Rocco Reitz im Exklusiv-Interview: "Ich weiß, was es wert ist, diese Chance zu haben!"

Rocco Reitz gab in der laufenden Saison sein Debüt für die Profis der Borussia
Rocco Reitz gab in der laufenden Saison sein Debüt für die Profis der Borussia / Christof Koepsel/Getty Images
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Im vergangenen Sommer zog Trainer Marco Rose mit Rocco Reitz ein Talent zu den Profis der Borussia hoch, das in den folgenden Vorbereitungsspielen sofort auf sich aufmerksam machte. Völlig verdient kam der 18-Jährige Reitz am fünften Spieltag der laufenden Saison sogar zu seinem Bundesliga-Debüt, doch zuletzt musste er wegen einer Verletzung kürzer treten.

Im Exklusiv-Gespräch mit 90min zeigte sich der Mittelfeldspieler jedoch zuversichtlich, bald wieder auf dem Platz stehen zu können. Zudem gab er einen Einblick in seinen bisherigen Weg bei der Borussia und wie er es schafft, sich selbst nicht zu stark unter Druck zu setzen.

Ein Traumpass auf Patrick Herrmann, ein fast baugleiches Kunstwerk auf Stevie Lainer, ein edler Lupfer auf Breel Embolo - Rocco Reitz bewies in gleich drei Vorbereitungsspielen des Sommers 2020, dass die Borussia ihn zurecht direkt aus der U19 in den Profikader beförderte. Dabei waren diese drei Torvorlagen nur der offensichtlichste Beleg für insgesamt erstaunlich abgeklärte Auftritte des Youngsters im zentralen Mittelfeld.

Für uns waren diese Pässe Grund genug, Reitz mit dem treffenden Begriff "Adlerauge" zu versehen. "Der Spitzname ist völlig in Ordnung. Obwohl bei den langen Bällen auch der Wind mithalf", zeigte sich Reitz locker und bescheiden zugleich.

Ohnehin präsentierte sich der 18-Jährige als wohltuend reflektiert und bodenständig. Attribute, die ihm auf seinem langen Weg bei der Borussia von Vorteil waren und sind.

Die Borussia als zweite Heimat - Reitz weiß um seine Chance

Bereits seit seinem siebten Lebensjahr arbeitete Reitz auf eine Karriere als Gladbacher Profi hin und durchlief bis zum vergangenen Sommer alle Jugendmannschaften der Borussia. "Die Borussia ist für mich ein zweites Zuhause. Nach all den Jahren kenne ich hier alle Mitarbeiter und liebe diesen Verein", fühlt sich Reitz sichtlich wohl in Gladbach.

Sein plötzlicher Sprung zur ersten Mannschaft wurde von Trainer Marco Rose schlicht mit der Qualität des Spielers erklärt. "Er bringt schon ein Paket mit, was richtig gut ist und wo viel dabei ist. Er ist spielschlau, er versteht das Spiel, das sieht man. Er ist technisch sehr ordentlich und ist bereit, Meter zu machen, gegen den Ball zu arbeiten und Zweikämpfe zu suchen", so Rose im vergangenen Sommer (Quelle: fohlen-hautnah.de).

Auch nachdem Reitz dann am fünften Spieltag der laufenden Saison in Mainz sein Bundesliga-Debüt feierte, gab es warme Worte vom Coach. "Der Junge war sehr präsent, so wie ich das von ihm erwartet habe und so wie er es bis hierhin auch im Training gezeigt hat seit Sommer. Er hat Bälle gefordert und hat auch ganz gute Bälle nach vorne gespielt. Er hat mitgearbeitet, gerackert. Wir werden ihn nach und nach an das Tempo in der Bundesliga gewöhnen, aber es war ein sehr gutes Bundesliga-Debüt von Rocco", lobte Rose auf der Pressekonferenz nach dem 3:2-Auswärtssieg in Mainz.

Doch bekommt Reitz von seinem Trainer keineswegs eine Sonderbehandlung. "Das Verhältnis der gesamten Mannschaft zum Trainer ist herausragend. Da gibt es keine Ausnahmen, das hat mich echt beeindruckt, als ich dazu gekommen bin", stellte Reitz klar und verwies darauf, dass er besonders Christoph Kramer ("wegen der Position") und Lars Stindl ("weil er unser Kapitän ist") als immer zur Seite stehende Ansprechpartner innerhalb des Teams schätzen gelernt hat.

Der Lohn für den Einsatz in Mainz: Reitz durfte als 26. Spieler sein Debüt-Trikot in den Kabinengang des Borussia-Parks hängen - eine Ehre, die jedem Eigengewächs zuteil wird, welches den Sprung in die Bundesliga schafft. Diesen Meilenstein wird ihm niemand mehr nehmen können.

"Ich weiß, was es wert ist, diese Chance zu haben und ich will sie nutzen."

Rocco Reitz im 90min-Gespräch

Zuletzt musste sich Reitz mit einer Schambeinentzündung plagen, die ihn für mehrere Wochen außer Gefecht setzte. Bald jedoch will der junge Mann wieder angreifen, auch wenn man selbstredend kein Risiko eingehen will.

"Mir geht es gut. Ich habe die Verletzung soweit auskuriert, aber natürlich kontrollieren wir das täglich. Bislang verlief alles optimal und ich konnte auch schon wieder Teile des Mannschaftstrainings mitmachen", gab sich Reitz optimistisch, bald wieder in das Geschehen eingreifen zu können.

Doch besonders in der Zentrale ist die Konkurrenz in dieser Saison so groß wie nie. Für Reitz ist dies jedoch eher ein Ansporn, denn eine Bürde. "Es pusht einen unglaublich, sich in jedem Training etwas abschauen zu können. Ich setze mich dabei aber nicht zu sehr unter Druck. Man darf nicht vergessen, dass ich mich momentan hinter einem Schweizer Nationalspieler, einem deutschen Nationalspieler und einem Weltmeister einreihen muss", schätzte Reitz seine Rolle neben Denis Zakaria, Florian Neuhaus und Christoph Kramer realistisch ein.

Dabei hilft es dem aufstrebenden Spieler, dass er bereits in jungen Jahren verstand, worauf es in seinem Beruf ankommt. "Die Leistungsdichte ist enorm, die Luft ganz oben ist extrem dünn. Du musst dich voll auf das konzentrieren, was dich weiterbringt. Du musst dich jeden Tag möglichst professionell verhalten. Ich weiß, was es wert ist, diese Chance zu haben und ich will sie nutzen", ließ Reitz erkennen, dass er gewillt ist, die nötigen Opfer zu bringen, um seinen Traum zu verwirklichen.

Abstecher als Kommentator - Vergleiche sind unangebracht

Aufgrund seiner Verletzungspause hatte Reitz am 15. Spieltag der laufenden Saison die Gelegenheit, nach seiner jahrelangen Konzentration auf seine Entwicklung als Spieler, für kurze Zeit die Rollen zu tauschen - den 3:2-Heimsieg der Borussia gegen den FC Bayern erlebte Reitz als Co-Kommentator von Christian Straßburger für das Fohlenradio. "Das hat mega Spaß gemacht. Die Analyse vor der Partie zu machen und dann dieses Spiel mit zu kommentieren war unfassbar. Natürlich hätte ich aber lieber auf dem Feld gestanden", gefiel sich Reitz zwar in der Rolle des Beobachters, seine erfrischenden Jubel-Arien werden mittlerweile scherzhaft unter seinen Instagram-Posts platziert, doch verständlicherweise geht nichts über eigene Einsätze auf dem Platz.

Doch als welcher Spielertyp genau will Reitz sich im Gladbacher Mittelfeld durchsetzen? Vergleiche mit Stars will er dabei nicht geltend machen. "Ich will mich da nicht festlegen, ich bin sehr vielseitig. Außerdem befinde ich mich noch in der Entwicklung. Spieler wie Thiago oder Joshua Kimmich haben schon Unglaubliches geleistet und erreicht. Es bringt mir jedoch nichts, mich mit ihnen gleichzustellen", ordnete Reitz erneut sehr reflektiert seinen Entwicklungsstand ein.

In erster Linie geht es dem Jung-Profi darum, seinen Weg in aller Ruhe weiterzugehen. Große Unterstützung erhält er dabei nicht nur von seinem aktuellen Trainer. "Ein großer Dank gilt vor allem meiner Familie, die mich immer unterstützt hat. Auch bin ich allen bisherigen Trainern, Mitspielern und Mitarbeitern dankbar, die mich auf meinem Weg begleitet haben", eine Sache steht für ihn allerdings noch aus.

"Wenn ich bald noch vor den eigenen Fans auflaufen kann, wäre das natürlich klasse", freut sich Rocco Reitz auf hoffentlich bald in den Borussia-Park zurückkehrende Zuschauer. Sehr wahrscheinlich werden sich die Fans auch auf ihn freuen.