Hertha als "Big City Club": Und plötzlich wirft ein Abstiegskandidat mit Geld um sich
Von Yannik Möller
Seitdem Investor Lars Windhorst Hertha BSC auf dem Weg zum sogenannten "Big City Club" unterstützen möchte, scheinen die Berliner mit Geld nur so um sich werfen zu können. Wie unnatürlich es sich anfühlt, wenn plötzlich riesige Millionen-Summen in einen Verein gepumpt werden, kann man derzeit perfekt beobachten.
Als erfolgreicher Unternehmer kann Lars Windhorst auf große Summen an Geld zurückgreifen. Einen Teil dessen nutzt er seit wenigen Monaten dafür, um aus Hertha BSC einen großen und langfristig erfolgreichen Verein zu machen. Laut Bild und RBB24 ist die offizielle Summe mittlerweile auf rund 225 Millionen Euro gestiegen - ein Betrag, der für die Berliner einige Türen öffnen kann. Derartige Geschichten sind im deutschen Fußballgeschäft - vor allem im Vergleich zu anderen Ligen - noch immer Mangelware. Und aktuell kann man gut beobachten, wie unnatürlich und seltsam sich das von außen anfühlt.
Bizarres Bild: Hertha im Abstiegskampf - teure Transfers problemlos möglich
Über die letzten Jahre war die Hertha stets ein Verein aus dem groben Mittelfeld der Bundesliga. Zwar hatte man die Ambitionen, früher oder später immer näher und regelmäßig an die internationalen Plätze heranzurücken, doch konstant verbessert hat man sich langfristig gesehen nicht unbedingt. Mit den Windhorst-Millionen soll sich das nun ändern.
Mit Jürgen Klinsmann als Trainer plant man über die nächsten Jahre gesehen den großen Angriff. Sogar Wörter wie Champions League oder Meisterschaft fielen plötzlich - der gemeine Fußball-Fan musste sich wahrscheinlich erst einmal die Augen reiben: Die Alte Dame und der Kampf um die Meisterschaft. Ein Verein, der innerhalb des letzten Jahrzehnts sogar noch abgestiegen war, und auch derzeit im Abstiegskampf steckt. Wären Namen wie Julian Draxler, Granit Xhaka und Mario Götze vor zwei Jahren in einem Atemzug mit dem BSC genannt worden, man hätte sich wohl einweisen lassen müssen.
Lars Windhorst (rechts) möchte der Hertha finanziell unter die Arme greifen
Die Krux dabei ist, dass diese Ziele langfristig, zusammen mit einer gesunden wirtschaftlichen Basis und klugen Entscheidungen, gar nicht allzu leicht wegzuwischen sind. Vereine wie Manchester City, RB Leipzig/Salzburg, Paris Saint-German haben alle - wenn auch mit unterschiedlichen Hintergründen und Geschichten - gezeigt, wie schnell sich der Erfolg einstellen kann. Im modernen Fußball-Geschäft ist das Geld nun einmal das A und O.
Ähnliche Ziele, ungleiche Voraussetzungen: Die Diskrepanz zum SC Freiburg
Berlin als Verein, mitsamt der sportlichen Geschichte und seinen bisherigen Zielen, steht neben anderen Klubs wie dem SC Freiburg, dem FC Augsburg, dem FSV Mainz 05. Sie alle wollen möglichst sorgenfrei die Klasse halten, und wenn möglich, sich immer weiter etablieren.
Während derartige Vereine ihre Rekordtransfers im einstelligen Millionen-Bereich haben, wirft die Hertha im Winter (!) mit Beträgen um die 20, 25, gar 30 Millionen Euro um sich. Differenzen, die deutlich machen, wie sehr man sich von eigentlichen Konkurrenten abheben kann. Dass man Spieler wie Lucas Tousart oder vermutlich auch Krzysztof Piatek verpflichten und ihr Gehalt zahlen kann, bringt die Hauptstädter auf ein ganz anderes Niveau. Das sind Spieler, wo selbst große Klubs wie Schalke 04 (bei Piatek) wohl absolut keine Chance hatten, das Geld aufzubringen. Das muss man zunächst sacken lassen.
Dass Berlin sich ab sofort solche Spieler leisten kann, will und auch wird, ist das eine. Dass man dies jedoch tun kann, ohne vorher eine mittel- und langfristig äußerst erfolgreiche Arbeit geleistet oder große Erfolge gefeiert zu haben (bei allem Respekt vor Michael Preetz und Co.), hinterlässt einen faden Beigeschmack. Es zeigt schlicht, wie sich der Fußball in den letzten Jahren entwickelt hat. Investoren, Scheichs, oder ein Mäzen - mehr braucht man heute scheinbar nicht mehr. Schon steht einem die Welt der Träume vom "Big City Club" offen.
Natürlich ist es auch eine gefährliche Blase, die platzen kann. Vor allem, wenn es immer mehr Vereine werden, welche die Summen, Ablösen und Gehälter inflationsmäßig in die Höhe schnellen lassen.
Die Verlierer sind die kleinen Mannschaften, die sich jedes einzelne Jahr die vier Buchstaben aufreißen müssen, um überleben zu können. Auch deshalb bewundert man Christian Streichs Freiburger, während momentan viele mit fragwürdigem Blick in die Hauptstadt gucken - und nein, Union Berlin ist natürlich nicht gemeint.
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