Borussia Dortmund vor Umbruch im Sommer - Zorcs mögliche Aufgaben im Check

Borussia Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc dürfte viel zu tun haben
Borussia Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc dürfte viel zu tun haben / Lukas Schulze/Getty Images
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Weil Ex-Cheftrainer Lucien Favre in der laufenden Saison entlassen wurde und Interimstrainer Edin Terzic drei von acht Pflichtspielen verloren hat, ist bei Borussia Dortmund wieder einmal die Rede von einem Umbruch. Wie schon nach der Saison 2017/18 stehen die Verantwortlichen vor zahlreichen wegweisenden Entscheidungen, erschwert wird die Situation allerdings durch die anhaltende Corona-Krise. Welche Aufgaben könnten auf Sportdirektor Michael Zorc zukommen?

Journalist:innen, Expert:innen, Spieler und Verantwortliche drehen sich seit Jahren im Kreis. Dass Borussia Dortmund über eine talentierte und qualitativ hochwertige Mannschaft verfügt, will niemand bestreiten. Aber, so der Tenor, ihr fehlt das gewisse Etwas, um dem FC Bayern wirklich gefährlich zu werden. Nah kommt der BVB dem Rekordmeister allenfalls dann, wenn er schwächelt - wie in den vergangenen beiden Spielzeiten -, dann allerdings können die Dortmunder kein Kapital schlagen.

Aktuell kämpft der BVB allerdings nicht um die Meisterschaft, sondern um die essenzielle Qualifikation für die Champions League. Sollte man gar die Europa League verpassen, könnte das schwache sportliche Abschneiden in Kombination mit den Verlusten durch die Corona-Krise weitreichende Folgen nach sich ziehen. Die volle Konzentration gilt also dem Erfolg in der laufenden Spielzeit, hinter den Kulissen sollten sich die Verantwortlichen allerdings frühzeitig mit wegweisenden Zukunftsfragen auseinandersetzen; denn auch wenn man aufgrund der coronabedingten schwierigen wirtschaftlichen Lage nicht langfristig planen kann, braucht es eine gewisse Übereinstimmung darüber, welche Hebel in Bewegung gesetzt werden sollen.


Pläne für den Sommer: Fragezeichen auf der Bank und im Kader

1. Der wichtigste Neuzugang muss auf der Trainerbank Platz nehmen

Hat sich am vergangenen Freitag für den Trainerjob beim BVB beworben: Gladbachs Marco Rose
Hat sich am vergangenen Freitag für den Trainerjob beim BVB beworben: Gladbachs Marco Rose / Lars Baron/Getty Images

Daran, dass Borussia Dortmund auch in Zukunft zu den absoluten Spitzenmannschaften des deutschen Fußballs gehören wird, dürfte niemand zweifeln. Insofern bleibt der Verein eine attraktive Anlaufstelle für Spieler und Trainer. Letztgenannter muss allerdings ein gewisses Profil erfüllen: Er muss nicht nur schnellen und offensiven Fußball spielen lassen, er muss die Spieler emotional packen und sie darauf einstellen, in jeder Phase eines jeden Fußballspiels nicht weniger als 100 Prozent zu geben. Die richtige Körpersprache, der Siegeswille, der Einsatz im Spiel gegen den Ball - all das lässt die Mannschaft speziell in dieser Saison immer wieder vermissen. Wenn sie aber eine Chance gegen die Bayern haben will, sind diese Attribute von entscheidender Bedeutung.

Mit Lucien Favre engagierten die Klubbosse im Sommer 2018 einen detailversessenen Taktikfuchs, der nach außen einen ruhigen, pragmatischen Eindruck macht. Ja, bei Toren konnte Favre jubeln und ja, nach manchen Niederlagen stand ihm die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, insgesamt aber entspricht er nicht dem Charakter, nach dem sich der Klub sehnt.

Ein Kandidat, der in das Profil passt und übereinstimmend als Wunschlösung tituliert wird, ist Marco Rose von Borussia Mönchengladbach. Der gebürtige Leipziger hat aus den Fohlen eine leidenschaftliche Truppe geformt, die ihren Gegner hoch und kompakt anläuft, die Kampfeswille ausstrahlt, die darum bemüht ist, den Ball zu erobern und mit Tempo und Dynamik in die Tiefe zu spielen. Darüber hinaus besticht Gladbach mit einer ausgesprochen hohen Variabilität und einem bärenstarken Kader - anders als die derzeit im 4-2-3-1/4-3-3 befangenen Dortmunder, die sich seit Jahren um eine gesunde Balance aus jungen Talenten und erfahrenen Profis bemühen.

Jedoch ist Gladbach mittlerweile mehr als ein Sprungbrett zum BVB. Der Klub hat sich in der vergangenen Spielzeit für die Champions League qualifiziert, ist nach dieser Hinrunde erneut auf Kurs und konnte Sportdirektor Max Eberl, der den sportlichen Aufstieg der vergangenen zehn Jahre überhaupt erst ermöglicht hat, bis 2026 binden.

Wenn Rose die Möglichkeiten, die sich mit anhaltendem sportlichen Erfolg ergeben werden, erkennt, könnte er zu dem Entschluss kommen, dass ein Wechsel zum BVB nicht unbedingt notwendig ist.

Wer könnte dann kommen?

Namen wie Julian Nagelsmann oder Jesse Marsch sind in der Vergangenheit häufiger gefallen, Erstgenannter erklärte jedoch bereits, dass er nicht unbedingt mit einem Wechsel ins Ruhrgebiet liebäugelt.

Wer im Sommer anheuern wrid, ist unklar. Nichtsdestotrotz muss diese Entscheidung der Verantwortlichen sitzen, sonst droht in absehbarer Zeit der erneute Umbruch. Im Kampf gegen den FC Bayern ist Konstanz allerdings ein wichtiger Faktor.


2. Jadon Sancho

Angeblich rechnen die BVB-Bosse mit einem Abgang von Jadon Sancho
Angeblich rechnen die BVB-Bosse mit einem Abgang von Jadon Sancho / Maja Hitij/Getty Images

In aller Regelmäßigkeit wird Jadon Sancho als wahrscheinlichster Abgang gehandelt. Schon in der vergangenen Saison wurde medial über einen Transfer des Flügelspielers im Sommer berichtet, die Corona-Krise dürfte diesen jedoch verhindert haben.

Da Sancho seinen Vertrag still und heimlich bis 2023 verlängert hat, haben die BVB-Verantwortlichen das Heft des Handelns fest in der Hand. Sie können über die Höhe der Ablöseforderungen bestimmen und auf einen ihrer Meinung nach angemessenen Wert beharren und stehen nicht unter Zugzwang.

Wie Sport1 erfahren haben will, wird von einem Abgang des jungen Engländers ausgegangen. Angesichts der Corona-Krise sei man allerdings dazu bereit, weniger als die im vergangenen Sommer angeblich geforderte Ablösesumme von 120 Millionen Euro zu verlangen.

Unter Wert dürfte man Sancho aber nicht verkaufen - und sollte ein Verein eine angemessene Summe bieten, könnte Schwarz-Gelb womöglich die angeblich drohenden Verluste in Höhe von 100 Millionen Euro ausgleichen. Andererseits geraten auch die reichen Vereine in Schwierigkeiten, je länger die Pandemie sich auf den Sport auswirkt - damit sinken möglicherweise die Chancen auf einen Verkauf. Über einen Verbleib dürfte man sich allerdings kaum beschweren.


3. Erling Haaland

Dagegen dürften sie alles dafür tun, um Erling Haaland zu halten
Dagegen dürften sie alles dafür tun, um Erling Haaland zu halten / Lars Baron/Getty Images

Erling Haaland ist der Schlüsselspieler im schwarz-gelben Trikot. Entsprechend dürften die Verantwortlichen alles daran setzen, den Norweger zu halten - egal wie prekär die finanzielle Situation im Sommer letztlich aussehen wird.

Obwohl Haaland erst im Januar 2020 nach Dortmund gewechselt ist, wird seit vielen Monaten über einen vorzeitigen Abschied spekuliert. Berater Mino Raiola betonte Anfang Dezember jedoch, dass sich sein Klient beim BVB wohlfühle und wenn überhaupt, dann nur aufgrund seiner sportlichen Ziele einen Wechsel anstreben würde.

Was ebenfalls für einen Verbleib spricht: Wie der italienische Transfer-Experte Fabrizio Romano im Oktober meldete, soll die angebliche Ausstiegsklausel von Haaland erst für 2022 gelten. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke erklärte Anfang November bei Sport Bild hingegen, dass eine derartige Klausel grundsätzlich nicht existiere: "So eine Vereinbarung gibt es nicht, darum geht es aber auch nicht", sagte der 61-Jährige. "Es geht darum, die Spieler von deinem Klub und deinen Plänen zu überzeugen."

Wie Haaland überzeugt werden könnte? Mit dem Beweis, dass diese Hinrunde beziehungsweise Saison nur ein Ausrutscher war. Das gelingt am ehesten mit der Qualifikation für die Champions League, andernfalls müsste der potentielle neue Trainer schnell dafür sorgen, dass die Mannschaft in die Erfolgsspur kommt - wie Favre in seinem ersten Halbjahr.

Auf der anderen Seite dürfte der Angreifer wissen, über wie viel Potenzial die Mannschaft verfügt und woran es liegt, dass es derzeit nicht laufen will. Insofern könnte er nach kurzer Rücksprache mit Raiola und Zorc von sich aus deutlich machen, dass er zumindest auch in der kommenden Saison für Schwarz-Gelb aufläuft. Große Sorgen um seinen Verbleib dürfte man sich ohnehin nicht machen.


4. Roman Bürki

Torhüter Roman Bürki steht wieder einmal in der Kritik
Torhüter Roman Bürki steht wieder einmal in der Kritik / Pool/Getty Images

In den vergangenen Tagen wurde wieder einmal die Torwart-Frage gestellt. Roman Bürki, der 2015 für 3,5 Millionen Euro vom SC Freiburg verpflichtet worden war und in bisher 228 Pflichtspielen zwischen den Pfosten stand, ist ein ordentlicher Torhüter - doch im Vergleich zu anderen Spitzenmannschaften ragt er nicht heraus.

Will der BVB aber um Titel spielen, braucht er einen sicheren Rückhalt. Der FC Bayern hat Manuel Neuer, RB Leipzig Peter Gulacsi, der FC Liverpool Alisson Becker, Atlético Madrid Jan Oblak, Real Madrid Thibaut Courtois - um nur ein paar Beispiele zu nennen, die auf (deutlich) höherem Level unterwegs sind.

Früher oder später wird es Spiele geben, in denen der Schlussmann auf allerhöchstem Niveau gefragt ist, wie beispielsweise Neuer im Champions-League-Finale gegen Paris St. Germain. Mit Bürki verfügt Dortmund über einen Keeper, der im Liga-Alltag souveräne Leistungen bietet und der selten Punkte kostet. In Spitzenspielen wie jüngst in Mönchengladbach lässt er diese Souveränität jedoch vermissen. Dieser fehlende Rückhalt in den Momenten, in denen es genau darauf ankommt, unterscheidet den Schweizer von den oben genannten Torhütern, die seit mehreren Jahren auf höchstem Niveau agieren.

Darüber hinaus braucht es in Zukunft einen Keeper, der mit dem Ball am Fuß noch sicherer ist und sich konstruktiver am Aufbauspiel beteiligt als Bürki. Im vergangenen Jahr kursierten zwischenzeitlich Gerüchte um André Onana von Ajax Amsterdam, der von Juli 2010 bis Januar 2015 beim FC Barcelona ausgebildet wurde und das Torwartspiel mit dem Ball am Fuß beherrscht. Ein Keeper dieses Kalibers könnte Dortmund helfen, den nächsten Schritt zu machen.