Ist Manchester United plötzlich ein Titelkandidat?

David de Gea bejubelt den Siegtreffer gegen Wolverhampton.
David de Gea bejubelt den Siegtreffer gegen Wolverhampton. / Laurence Griffiths/Getty Images
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Nach dem Sieg über die Wolverhampton Wanderers steht Manchester United in der Premier League auf dem zweiten Tabellenplatz und ist nah dran am Spitzenreiter FC Liverpool. Sind die Red Devils nun also plötzlich ein Titelkandidat? Es gibt Argumente für und gegen diese Behauptung. In Manchester selbst tritt man erstmal auf die Euphoriebremse.

Als "ein bisschen Glücklich" bezeichnete Manchester Uniteds Trainer Ole Gunnar Solskjaer den Sieg seiner Mannschaft am Dienstagabend gegen Wolverhampton, als Marcus Rashford erst in der Nachspielzeit der 1:0-Siegtreffer gelang: "Aber das passiert, wenn man Teams unter Druck setzt." Generell ist Solskjaer mit der Entwicklung seiner Mannschaft im Jahr 2020 zufrieden: "Das Jahr war positiv mit Blick auf die Resultate. Ich denke die Spielweise hat sich ebenfalls verbessert. Wir entwickeln eine Gruppe, die physisch und mental mehr bereit ist, in der Tabelle nach oben zu kommen."

Solskjaer bremst die Euphorie

Mit dem Last-Minute-Erfolg sind die Red Devils jetzt bereits auf dem zweiten Tabellenplatz, nur zwei Zähler hinter Spitzenreiter Liverpool. Ist Manchester United jetzt also schon ein Titelkandidat? "Wir konzentrieren uns nur auf das nächste Spiel", bremste Solskjaer aus (via manutd.com): "Ich bin sehr, sehr langweilig, aber wir können nicht zu weit voraus denken. Wir haben aktuell eine gute Position, aber wir sind nicht einmal halb durch. Es ist ein sehr weiter weg zu gehen."

Ole Gunnar Solskjaer.
Ole Gunnar Solskjaer. / Sam Bagnall - AMA/Getty Images

Der Norweger tut gut daran, die mögliche Euphorie sofort zu ersticken. Es ist noch nicht so lange her, da hat Manchester United von Tottenham 1:6 auf den Deckel bekommen, kurz darauf gegen Arsenal und Basaksehir verloren und ist aus der Champions League ausgeschieden, weil man bei RB Leipzig, das man zuhause noch 5:0 geschlagen hatte, keinen Punkt holen konnte.

Seit der Pleite gegen RB ist United zwar unbesiegt, aber konnte dabei auch weiterhin kein Topteam schlagen: Die Siege kamen gegen Sheffield, Leeds und jetzt eben die Wolves, gegen Manchester City und Leicester gab es nur Remis. Einzig den FC Everton, aktuell vierter, konnte United aus den ersten acht der Tabelle schlagen. Mit Aston Villa steht jetzt der Tabellenfünfte auf dem Programm. Klar ist eines: Will man Meister werden, braucht man auch Zähler gegen die Konkurrenz. Und zwar drei.

Manchester United ist mental stark

Doch noch etwas ist entscheidend, meinte Torwart David de Gea nach dem Wolverhampton-Sieg: "Am Ende eines Spiels zu treffen, eines engen Spiels gegen eine gute Mannschaft, das ist der Weg um an die Tabellenspitze zu kommen." Tatsächlich hat United in dieser Saison schon einige Spiele spät noch gewonnen oder in der zweiten Halbzeit umgebogen, was definitiv für die Mentalität der Mannschaft spricht: "Wir haben es in dieser Saison so oft getan, dass es zur Gewohnheit wird - und das ist gut", sagte Solskjaer, der vor der Saison in einem Meeting darauf hingewiesen habe, dass seine Mannschaft zu wenig Punkte spät im Spiel sammeln würde. Das hat sich definitiv verbessert.

Generell scheint sich in Manchester ein Mentalitätsmonster entwickelt zu haben. Von Außen kommen allerlei Störfeuer, die die Performance im Großen und Ganzen nicht beeinflussen: Immer wieder gab es beispielsweise Gerüchte, dass Ole Gunnar Solskjaer vor dem Aus stehe oder dass Paul Pogba unzufrieden sei und weg wolle, dass die Innenverteidiger schlicht nicht gut genug seien und so weiter. Doch abgesehen vom Champions-League-Aus läuft es sportlich dennoch ziemlich gut.

Einer, der definitiv dazu beiträgt, dass es läuft, ist Bruno Fernandes. Der Portugiese bereitete den Siegtreffer gegen die Wolves vor, sein neunter Assist in allen Pflichtspielen. Dazu kommen 14 Tore. Fernandes ist derzeit der überragende Mann bei Man United, seine Verpflichtung im vergangenen Januar war ein absoluter Glücksgriff und hob die Mannschaft auf ein neues Level. Alle profitieren vom 26-Jährigen, der mit dem Ball am Fuß ständig Chancen kreiert und zudem die zahlreichen Elfmeter, die United bekommt, sehr zuverlässig verwandelt.

Titelkandidat? Dafür ist es zu früh

Unter dem Strich hat Manchester United bereits einige Zutaten beisammen, um in der Premier League um den Titel zu spielen: Eine mental starke Mannschaft, die immer in der Lage ist, Tore zu erzielen. Ob die Abwehr allerdings ausreicht, bleibt abzuwarten. Auch die Frage nach der Konstanz ist zu stellen. Nicht zu unrecht gab es immer wieder Kritik an Solskjaer. Sind die Red Devils nun ein Titelkandidat? Eher nein. Nur wegen einer aktuell guten Phase sofort von der Meisterschaft zu sprechen, wäre doch noch sehr früh. Oder wie es David de Gea sagte: "Wir müssen konzentriert bleiben und nicht zu sehr nach vorne schauen, sondern nur auf das nächste Spiel." Von Spiel zu Spiel also. Woher kennen wir das?