Wie Ole Gunnar Solskjaer Manchester United ins Mittelmaß lenkt

Schaut nur dumm aus der Wäsche: United-Chefcoach Ole Gunnar Solskjaer (47)
Schaut nur dumm aus der Wäsche: United-Chefcoach Ole Gunnar Solskjaer (47) / DeFodi Images/Getty Images
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Nach dem Aus in der Champions League wird einmal mehr klar: Manchester United ist schon lange kein Top-Team mehr - und hat auch keinen Top-Trainer. 90min beleuchtet die verschiedenen Faktoren, die United immer mehr von der großen Bühne der europäischen Beletage verschwinden lassen.

Bereits seit Beendigung der Ferguson-Ära im Sommer 2013 läuft bei Manchester United quasi alles aus dem Ruder. Der englische Rekordmeister scheint längst nicht mehr der, der er einst war und wartet seit nunmehr sieben Spielzeiten auf eine erneute Meisterschaft in der Premier League. Nach einem verkorksten Ligastart halten sich die Red Devils aktuell nach vier Siegen in Folge immerhin über Wasser und reduzieren ihren Anschluss an die Tabellenspitze.

In der Königsklasse bewies die Elf von Chefcoach Ole Gunnar Solskjaer jedoch einmal mehr, dass sie sich nicht auf dem Level europäischer Top-Teams befindet. Speziell in Halbzeit eins ließen sich die Engländer von pfiffigen Bullen regelrecht überrollen und verpassten durch die 2:3-Niederlage bei RB Leipzig am Dienstagabend verdientermaßen das Ticket für die K.o.-Runde der Champions League. Stattdessen geht es als Drittplatzierter in der Europa League weiter. Klubs aus Europas Mini-Ligen versuchen sich gegen den einstigen Großmeister - sicherlich nicht Uniteds Anspruch.

Schlechte Wechsel, falsche Formation: Solskjaer kann United nicht aus der Dauerkrise coachen

Die Kausalitäten für den erneuten Gang in die Europa League lassen sich in Manchester selbstverständlich nicht an einem einzigen Faktor ableiten. Wenn es aber grundsätzlich nicht läuft, steht nun einmal immer der Trainer im Fokus. "Das Team ist gut - sie sind eine Einheit und sie halten zusammen", nahm Solskjaer seine Mannschaft nach der Leipzig-Partie gegenüber BT Sport in Schutz und fügte selbstkritisch hinzu: "Wir haben als Team nicht gut genug gespielt und das liegt immer in der Verantwortung des Trainers."

Man United ließ sich von RB Leipzig in Halbzeit eins regelrecht überrollen
Man United ließ sich von RB Leipzig in Halbzeit eins regelrecht überrollen / Boris Streubel/Getty Images

Kritik am United-Coach hagelte es zuletzt vor allem hinsichtlich seiner Wechselphilosophie. In drei der vergangenen vier Spiele wechselte Solskjaer bereits zur Halbzeit - gegen Southampton und West Ham gar doppelt. Doch wie soll je Konstanz herrschen, wenn stetig neue Spieler den Rasen betreten? Neben dem Problem der (zeitlich) schwachen Wechsel, bewies der Norweger zuletzt kein goldenes Händchen hinsichtlich seiner taktischen Ausrichtung und Formation. So veränderte er seine überaus löchrige Fünferkette gegen die Nagelsmann-Elf erst zu Beginn der zweiten Halbzeit in ein vielversprechenderes und belebendes 4-2-3-1. Obendrein kam Hoffnungsbringer Paul Pogba deutlich zu spät in die Partie. Beim Stand von 0:3 tauschte Solskjaer Innenverteidiger für Innenverteidiger - obwohl sein Team drei Tore brauchte.

United wirkt seit Monaten äußerst schläfrig und unproduktiv. Tore und Abschlüsse resultieren zumeist aus Standardsituationen - wie zuletzt gegen Leipzig durch Elfmeter und Eckball. Häufig suchen die Spieler aus den skurrilsten Positionen den Abschluss. Dabei bedarf es der nötigen Finesse, nicht immer, sondern im passenden Augenblick aufs Tor zu ziehen. Nicht jede Schussposition erfordert auch einen Torschuss! Wer dieses Problem lösen muss? Natürlich der Chefcoach. Solskjaer sollte die Statistiken kennen, Defizite offenlegen und klar kommunizieren. Dass der Übungsleiter einige Spieler in seinen Reihen hat, die ihm durchaus weiterhelfen können, dürfte klar sein.

Viele Solisten, keine Einheit: Solskjaer scheitert am Teamgefüge

So kann etwa Offensiv-Oldie Edinson Cavani Abhilfe schaffen. Obgleich der ablösefreie Transfer des alten Hasen im Sommer maximal unkreativ wirkte, spricht sein Torinstinkt für ihn. In den vergangenen Jahren bei Paris Saint-Germain war jeder vierte Schuss des Uruguayer so gefährlich, dass daraus ein Tor entstehen könnte (via fbref). Außerdem ist Cavani ein anderer Stürmertyp als das Trio um Greenwood, Martial und Rashford, die zwar alle flexibel und gute Konterspieler sind, sich gegen tiefstehende Gegner aber häufig schwer tun. Cavani hingegen findet immer eine Lücke für den gefährlichen Abschluss.

Das zweite Puzzlestück ist Donny van de Beek, der sein Potenzial unter Solskjaer überhaupt nicht ausschöpfen kann. Der Niederländer ist ein wahrer Raumdeuter. Er schafft es immer wieder, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu stehen. Schaut man auf seine Champions-League-Saison 2018/19, damals noch bei Ajax Amsterdam (Aus im Halbfinale), so sieht man, wie sehr er ackert, Räume schafft und das Spiel gänzlich beeinflussen kann.

Fernandes, Cavani, Rashford und Co.: Das Potenzial ist gegeben, doch Solskjaer weiß es nicht umzusetzen
Fernandes, Cavani, Rashford und Co.: Das Potenzial ist gegeben, doch Solskjaer weiß es nicht umzusetzen / Clive Brunskill/Getty Images

Man United hat durchaus hervorragende Individualspieler in seinen Reihen. Das beste Beispiel ist und bleibt Bruno Fernandes, der mit 17 Torbeteiligungen in 17 Spielen einmal mehr dafür sorgt, dass der englische Rekordmeister vor nicht noch größeren Probleme steht. Aus den einzelnen Solisten eine starke, taktische Einheit zu formen, ist allerdings die Aufgabe des Trainers. Jene verfehlt Solskjaer derzeit gänzlich und stürzt seinen Klub einmal mehr aus dem Radius der europäischen Top-Teams. Und als wäre das nicht schon genug, kommt für United in den vergangenen zwei Jahren, sprich seit Amtsantritt von Solskjaer, auch noch ein dickes Transfer-Minus von über 214 Millionen Euro oben drauf. Kein anderer Spitzenklub weist eine solch schwache Bilanz auf.