Experte rechnet mit sinkenden Ablösesummen - Warum die UEFA jetzt gefragt ist

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Die finanziellen Auswirkungen auf die Fußballklubs, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, könnten sich auch auf dem Transfermarkt widerspiegeln, wie Spielerberater-Chef Georg Reiter im Gespräch mit der Sport Bild  prognostiziert. Insbesondere die UEFA ist daher gefordert, einen genaueren Blick auf die Aktivitäten der finanzstarken Spitzenklubs zu legen.

Ablösesummen im Bereich von 50 bis 150 Millionen Euro sind spätestens seit dem Pariser Transfer-Angriff im Sommer 2017 keine Seltenheit mehr. Damals wechselte Neymar für satte 222 Millionen Euro in die französische Landeshauptstadt, für Kylian Mbappé machte Präsident Nasser Al-Khelaifi weitere 145 Millionen inklusive Bonuszahlungen in Höhe von bis zu 35 Millionen Euro locker, die zur Einhaltung des Financial Fairplay erst im darauffolgenden Jahr an die AS Monaco überwiesen wurden. Das ist mehr, als so mancher Bundesligakader wert ist.

Auch das viele Geld der englischen Klubs, die von den extrem hohen TV-Einnahmen profitieren, hat die Fußballwelt in eine neue finanzielle Dimension vordringen lassen. ​Doch wegen des Coronavirus' drohen wichtige Einnahmen wegzufallen. DFL-Chef Christian Seifert befürchtet sogar das Aus für viele Vereine der ersten und zweiten Bundesliga, sollte die Saison endgültig abgebrochen werden. 

Sinken die Ablösesummen?

Die Corona-Krise ist womöglich aber auch eine Chance, die Machtverhältnisse wieder anzugleichen. "Umso länge die Pause dauert, desto wahrscheinlicher ist, dass als Erstes die Ablösesummen sinken, weil die Klubs diese Ausgaben sofort einsparen können", erklärt Georg Reiter, Geschäftsführer der Spielervermittler-Vereinigung DFVV, bei Sport Bild

So könnte ​Bayer Leverkusen beispielsweise weniger als die erhoffte Summe von 130 Millionen Euro für Kai Havertz erhalten - denn je nach Ausmaß der Zwangspause kann sich womöglich kein Klub solch einen kostspieligen Transfer leisten. Auch der vom ​FC Bayern anvisierte Transfer von Leroy Sané könnte wackeln, wenngleich sich Sportdirektor Hasan Salihamdizic erst vor kurzem mit dem neuen Management des deutschen Nationalspielers getroffen haben soll. 

Die Schere zwischen Arm und Reich muss kleiner werden

Das finanzielle Ungleichgewicht hat sich in den vergangenen Jahren weiter vergrößert. Besonders Paris SG und Manchester City profitieren von den Geldern, die vom Klubscheich in die Vereinskassen fließen. Die UEFA will den amtierenden englischen Meister daher ​für zwei Jahre aus dem Verkehr ziehen. Es droht ein monatelanger Rechtsstreit, der die ausgesprochene Strafe ​hinauszögern dürfte. Auch PSG war bereits im Fadenkreuz des europäischen Fußballverbands, wurde dann aber wieder laufen gelassen.

  UEFA-Präsident Aleksander Ceferin hat die großen Klubs längst im Visier

Es sind nur zwei Beispiele. Doch auch Barcelona, Real Madrid, Juventus Turin, der FC Bayern und langsam auch Borussia Dortmund sind der nationalen Konkurrenz einige Meilen voraus. Von den steigenden Ablösesummen haben zwar auch kleinere Klubs profitiert, manche von ihnen müssen aber trotzdem jeden Cent zweimal umdrehen. Umso größer ist die Verantwortung der UEFA, die verhindern muss, dass die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinandergeht. 

Die UEFA darf nicht nachlassen

Das betrifft allen voran die Vereine, die von Scheichs oder Oligarchen unterstützt werden. Vorstellbar ist, dass die von der Corona-Krise verursachten finanziellen Schäden unter dem Deckmantel von Sponsoren-Einnahmen ausgeglichen werden und das muntere Shopping auf dem Transfermarkt weitergeht, während andere Spitzenklubs vorerst einen Sparkurs fahren müssen. Das würde einen erheblichen Wettbewerbsvorteil bedeuten, der ihnen einen Vorsprung von - womöglich - einigen Jahren verschaffen könnte. Diese Wettbewerbsverzerrung muss die UEFA um jeden Preis verhindern. 

Das Urteil gegen Manchester City war ein erster Schlag. Um den Ruf des Financial Fairplay zu verbessern, sollte die UEFA weiterhin ein genaues Auge auf die ohnehin verdächtigen Vereine werfen. Dann könnte der Ablösewahn vorerst ein Ende finden und die wirtschaftliche Dimension ein Stück weit normaler werden, solange sich die Folgen des Coronavirus' bemerkbar machen.