Mängel in Abwehr und Angriff: Der FC Bayern wird auch von Borussia Mönchengladbach entschlüsselt

Ein Symbolbild: Die Außenbahnspieler des FC Bayern wurden permanent von Borussia Mönchengladbach gedoppelt
Ein Symbolbild: Die Außenbahnspieler des FC Bayern wurden permanent von Borussia Mönchengladbach gedoppelt / Lars Baron/Getty Images
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In den vergangenen acht Bundesligaspielen hat der FC Bayern einen Rückstand gedreht, am Freitagabend verspielte der Rekordmeister jedoch eine Führung. Nicht erst die 2:3-Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach hat aufgezeigt, dass die Gegner das gehemmte Bayern-Spiel in dieser Saison entschlüsselt haben. Das könnte sich auch in den kommenden Partien widerspiegeln.

Vor dem Gastspiel des FC Bayern bei Borussia Mönchengladbach war es fast neun Jahre her, dass der Rekordmeister eine 2:0-Führung in der Fremde verspielt hatte. Am fünften Februar 2011 gingen die Münchner gegen den 1. FC Köln mit zwei Toren Vorsprung in die Halbzeitpause, nach dem Seitenwechsel drehten die Geißböcke jedoch auf und stellten das Spiel dank der Treffer von Christian Clemens und Milivoje Novakovic auf den Kopf.

FC Bayern: Keine Tiefe, keine Gefahr

Am Freitagabend ließ die Mannschaft von Hansi Flick erneut zu, dass eine komfortable Führung aus den Händen gegeben wurde. Verwunderlich war das ob der mutigen Herangehensweise der Gladbacher allerdings nicht wirklich. Bereits von Beginn an, zunächst in einem 4-3-3, liefen die Fohlen hoch an und stellten die Außenbahnen mit zwei Spielern zu, sodass die Bayern einerseits nicht in Ruhe aufbauen konnten und andererseits keine Tiefe auf den Flügeln fanden.

Chancen ergaben sich wenige, am gefährlichsten waren die Münchner nach Balleroberungen: Wie beim 1:0, als ein Abstoß hoch zugestellt wurde und Florian Neuhaus einen Pass von Alphonso Davies im Strafraum mit der Hand berührte; genauso wie beim 2:0, als Leon Goretzka einen spieleröffnenden Pass von Matthias Ginter abfing, einen schnellen Doppelpass mit Leroy Sané spielte und ohne Gegnerdruck den Ball im langen Toreck unterbrachte.

Führte den FC Bayern auf die scheinbar sichere Siegerstraße: Leon Goretzka
Führte den FC Bayern auf die scheinbar sichere Siegerstraße: Leon Goretzka / Lars Baron/Getty Images

Abseits davon fiel den Bayern das gesamte Spiel über aber wenig ein, da auf den Flügeln die Unterstützung der Außenverteidiger gefehlt hat, Thomas Müller und Robert Lewandowski im Zentrum sich nicht frei- und in die Tiefe spielen konnten und die parallele Doppelsechs um Goretzka und Joshua Kimmich deutlich weniger Gefahr versprühte, da Goretzkas Tiefenläufe und Dynamik völlig fehlten.

Jonas Hofmann zeigt die Schwachpunkte des FC Bayern auf

Das laufintensive Spiel der Gladbacher Gastgeber, die im Laufe der ersten Halbzeit auf ein flaches 4-4-2 gegen den Ball umgestellt haben, ist anspruchsvoll, hat sich allerdings ausgezahlt. Über die kompletten 90 Minuten verteidigte die Elf von Marco Rose kompakt und verschob diszipliniert, zudem attackierte die Borussia den Münchner Aufbau nach jedem Gegentor ein Stück höher und erzwang so Fehler im Spielaufbau der Bayern, die mit dem nötigen Mut zum Risiko konsequent ausgenutzt wurden.

Noch in der ersten Halbzeit blieb Jonas Hofmann in zwei Eins-gegen-eins-Situationen gegen Manuel Neuer eiskalt
Noch in der ersten Halbzeit blieb Jonas Hofmann in zwei Eins-gegen-eins-Situationen gegen Manuel Neuer eiskalt / Lars Baron/Getty Images

Wie schon die TSG Hoffenheim, RB Leipzig und Mainz 05 hat auch Gladbach aufgezeigt, wie man den Bayern nach Ballverlusten wehtun kann: Indem nach Balleroberungen sofort die Tiefe gesucht wird, da die hohe Abwehrlinie viele Räume bietet. Bei seinen beiden Toren vor der Halbzeitpause schaltete Jonas Hofmann jeweils schnell um: Vor dem 1:2 bot er Ramy Bensebaini eine Anspielstation, leitete den Ball mit einem Kontakt zu Florian Neuhaus weiter und startete mit einem Diagonallauf in den Strafraum durch; beim Ausgleichstreffer setzte er bereits in dem Moment, in dem Lars Stindl den Ball gegen Joshua Kimmich eroberte, zum Tiefenlauf an und profitierte davon, dass die Abseitsfalle von Niklas Süle und David Alaba nicht aufging.

Harmloses Flankengewitter

Im 4-3-3 fehlte Gladbach die Breite im Angriff, nach der Umstellung auf 4-4-2 fanden Hofmann und Denis Zakaria die Räume hinter den Außenverteidigern jedoch immer häufiger. Wieder einmal wurde deutlich, wo die Schwachpunkte des hochriskanten Bayern-Spiels gegen den Ball liegen und woran Hansi Flick bei eigenem Ballbesitz arbeiten muss: Wird seiner Mannschaft keine Tiefe angeboten, erstickt die spielerische Klasse und Kreativität im Keim des Gegners.

Läuft es nicht wie erhofft, probieren es die Münchner mit Flanken - wirklich gefährlich sind diese aber nicht. Alleine im Borussia-Park wurden 31 Hereingaben von der Außenbahn ins Zentrum geschlagen, hinzu kommen 8 harmlose Eckbälle. Angesichts von 46 erzielten Toren mag es paradox erscheinen, aber gegen tiefe und kompakt verteidigende Mannschaften haben die Münchner in der Torchancenerarbeitung große Schwierigkeiten.

Für große taktische Umstellungen fehlt Hansi Flick die Zeit - doch so wie aktuell kann es nicht auf Dauer weitergehen
Für große taktische Umstellungen fehlt Hansi Flick die Zeit - doch so wie aktuell kann es nicht auf Dauer weitergehen / Lars Baron/Getty Images

Die Gegner erhalten immer mehr Anschauungsmaterial, wie man den Bayern auf den Zahn fühlen kann. Für Flick und die Seinen bedeutet dies, dass die wenigen taktischen Trainingseinheiten umso wichtiger sind. Es gilt, Lösungen für Abwehr und Angriff zu finden. Gelingt diese schwere Aufgabe nicht, droht ein ungemütlicher Jahresbeginn.