Kimmich & Goretzka - Zurecht unantastbar im Bayern-Mittelfeld?

Kimmich und Goretzka gelten als unantastbar
Kimmich und Goretzka gelten als unantastbar / GUENTER SCHIFFMANN/GettyImages
facebooktwitterreddit

Die Doppel-Sechs des FC Bayern besteht aus Joshua Kimmich und Leon Goretzka. Seit dem Abgang von Thiago gab es daran nie etwas zu rütteln. Die beiden entwickelten sich unter Hansi Flick zu den Mittelfeld-Leitwölfen und erschafften sich einen Status der Unantastbarkeit. Doch tragen sie diesen Status überhaupt noch zurecht?


Das zentrale Mittelfeld entscheidet nicht selten über Wohl und Wehe eines Vereins. In unzähligen Spielen haben Joshua Kimmich und Leon Goretzka den FC Bayern schon zu wichtigen Siegen geführt. Das Duo versteht sich privat sehr gut und zieht auch im Spiel stets an einem Strang. Kimmich glänzt mit seinem Passspiel, seiner Mentalität und seiner Kreativität, wohingegen Goretzka eher als athletischer und zweikampfstarker Akteur gilt, der auf seinen Ausflügen nach vorne auch selbst gefährlich werden kann. Auf dem Papier ergänzen sich die beiden prinzipiell recht gut.

Erste Zweifel an der Doppelsechs der Bayern gab es dann jedoch im Verlaufe der Hinrunde. Nachdem Marcel Sabitzer für Goretzka Platz machen musste, geriert das Münchner Spiel ein Stück weit in Schieflage. Während Sabitzer Kimmich den Rücken freihielt und dieser sich ideal entfalten konnte, kam mit Goretzka natürlich ein anderer Spielertyp in die Startelf.

In der Regel ist es schließlich der Ex-Schalker, der die Achterrolle übernimmt und die Wege nach vorne machen soll. Die Aufgabe von Kimmich liegt dann vor allem darin, das Spiel aus dem Zentrum zu lenken und gleichzeitig als Absicherung präsent zu sein. Diesem Job kam er jedoch phasenweise nicht ausreichend nach, weshalb es von vielen Seiten Kritik nach dem Motto "Kimmich turnt überall rum, nur nicht da, wo er gebraucht wird" regnete.

Im zweiten Teil der Hinrunde positionierte sich der Mittelfeld-Leader aber besser, wodurch die Abstimmung mit Goretzka wieder funktionierte.

Ist Kimmich für die Bayern verzichtbar?

Beim Spiel gegen RB Leipzig und auch bei der WM lag es auch nicht unbedingt an der Abstimmung, dass die Leistungen des Mittelfeld-Duos nicht auf dem Höhepunkt waren. Vielmehr gilt es, die Unzulänglichkeiten im individuellen Bereich zu suchen. Kimmich neigt dazu, sich nach Zweikämpfen auch in brenzligen Situationen fallen zu lassen. Fährt der Schiedsrichter dann eine großzügige Linie, können solche Aktionen schnell nach hinten losgehen.

So geschehen gegen Leipzig, als er zudem davor die Chance hatte, den Ball klar zu klären. Neben dem Gegentor machte Kimmich auch sonst nicht den stärksten Eindruck und hatte das Mittelfeld nicht so im Griff, wie man das von ihm gewohnt ist. Können wir hier schon von einem "Loch" reden, in das der 27-Jährige nach der WM gefallen ist? Dafür ist es natürlich zu früh. Die Bayern-Verantwortlichen bescheinigten dem Spieler eine ganz starke Performance im Trainingslager und Kimmich macht auch nicht den Eindruck, als hätte das WM-Aus zu große Narben hinterlassen.

Letztlich sei gesagt, dass vieles, was an Kimmich kritisiert wurde und wird, Meckern auf hohem Niveau ist. Kimmich gilt als einer der stärksten zentralen Mittelfeldspieler der Welt und hat auch den Anspruch an sich selbst, zu diesem erlesenen Kreis zu gehören.

Ist der Mittelfeldspieler für den FC Bayern aber unverzichtbar? Stand jetzt, muss man diese Frage mit einem "Ja" beantworten. Kein anderer Münchner Mittelfeldspieler ist so stark im Passspiel und kann ein Spiel aus dem Zentrum dirigieren und eröffnen. Mit seiner Spielintelligenz, Energie und Kreativität auf dem Platz, bietet er für die Bayern immer ein Mehrwert. Gewisse Schwächen in athletischer Natur bringt er definitiv mit, die sich auch nicht allesamt mit Einsatz und Mentalität wettmachen lassen.

Doch welchen perfekten zentralen Mittelfeldspieler gibt es schon auf der Welt - und vor allem welcher ist davon bezahlbar? Die Suche nach einem solchen Spieler wäre vergebens.

Hat Goretzka seinen Stammplatz zurecht?

Demnach ist in Summe klar: Kimmich ist trotz so mancher Schwäche für den FC Bayern unverzichtbar und sollte auch in Zukunft gesetzt sein. Doch wie sieht es eigentlich mit Leon Goretzka aus?

Als großer, athletischer und dynamischer Spieler, stellt er einen Gegenpol zu Kimmich da. Leider tut er das mitunter auch in Sachen Passspiel und Kreativität. Diese beiden Aspekte gehören nicht zu den Stärken von Goretzka. Es war schon immer ein Problem, dass der FC Bayern, der gewohntermaßen viel Ballbesitz hat, mit Goretzka einen Spieler im Zentrum hat, der mit der Kugel nicht so wahnsinnig gut umgehen kann. Für schnelles Kurzpassspiel im Mittelfeld ist der 27-Jährige nicht der richtige Mann und auch präzise lange Bälle und Verlagerungs-Pässe sieht man etwas zu selten. Goretzka ist mit seinem Arbeitseinsatz, seiner Laufstärke und Zweikampfhärte ein wichtiger Mann, aber reicht das auf Dauer aus?

Ein Achter muss schließlich auch eine offensive Komponente mitbringen. Fähigkeiten im Eins-gegen-Eins oder tödliche Pässe gehören seinem Skill-Set nicht an, dafür aber ein guter Schuss und eine gewisse Kopfballstärke. Für Goretzka ist es wichtig, sich seine Torgefahr zu bewahren. In der laufenden Saison kommt er auf fünf Pflichtspiel-Treffer, was schon ganz gut ist.

Kann Laimer eine Verstärkung gegenüber Goretzka darstellen?

Goretzka hat mit Sicherheit seine Berechtigung in der Startelf. Um unantastbar zu sein, reicht sein Skill-Set aber nicht aus. Dem FC Bayern würde durchaus ein Mittelfeldspieler gut tun, der ein wenig mehr "Zauber" reinbringt, wie es Thiago gemacht hat. Dieser sollte kombinieren können und auch mal mit Dynamik und Technik mehrere Leute im Mittelfeld stehen lassen. Das gelingt einem Goretzka nicht wirklich.

Ein Frenkie de Jong würde diese Materie beherrschen, jedoch ist dieser dafür weniger robust und schwächer im Zweikampf. Gewisse Abstriche muss man eben immer hinnehmen. Aus den eigenen Reihen wäre Musiala noch ein Spielertyp, der die Fähigkeiten mitbringt, mit Ball am Fuß durchs Mittelfeld zu dribbeln und im Zusammenspiel glänzen kann. Demnach könnte man durchaus die Überlegung anstreben, Musiala von der Zehn auf die Acht zu verfrachten. Goretzka, Kimmich und Musiala würden sich jedenfalls stark ergänzen.

Dass Laimer die Qualität hat, Goretzka zu ersetzen und gemeinsam mit Kimmich ein noch stärkeres Duo zu bilden, darf bezweifelt werden. Der Österreicher ist ein ähnlicher Typ, der athletisch zwar einen Ticken stärker ist, dafür aber im Umgang mit dem Ball und bei seinen Offensiv-Fähigkeiten schwächer ist.

Wichtig wäre es jedoch, dem Leipziger, wenn man ihn schon holt, auch eine Chance zu geben und auch Ryan Gravenberch weiter zu fördern. Die Bayern dürfen sich nicht zu sehr darauf versteifen, für alle Ewigkeit mit Kimmich und Goretzka zu spielen. Unter anderem hat auch die WM gezeigt, dass man mit Kimmich und Goretzka auch schnell ausscheiden kann. Es gibt durchaus Mittelfeldspieler, die stärker sind als Goretzka oder es in Zukunft mal werden können.

Mit Gravenberch hat man ein Top-Talent in den eigenen Reihen, das auch einen Weg in die Startelf aufgezeigt bekommen soll. Die Münchner wissen, was sie an Kimmich und Goretzka haben, jedoch sollten diese stets herausgefordert werden.


Alles zum FC Bayern bei 90min: