90min diskutiert: Wird Hansi Flick den FC Bayern im Sommer verlassen?

Alexander Hassenstein/Getty Images
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Rund um den FC Bayern spielt das Sportliche in dieser Saison nur noch eine untergeordnete Rolle. Medial wird der deutsche Rekordmeister von den anstehenden Abgängen von Spielern wie David Alaba und Jerome Boateng sowie von internen Querellen in der sportlichen Führung dominiert. Wie lange tut sich Cheftrainer Hansi Flick diese Situation noch an? Hierüber führen wir in diesem Artikel eine Diskussion.


Wieso Flick im Sommer gehen wird

Es ist wirklich verblüffend, wie ein finanziell und sportlich hochprofessionell geführter Klub wie der FC Bayern es trotzdem schafft, sich mit unnötigen Dramen die Situation zu erschweren. Anstatt an einem Strang zu ziehen, werden in der sportlichen Führung offenbar Entscheidungen getroffen, die dem Willen des hocherfolgreichen Trainers Hans-Dieter Flick deutlich widersprechen.

Was hat Hansi Flick schon in dieser Saison gefordert? Den Verbleib seines mit Abstand besten Verteidigers, den er mit seinen taktischen Entscheidungen zwischenzeitlich zum besten Fußballer in der Abwehrmitte geformt hat? Oder den Verbleib eines erfahrenen, zuverlässigen und verdienten Spielers, der nun nach zahlreichen Erfolgen prompt vor die Tür gesetzt wird? Wie soll sich ein Trainer fühlen, wenn seine Abwehrmitte gegen seinen Willen aufgelöst wird?

Wunschspieler wie Tiago Dantas, die Sportvorstand Hasan Salihamidzic dem Trainer wie Krümel hingeworfen hat, wurden lediglich zum Testlauf geholt und danach nach nur wenigen Monaten als gescheitert tituliert - da man sich wohl schon vorher im Büro der Kaderplanung von ihm eine klare Meinung festgelegt hat.

Schlimmer wird es, wenn man noch bedenkt, dass viele dieser Entscheidungen öffentlich in den Medien und ohne Absprache mit dem Trainer verlautbart wurden, wodurch innerhalb der Mannschaft vor wichtigen Spielen unnötige Ruhe entstand.

"Kaum vorstellbar, dass Flick die Chance auf den Trainerjob bei der deutschen Nationalmannschaft ziehen lassen wird"

Tal Lior, 90min-Redakteur

Es ist jedoch keine große Kunst von mir, alle Kritikpunkte Flicks mit der sportlichen Führung aufzulisten. Dass er gute Gründe hat, mit der Situation unzufrieden zu sein, ist jedem ersichtlich. Wieso sollte man allerdings davon ausgehen, dass er deshalb im Sommer auch trotz gültigen Vertrags den Verein verlassen wird?

Hierbei spielen zwei Faktoren eine Rolle. Es ist für mich kaum vorstellbar, dass Flick die Chance auf den Trainerjob bei der deutschen Nationalmannschaft ziehen lassen wird. Flick winkt beim DFB ein Job mit deutlich größerem Entscheidungsspielraum und weniger Konfrontationsfläche mit Charakteren wie Hasan Salihamidzic.

Zudem glaube ich kaum, dass Karl-Heinz Rummenigge und Oliver Kahn den 56-jährigen Tripple-Trainer gegen seinen Willen im Klub halten werden. Es würde ein ohnehin belastetes Verhältnis komplett zerstören und die bisherige hervorragende sportliche Entwicklung zunichte machen.

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Hansi Flick hat bereits öffentlich die Arbeit von Hasan Salihamidzic als Kaderplaner hinterfragt / LEON KUEGELER/Getty Images

Klar, der Abgang Flicks wäre ein Schock für die Spieler und Fans. Allerdings hat er sich den nötigen Kredit erarbeitet, um solch einen Schritt zu gehen.


Wieso Flick bleiben wird

Die immer wieder hochkochenden Streitereien zwischen Hansi Flick und Hasan Salihamidzic werden sicherlich nicht im Sinne des FC Bayern sein. Auch die zuletzt von Flick getätigten Äußerungen in Richtung seines Sport-Vorstands nahmen keine Brisanz aus der Diskussion. 

Neben der Anspielung auf die Qualität des aktuellen Kaders gab Flick dabei zu Protokoll, er habe sich im Bezug auf die Querelen mit Salihamidzic wenig vorzuwerfen. "Alles was an Störfeuer kommt, kommt nicht von mir", so Flick auf der Pressekonferenz vor der Partie gegen Union. Dabei könnte er zum einen die Medien, aber eben auch seine Vorgesetzten gemeint haben. 

"Sollte der Sport-Vorstand nicht von seiner Gangart abrücken, könnte es durchaus personelle Konsequenzen geben - jedoch nicht für Flick"

Christian Gaul, 90min-Autor


In jedem Fall klingt eine harmonische Arbeitsatmosphäre anders und sicherlich ist nicht auszuschließen, dass Flick sich nach all den Erfolgen im kommenden Sommer nach einer neuen Aufgabe umsehen wird, um diesem aktuell scheinbar unlösbaren Konflikt zu entkommen. 

Allerdings kommt dabei nur das Amt des Bundestrainers infrage, ein anderer Klub wäre trotz aller Baustellen beim FC Bayern kein garantierter Fortschritt für Flick. Sollte sich der DFB jedoch für einen anderen Kandidaten entscheiden, müsste man sich beim FC Bayern wohl vermehrte Gedanken machen, ob die Förderung von Salihamidzic nicht eventuell in eine falsche Richtung zu driften droht. 

Herbert Hainer
Vereinspräsident Herbert Hainer geht davon aus, dass Hansi Flick seinen bis 2023 gültigen Vertrag erfüllen wird / Alexander Hassenstein/Getty Images


Denn sollte der Sport-Vorstand in Eigenverantwortung dafür gesorgt haben, dass Flick bei der Kaderplanung nur eine Statistenrolle zukam, dann spräche dies für ein klares Missmanagement. Sollte Salihamidzic jedoch mit dem Segen der Vereinsbosse so agiert haben, dann ist es mehr als fraglich, welcher potenzielle Nachfolger Flicks sich diese Konstellation geben will. 

Präsident Herbert Hainer sprach gegenüber Sky von einem "vermeintlichen Konflikt von zwei meinungsstarken Typen, die beide dasselbe Ziel haben: Den Erfolg des FC Bayern München." Jedoch wirkten diese Aussagen wie ein Versuch, die Debatte unter den Tisch zu kehren, wenigstens bis zum Ende der laufenden Saison. 

Sollte Flick im Sommer 2021 nicht den Job des Bundestrainers übernehmen, wird es zumindest eine klare Ansage in Richtung Salihamidzic geben. Sollte der Sport-Vorstand nicht von seiner Gangart abrücken, könnte es durchaus personelle Konsequenzen geben - jedoch nicht für Flick.