2G-Regel im deutschen Fußball: Zwischen Freiheiten und Kapazitäten

Vor dem Stationbesuch werden die Fans kontrolliert
Vor dem Stationbesuch werden die Fans kontrolliert / Thomas Niedermueller/Getty Images
facebooktwitterreddit

Immer mehr Vereine setzen dieser Tage auf die sogenannte 2G-Regelung. Werden nur Geimpfte und Genesene in die Stadien gelassen, dürfen diese mehr ausgelastet werden. Was viele Klubs und Fans berechtigterweise als positiv ansehen, schließt andererseits nachweislich gesunde, weil getestete Zuschauer aus. Das kann man durchaus als Zwiespalt sehen. Ein Kommentar.


2G oder 3G, das ist hier die Frage. Eine Frage, die auch den deutschen Fußball ganz aktuell bewegt. Manche Vereine satteln momentan um oder haben es vor. Sie wollen durch neue Corona-Verordnungen auf das 2G-Modell in ihren Stadien setzen. Kurzum: bis auf sehr wenige Ausnahmen haben nur Genesene und Geimpfte Zutritt - dafür winkt eine in der Regel spürbar höhere Kapazität.

Dabei treffen die zwei Dinge aufeinander, die in Deutschland zumindest gefühlt am emotionalsten diskutiert werden. Einmal die Corona-Politik mitsamt der Vorschriften und Verbote. Dazu noch der Fußball. So hat jeder seine Meinung, ob er das Umsatteln auf 2G für richtig hält oder ob er das 3G-Modell als verträglicher und ebenfalls sicher ansieht.

2G vor allem aus Vereinssicht ein Heilsbringer

Normalerweise beschäftigt sich ein Kommentar dann mit einer dieser Richtungen, weil er diese unterstützt. Nicht jedoch in diesem Fall. Ich bin zurzeit noch unentschlossen, welche Vorgehensweise ich persönlich als besser bzw. gerechter empfinde.

Und das nicht, weil ich mich zu wenig oder zu spät mit den Corona-Zahlen, -Entwicklungen oder -Sorgen auseinandergesetzt habe. Auch nicht, weil ich kein Verständnis dafür habe, dass die Stadien wieder voll(er) werden sollten. Beides ist gewiss nicht der Fall.

Viel eher kann ich mich in der Fußballbranche bei dieser Frage zu keinem Urteil durchringen, weil meine Ansichten zu diesem Thema gegeneinander sprechen und aufeinanderprallen.

TSG Hoffenheim v 1. FC Union Berlin - Bundesliga
Viele deutsche Klubs handeln noch immer nach der 3G-Regelung / Matthias Hangst/Getty Images

Da ist die Sicht der Vereine. Durch die 2G-Regel können sie ihre Stadien weiter auslasten. Werder Bremen steht zum Beispiel eine zeitnahe Vollauslastung in Aussicht. Alleine schon aus finanzieller Sicht ist es zweifelsfrei geboten, diese Perspektive anzunehmen und bestmöglich umzusetzen.

Auch viele Fans sprechen sich für diese Regelungen aus. Ebenfalls aus finanzieller Klub-Sicht, aber auch, da sich einige deutlich sicherer fühlen. Das mag man kritisieren oder auch nicht, doch dieses Gefühl herrscht bei nicht wenigen Menschen vor. Die Impfungen ebnen den Weg raus aus dieser Pandemie, und damit auch den Weg ins Stadion. Das ist aus moralischer wie medizinischer Sicht eine definitiv verständliche Betrachtung.

Ja, auch Geimpfte können andere Menschen anstecken. Aber es ist nun einmal unwahrscheinlicher und damit zugleich sicherer. Und wenn der Einlass nur nach 2G-Regel erfolgt, sind selbst im grundsätzlich schon eher seltenen Ansteckungsfall (Stichwort frische Luft) kaum schwere Verläufe zu erwarten. Der Stadionbesuch wird sicherer.

Bei 2G werden gesunde, da getestete Fans ausgeschlossen

Doch es gibt eben nicht nur diesen medizinischen Blickwinkel. Durch 2G werden getestete Fans nicht ins Stadion gelassen - die jeweiligen Ausnahmen einmal beiseite gelegt. Vorweg: ich persönlich sehe keinen Grund, diese sehr wirksamen Impfungen auszuschlagen, wenn man sie bekommen kann. Ich würde jeden ermutigen, sich impfen zu lassen. Dennoch wird nachweislich gesunden, weil getesteten Menschen, die diese freie Entscheidung anders gefällt haben, der Zutritt verwehrt.

Das ist eine Tatsache, die auf der anderen Seite meiner Abwägung zu diesem Thema steht. Selbstverständlich profitieren die Vereine durch die 2G-Regel: die große Mehrheit ist bereits geimpft oder genesen und es gibt die Chance, die finanziellen Verluste durch leere Stadien mindestens teilweise zu stoppen. Dazu ist es ihr Hausrecht und ein Stadionbesuch kein alltägliches Muss. Auch das ist vollkommen verständlich.

West Ham United v Manchester United - Premier League
In anderen Ländern wird Fußball längst wieder in vollen Hütten genossen / Julian Finney/Getty Images

Aber auch wenn es die angesprochenen Ausnahmen gibt: so oder so werden gesunde Menschen ausgesperrt. Sogar wortwörtlich. Ich kann ihre Entscheidung, sich partout nicht impfen lassen zu wollen nicht unterstützen. Jedoch ist es keine Pflicht und der betroffene Fan ist nachweislich (durch einen Test) gesund (!) - wie könnte ich ihm seinen Zutritt verwehren wollen? Nur weil ich ihn in seiner Entscheidung nicht unterstütze, heißt das nicht, dass ich nicht auch für seine Freiheiten einstehen kann.

Für mich ist es ein häufiges Wanken. Mal eher zur 2G-Regelungen, dann mal wieder tendiere ich dazu die Stadien im 3G-Modus zu belassen. Und nochmals: es ist insbesondere aus Vereinssicht vollkommen legitim und normal, die Variante zu bevorzugen, die eine höhere Kapazität erlaubt.

Nun könnte man sogar argumentieren, auch mit 3G könnte Fußball inzwischen wieder in Vollauslastung genossen werden. Ohne Abstand, ohne Masken, dafür mit Jubeln - wie in bereits einigen anderen Ländern. Schließlich konnte mittlerweile jeder, der wollte, ein Impfangebot annehmen. Das wäre aber ein Schritt zu weit bei diesem Thema und längst keine reine Fußball-Debatte mehr.

Wer weiß - vielleicht hängt der ein oder andere Fußball-Fan ebenfalls an dieser 2G-oder-doch-3G-Frage fest...