FIFA-Boss fordert härtere Gangart gegen Rassisten!
Von Guido Müller
Rassismus - und kein Ende. Leider nicht nur in Italien. Auch die Fans von Zenit St. Petersburg, im fernen Russland, sollten sich mal hinterfragen. Doch in der Häufung, wie man sie momentan in der Serie A anfindet, hat aktuell kaum eine andere Liga Europas derart mit diesem krebsartigen Auswuchs zu kämpfen. Die Lage ist derart kritisch, dass selbst die sonst sehr schweigsame FIFA, in Person ihres Präsidenten, jetzt schärfere Maßnahmen fordert.
Wasser predigen - und Wein trinken?
Man kann natürlich in Frage stellen, ob eine Institution wie die FIFA zum Vorkämpfer gegen Rassismus und Intoleranz taugt, wenn sie selbst einem systematischen Rassismus Vorschub leistet, indem sie stillschweigend die skandalösen Umstände hinnimmt, unter denen in Katar derzeit Tausende von Gastarbeitern aus Bangladesch oder anderen benachteiligten Regionen dieser Welt die Stadien für die Weltmeisterschaft 2022 in die Wüste bauen.
Dem alltäglichen dumpfen Rassismus auf den Tribünen der Fußballstadien zumindest will die FIFA mit drastischeren Maßnahmen entgegenwirken. So kündigte es Gianni Infantino jedenfalls im italienischen Fernsehsender RAI an.
Zuvor hatte er sehr deutlich die sich zuspitzende Situation in Italien kommentiert: "Wir können keinen Rassismus in der Gesellschaft oder im Sport haben. In Italien hat sich die Situation nicht verbessert, und das ist sehr ernst. Man muss die Verantwortlichen identifizieren und aus den Stadien werfen."
Serie A mit regelmäßigen Rassismus-Eklats
Unmittelbarer Anlass war die Unterbrechung des Liga-Spiels zwischen Atalanta Bergamo und dem AC Florenz. In diesem hatte der brasilianische Spieler Dalbert Henrique, vom AC Florenz, den Unparteiischen auf rassistische Äußerungen der gegnerischen Fans aufmerksam gemacht. Der Schiedsrichter unterbrach daraufhin das Spiel für einige Minuten.
Vor einigen Wochen war es Romelu Lukaku, der mit Affen-Lauten von den sizilianischen Fans des Cagliari Calcio verunglimpft worden war. Und der sich dann auch noch nachträglich von den eigenen (!) Fans anhören musste, dass dies doch alles kein Rassismus oder ähnliches sei. Vielmehr die italienische Art, den gegnerischen Spieler zu verunsichern. Gipfel der Verdrehung der Tatsachen war dann noch die Behauptung, dass ein derartiges Benehmen der Fans nur eine Art Hochachtung vor dem jeweiligen Spieler bedeute.
Italien hat ein Rassismus-Problem. Wie es dies in höherem oder geringerem Maße - auch alle andere Länder in Europa, Deutschland eingeschlossen, haben.
Natürlich kann man sich quartalsmäßig und medienwirksam vor die Mikrofone stellen, und härtere Gangarten und Strafen einfordern. Die Wurzel des Übels wird man dadurch nicht ausreißen. Dabei erwähnt Infantino während seiner Kritik der momentanen Zustände auf dem Stiefel durchaus die entsprechenden Faktoren, mit denen sich diese rassistischen Umtriebe bekämpft werden könnten: Bildung, Verurteilung und Diskussion.
Wurzel des Rassismus liegt in der Gesellschaft
Allein - für Bildung ist in Italien nicht die FIFA zuständig, sondern der italienische Staat. Was die FIFA leisten kann, ist das Thema ständig am Köcheln zu halten und jede Verfehlung schonungslos beim Namen zu nennen. Denn: Wer schweigt, gibt Recht - lautet ein alter juristischer Aphorismus aus dem römischen Recht.
Wer sich wortlos abwendet, gibt seine Stimme den Rassisten. Dessen muss sich ein jeder bewusst sein. Umso begrüßenswerter ist es, wenn die Denunziation jeglichen Fehlverhaltens aus der Mitte der Gesellschaft selbst heraus kommt. Im konkreten Fall der rassistischen Umtriebe in einem Fußball-Stadion bedeutet das, dass die umstehenden Fans sich auch mal dagegen wehren, wenn neben ihnen plötzlich deutsche Spieler als "Neger", "Affen" oder sonst was bezeichnet werden.
Beim Testländerspiel der Deutschen gegen Serbien im vergangenen März in Wolfsburg kam es genau zu diesen Entgleisungen von einigen der deutschen Fans - die aber von anderen Fans denunziert wurden. Nur so, mit einer Null-Toleranz-Strategie, kann diesem Übel begegnet werden. Solange, bis es irgendwann nicht mehr nötig ist. Aber das, so ist zu befürchten, wird wohl noch eine ganze Weile dauern.