Unterschätztes Mittel: Wie die Flanken von Kostic und Co. ihren Teams helfen

Filip Kostic ist der wichtigste Spieler bei Eintracht Frankfurt.
Filip Kostic ist der wichtigste Spieler bei Eintracht Frankfurt. / Alex Grimm/GettyImages
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Im modernen Fußball wird häufig über das Kurzpassspiel geredet. Präziser, flacher Kombinationsfußball gilt als Goldstandard, wenn es um das Herausspielen von Torchancen geht. Dabei haben auch hohe oder halbhohe Flanken eine Daseinsberechtigung. Vor allem wenn ein Team einen Spezialisten wie Filip Kostic in seinen Reihen hat.


In den letzten ein, zwei Jahrzehnten hat sich der Fußball vom Flankenspiel wegbewegt. Das liegt einerseits daran, dass die meisten Mittelstürmer nicht mehr nur als reine Strafraum-Gefahrenherde wahrgenommen werden, sondern zunehmend ins Kombinationsspiel eingebunden sind.

Aber vielleicht liegt es andererseits auch daran, dass es nicht mehr so viele Spieler gibt, die konstant und auf hohem Niveau Flanken an den Mann bringen können.

Flanken sind natürlich keineswegs ausgestorben. Geht man aber die Bundesligisten einmal durch, die einen Flankenspezialisten in ihren Reihen haben, sind es nicht allzu viele.

Kostic ist das Paradebeispiel eines "Flankengotts"

Filip Kostic von Eintracht Frankfurt ist ein Paradebeispiel eines "Flankengotts". In der vergangenen Saison war er laut bundesliga.com mit 213 Flanken der Führende in dieser Kategorie - mit weitem Abstand. Der Zweitplatzierte Borna Sosa kam auf 128 Flanken.

Sieben von Kostics Hereingaben aus dem Spiel heraus (Standards nicht eingerechnet) führten zu Toren - auch das ist Ligabestwert. Der Serbe hatte mit Andre Silva natürlich auch einen kopfballstarken Abnehmer, der ohne die Unterstützung Kostics bestimmt weniger als 28 Bundesligatore erzielt hätte.

Zwischen Kostic und Silva herrschte blindes Verständnis. Beide Spieler lernten mit der Zeit das Timing des jeweils anderen immer besser zu einzuschätzen.

Die Eintracht profitierte sowohl von Kostics Offensivdrang und dessen präzisen Hereingaben als auch vom Torinstinkt und der Abschlussstärke Silvas. Der 26-Jährige erzielte von seinen 28 Toren neun per Kopf.

Silva muss jetzt ohne Kostic auskommen

Mit Beginn der neuen Saison wurde das Traumduo allerdings auseinandergerissen. Silva spielt mittlerweile bei RB Leipzig. Auch Kostic hätte sich beinahe Lazio Rom angeschlossen, ist aber doch geblieben.

Immerhin hat Silva mit Angelino auch einen starken Flankengeber an seiner Seite. Doch das Zusammenspiel der beiden muss sich noch finden.

In seiner allerersten Hinrunde in der Bundesliga 2019/2020 kam Silva bei Frankfurt auch nur zu drei Toren. Für Leipzig hat er bisher fünf Ligatore und drei weitere Treffer in der Champions League erzielt.

Silva ist selbstverständlich auch in der Lage, per Torschuss erfolgreich zu sein, aber seine Qualitäten als Kopfballspieler nicht zu nützen, wäre fahrlässig.

Für die meisten Bundesligaklubs dürften Dribblings in den Strafraum oder Flachpassstafetten effizienter sein, aber kopfballstarke Spieler und gute Flankengeber dürfen nicht links liegen gelassen werden - wenn man die entsprechenden Spieler im Kader hat.

Beim 5:0-Sieg Leipzigs gegen Brügge funktionierte das Prinzip Flanke Angelino - Kopfball Silva schon in einer Szene exzellent. Eine lang und hoch getretene Halbfeldflanke des Spaniers verwertete der sprunggewaltige Portugiese mit einem kraftvollen Kopfball in die lange Ecke vorbei am belgischen Schlussmann Simon Mignolet. Es war das zwischenzeitliche 3:0.

Kostic füttert jetzt weniger kopfballstarke Stürmer mit Flanken

Während die ersten Ansätze des Duos Angelino/Silva Lust auf mehr machen, hat Kostic in dieser Spielzeit keinen so kopfballstarken Stürmer wie Silva an seiner Seite.

"Filip Kostic und André Silva harmonierten sehr gut, sie konnten Flanken und Tore im Schlaf machen. Diese Saison müssen wir unseren Spielstil vorne etwas ändern, denn Stand jetzt ist so ein Spieler wie Silva nicht im Kader", sagte Frankfurts Djibril Sow nach dem ersten Saisonspiel im kicker.

Frankfurts Rafael Borre ist mit einer Körpergröße von 1,74 Metern nicht gerade als Kopfballungeheuer bekannt. Sommer-Neuzugang Sam Lammers ist zwar 1,91 Meter groß, aber noch überhaupt nicht in der Bundesliga angekommen.

Einzig der körperlich starke Goncalo Paciencia (1,84 Meter) kann Kostic aktuell aus der Luft weiterhelfen. Beim 2:2 gegen Antwerpen hat das Zusammenspiel der beiden zu einem späten und enorm wichtigen Tor geführt. Allerdings wird Paciencia meist nur sehr spät eingewechselt.

Welche Spieler haben Flanken zu ihrem Kernelement gemacht?

Abgesehen von Kostic und Angelino müssen auch David Raum (TSG Hoffenheim), Borna Sosa (VfB Stuttgart) und Christian Günter (SC Freiburg) in die Liste derjenigen Spieler aufgenommen werden, die Flanken zu ihrem Kernelement gemacht haben. Ihre Teams fahren recht erfolgreich damit.

Borna Sosa kommt zwar erst auf drei direkte Torvorlagen in der laufenden Bundesligasaison, doch durch den verletzungsbedingten Ausfall von Sasa Kalajdzic ist ihm der mit Abstand wichtigste Abnehmer im Stuttgarter Kader abhanden gekommen. Die Tatsache, dass Kalajdzic nun wieder fit ist, dürfte Sosa vor der beginnenden Rückrunde ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.

Laut bundesliga.com führt Kostic auch in dieser Saison die Statistik der Spieler mit den meisten Flanken aus dem Spiel heraus an. Der Linksfuß kommt auf 105 und verweist damit David Raum (88), Angelino (69), Christian Günter und Borna Sosa (beide jeweils 58) auf die folgenden Plätze.

Nur diese fünf Spieler kommen nach 17 Saisonpartien auf mehr als 50 Flanken. Natürlich spielt es auch eine Rolle, ob die Flanken ankommen. Die Website der Bundesliga führt hierzu allerdings zumindest offiziell keine Statistik.

Im Profifußball des 21. Jahrhunderts ein guter Flankengeber zu sein, ist sowohl eine verkannte als auch wertvolle Kunst. Nicht für jede Mannschaft ist es sinnvoll, das Offensivspiel primär über die Flügel und das Flankenspiel aufzuziehen - aber einige wenige Mannschaften tun gut daran, Flanken als wichtiges Mittel ihres Offensivspiels zu betrachten.

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