Frankfurts 2:1 deckt große VAR-Schwäche auf - warum der Treffer überhaupt zählte
Von Stefan Janssen

Der Video Assistant Referee (VAR) ist bei Weitem nicht perfekt. Schade ist, dass es offensichtliche Schwachstellen gibt, die von vornherein zu erwarten waren und mit einer anderen Vorgehensweise zu lösen wären. Das 2:1 von Eintracht Frankfurt am Dienstagabend hat das mal wieder aufgedeckt.
Das 3:3 zwischen Eintracht Frankfurt und Borussia Mönchengladbach hielt einige strittige Szenen für Schiedsrichter Benjamin Cortus parat. Vor allem bei zwei Toren gab es Diskussionsbedarf, wie zum Beispiel Gladbachs Ausgleich in der Nachspielzeit: Hätte der Unparteiische den Vorteil abpfeifen und Lars Stindl verwarnen müssen? Der Gladbacher hatte seinen Gegenspieler schließlich klar taktisch gefoult und hätte sich nicht beschweren dürfen, hätte Cortus es getan. Hat er aber nicht, es fiel das 3:3.
Ähnlich verhielt es sich mit dem 2:1 für die Eintracht. Unmittelbar zuvor führte David Abraham einen Freistoß aus, wobei der Ball nicht ruhte. Christoph Kramer merkte nach dem Spiel bei Sky an, ihm wurde eine solche Szene schon "zwei Millionen Mal abgepfiffen". Cortus ließ aber laufen und zwei Pässe später stand André Silva frei vor dem Gehäuse der Fohlen und traf. Dieses Tor deckte eine große Schwäche auf, die der VAR in seiner aktuellen Anwendung hat.
VAR darf mal wieder nicht eingreifen - trotz schwerwiegenden Folgen
Laut Regelwerk des IFAB darf er in einer solchen Szene, bei der es lediglich um die Spielfortsetzung geht, nämlich nicht eingreifen. Ähnlich verhält es sich zum Beispiel bei falschen Einwürfen. Es handele sich dabei schlicht nicht um spielentscheidende Dinge. Doch in diesem Fall war das anders, wie Kramer monierte: "Ein Tor gegen diese Frankfurter Mannschaft beeinflusst ein Spiel so brutal, das ist Wahnsinn."
Zum 2:1 bei #SGEBMG: Der VAR darf nicht eingreifen, wenn eine Spielfortsetzung, aus der ein Tor resultiert, inkorrekt ausgeführt worden ist (Ball ruht nicht, falscher Einwurf etc.). Mehr dazu im Auszug aus dem IFAB-Handbuch für den VAR (siehe Screenshot). (af) pic.twitter.com/IrDBFrgpu4
— Collinas Erben (@CollinasErben) December 15, 2020
Selbstverständlich sollte nicht jeder nicht ruhende Ball oder falsche Einwurf überprüft werden, grundsätzlich ist die Regelung so natürlich sinnvoll. Aber sie ist eben auch starr und bietet, was im Regelwerk des Fußballs selten genug ist, keinerlei Handlungsspielraum. Denn in diesem speziellen Fall am Dienstagabend war es durchaus eine Szene, die großen Einfluss auf das Spiel hatte.
Ja, der Freistoß war tief in der Frankfurter Hälfte. "Bei aller Liebe – wir hätten das Tor auch verhindern können", gab auch Kramer zu, "aber ich gehe zum Beispiel nicht richtig hin, weil der Ball rollt. Das wird normalerweise immer abgepfiffen." Es waren wie gesagt auch nur wenige Pässe, man könnte also argumentieren, dass das Tor unmittelbar nach dem Fehler des Schiedsrichters passierte. Und ist es dann keine klare Fehlentscheidung? Müsste der VAR dann nicht trotzdem eingreifen dürfen, auch wenn es nur um einen noch rollenden Ball ging?
Schluss mit der "klaren Fehlentscheidung"
Fragen über Fragen. Allerdings auch Fragen, die sich mit einer anderen Anwendung des VAR nicht stellen würden. Stichwort: Challenge. Wenn endlich diese "klare Fehlentscheidung", die überhaupt nicht klar ist, verschwinden würde, wäre vieles leichter und verständlicher. Dann müsste man jetzt eben nicht diskutieren. Dann hätte Gladbachs Trainer Marco Rose anfordern können, dass sich die Szene noch einmal angeschaut wird. Und dann hätte der Schiedsrichter entscheiden können, ob es für ihn jetzt einen entscheidenden Einfluss auf die Torerzielung hatte oder eben nicht. Damit ist natürlich nicht gesagt, dass er das Tor zurückgenommen hätte, aber zumindest hätte eine Überprüfung stattgefunden - und mehr will man oft ja gar nicht.
So aber waren dem Unparteiischen auf dem Rasen und dem VAR mal wieder die Hände gebunden. Es ist eine große Schwäche des VAR, dass manche auf den ersten Blick banale Szenen schlicht nicht überprüft werden können. Auch nicht, wenn sie auf den zweiten Blick einen großen Einfluss auf das Spielgeschehen hatten. Challenges würden helfen, die teils starren Regeln abzuschaffen und gleichzeitig würde es Druck von den Schiedsrichtern nehmen, sich ständig rechtfertigen zu müssen, was denn nun geprüft wird und was nicht - denn sie müssen es nicht mehr nur selbst entscheiden. Das 2:1 für Frankfurt hat mal wieder eine der Schwächen des VAR offenbar, die eigentlich nicht sein müsste. Und so wird der VAR wahrscheinlich niemals endgültig akzeptiert werden - trotz aller Vorteile, die er grundsätzlich mitbringt.
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