Chelsea-Trainerin Emma Hayes: Fußball ist ein systematisch frauenfeindliches Umfeld

Chelsea-Trainerin Emma Hayes
Chelsea-Trainerin Emma Hayes / Richard Heathcote/GettyImages
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Chelsea-Trainerin Emma Hayes hat sich zu der Frauenfeindlichkeit im Fußball geäußert. Es gebe systematische Misogynie und Mobbing, so die 47-Jährige. Kurz zuvor hatte sich ein ehemaliger Spieler von Manchester City sexistisch über TV-Expertinnen geäußert.

Hayes sieht systematische Frauenfeindlichkeit

Hayes ist seit 2012 Trainerin der Chelsea-Frauen und hat mit dem Klub sechsmal die englische Liga gewonnen. Ab dem nächsten Sommer wird sie das US-Nationalteam trainieren. Hayes ist in England ein sehr bekanntes Gesicht und regelmäßig als TV-Expertin zu sehen.

Für Hayes ist die Fußballwelt so auf Männer ausgerichtet, dass das als Normalzustand gilt: "Die Realität ist, dass das männliche Privileg schon immer im Mittelpunkt des Fußballs in diesem Land stand. Frauen war es bis in die siebziger Jahre verboten, Fußball zu spielen - ich erwarte nicht, dass irgendeine (männliche) Person oder Persönlichkeit ihr Privileg versteht."

Hayes sagte, auch sie selbst habe Erfahrungen mit Hass im Internet gemacht - und so auch fast alle Frauen, die öffentlich etwas mit Fußball zu tun haben. "Man muss sich nur die vielen Frauen im Internet oder in der Branche ansehen, ob als Moderatorin, Trainerin oder Spielerin, um zu erkennen, dass wir routinemäßig mit systemischer Misogynie, Mobbing und einem Verhalten zu tun haben, das für einen großen Teil der Fußballöffentlichkeit ziemlich normal ist."

Hass auf Social Media: "Für viele Fußballfans ganz normal"

Hayes kritisierte auch die Gesprächskultur in den sozialen Medien: "Wenn man nicht wie viele von uns systemische Frauenfeindlichkeit erlebt hat, kann man nicht verstehen, wie schädlich einige dieser Gespräche sind. Man weiß, dass alles, was man sagt, nur dazu führt, dass man angegriffen wird, besonders in den sozialen Medien. Für viele Fußballfans ist das ganz normal", sagte Hayes.

Die Chelsea-Trainerin kritisierte auch die weitverbreitete Ansicht, dass Frauen keinen Männerfußball auf höchstem Niveau kommentieren könnten, da sie selbst nicht gespielt hätten. Gute frühere Spieler seien nicht unbedingt gute Experten, und umgekehrt.

"Wir würden nicht in ein Krankenhaus gehen und einer Ärztin sagen: 'Ich hoffe, sie war einmal eine gute Patientin, denn wenn man eine gute Patientin ist, ist man auch ein guter Arzt'. Wir wissen, dass das nicht wahr ist. Talent und Erfahrung mögen hilfreich sein, aber man braucht eine gewisse Kompetenz."

Joey Barton sorgt mit sexistischen Aussagen für Eklat

Hayes reagierte damit auf die Äußerungen von Joey Barton, einem früheren Spieler von Manchester City. Barton hatte kurz davor auf Social Media seinem Ärger darüber Luft gemacht, dass so viele Frauen als Expertinnen bei der Champions League tätig waren.

"Frauen sollten nicht über Männerfußball reden", schrieb Barton bei X: "Es ist ein völlig anderes Spiel." Er unterstütze zwar den Frauenfußball und seinen Aufstieg, aber könne "keine Sache ernst nehmen, die sie ernsthaft in einer Männerarena sagen".

Danach wurde es noch sexistischer. Barton meinte, Männer müssten heutzutage stark sein und den Frauen nicht zuhören: "Jeder Mann, der sich in dieser Hinsicht mit ihnen einlässt, hat sich verkauft. Bei dem Spiel geht es um Niveau. Die Meinung der meisten Männer hat wenig Wert. Jeder Mann, der den Kommentaren von Frauen zuhört oder mit ihnen mitfiebert, muss sich am Kopf testen lassen." Er selbst würde ja auch nicht über das Stricken reden.

Frauenfeindlichkeit im Fußball kein neues Thema

Barton mag eine prominente Figur sein, aber er ist längst nicht der Einzige, der so denkt. Viele TV-Expertinnen berichten von der offenen Frauenfeindlichkeit, die ihnen entgegenschlägt, jenseits aller konstruktiver Kritik.

Laut Studien haben 82% aller Frauen, die im Sportbereich arbeiten, bereits Diskriminierung am Arbeitsplatz erfahren. Im Sommer schlug auch ein Experiment hohe Wellen: Die frühere englische Nationalspielerin Jill Scott und der Experte Gary Lineker tauschten heimlich ihre Accounts und posteten über einige Tage ihre Meinungen auf X. Das wenig überraschende Ergebnis: Scotts Account, eigentlich mit Posts von Lineker, erhielt fünfmal so viele sexistische Kommentare.