit einem neuen Sportvorstand planen kann. Interimslösungen schön und gut, doch sollte kein Aufsichtsrat den neuen Coach aussuchen. Das obliegt dem dann eingestellten Vorstand, bestenfalls in Absprache mit dem bereits ausgewählten Sportdirektor. Ob Knäbel auch langfristig übernehmen wird - gut denkbar. So oder so ist es für den S04 zu hoffen, dass diese so wichtigen Entscheidungen auch durch die (dann) neuen Leute getroffen werden, die für diese auch zuständig sind.