Hoeneß fordert Bayern-Kaufstopp: Diese 6 Szenarien könnten hinter dem Plädoyer stecken
Von Dominik Hager

Der FC Bayern kommt dieser Tage so schmal wie selten daher. Dies liegt allerdings nicht etwa an ausgehungerten Profis, sondern eher daran, dass viele Abgänge durch nur wenige Neuzugänge ersetzt worden sind. Insbesondere in der Offensive gibt es aktuell nur vier einsatzbereite und erprobte Kräfte für vier Positionen, was bedeutet, dass die Stars zum einen kaum Pausen bekommen dürften und zum anderen das Credo "Verletzen verboten" gilt.
Jüngst schlug selbst Harry Kane Alarm, indem er den Bayern-Kader als einen der kleinsten Klader beschrieb, in denen er je gespielt habe. Sogar der ansonsten so ruhige Vincent Kompany scheint sich so langsam Sorgen zu machen. "Die Qualität ist da, aber wir haben nicht die Breite", argumentierte der Bayern-Coach.
Eigentlich ist es offensichtlich, dass die Bayern noch Verstärkungen benötigen und doch tut sich auf dem Markt wenig. Lag es zunächst nahe, Max Eberl dafür in die Verantwortung zu ziehen, sieht die Angelegenheit nach einem Interview von Uli Hoeneß in der SZ plötzlich ganz anders aus. Dieser plädierte schließlich klar dafür, dass kein Spieler mehr gekauft werden, sondern lediglich geliehen werden soll.
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Doch was steckt wirklich hinter der Aussage des Ehrenpräsidenten. 90min durchleuchtet mehrere mögliche Szenarien.
1. Alles nur Verhandlungstaktik
Wenn Uli Hoeneß etwas in die Öffentlichkeit posaunt, mag man meist entschieden den Kopf schütteln. Oft steckt hinter seinen Aussagen aber eine ganz andere Intention als es auf dem ersten Blick den Anschein hat. Die Aussage, nur noch leihen, aber nicht kaufen zu wollen, erhöht gewissermaßen den Druck bei anderen Klubs und könnte die Bayern in eine bessere Position manövrieren.
Das konkrete Beispiel ist hier wohl Christopher Nkunku. Die Münchner wollen den Spieler nur leihen, während Chelsea auf eine Ablöse in Höhe von 50 Millionen Euro hofft. Mit seinem öffentlichen Vorstoß lässt Hoeneß die Blues zumindest glauben, dass man nicht pokert, sondern wirklich nicht bereit ist, eine hohe Ablöse für den Franzosen zu zahlen. Auf diese Weise könnte sich letztlich doch eine Leihe ausgehen, sollte Chelsea Nkunku dringend von der Gehaltsliste bekommen wollen, um den Xavi-Deal zu verwirklichen.
Selbstredend können die Bayern auch bei Nkunku scheitern, jedoch bringt es einen immer in eine schlechte Verhandlungsposition, wenn ganz Europa glaubt, dass man unbedingt noch Spieler verpflichten muss.
2. Hoeneß sägt schon am Stuhl von Eberl und Freund
Man könnte natürlich die Aussage von Hoeneß auch so deuten, als würde er Max Eberl entmachten wollen. Dem Sportvorstand scheinen derzeit so ziemlich die Hände gebunden zu sein, wenn er offenbar keine Spieler mehr kaufen soll. Dies kann auch als enormes Misstrauen von Hoeneß in seine Manager-Fähigkeiten verstanden werden.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass Hoeneß tatsächlich plant, Eberl und Freund nach der Transferperiode vor die Tür zu setzen. Dürften die Kaderplaner bis dahin nur noch Spieler leihen, können sie faktisch auch nicht mehr so viel Schaden anrichten wie durch feste Käufe.
3. Der FC Bayern ist finanziell schlechter aufgestellt als man denkt
Der FC Bayern gilt als absoluter Liga-Primus und als finanziell äußerst gesunder Verein. Bei Florian Wirtz wären die Münchner wohl bereit gewesen, durch ein Sondervermögen bis zu 150 Millionen Euro zu zahlen. Und doch häufen sich die Aussagen der Bayern-Verantwortlichen, dass das Festgeldkonto geschmolzen ist und gespart werden soll. Haben die zum Teil überhöhten Gehälter wirklich dafür gesorgt, dass der Verein ein wenig in Schieflage geraten ist? Wirklich auszugehen ist davon allerdings nicht. Der FC Bayern hat gewiss nicht die fast unbegrenzten Möglichkeiten wie manch anderer Top-Klub, jedoch zeigt ja das Interesse an Woltemade, dass dennoch noch einiges an Geld in den Kassen sein muss.
4. Hoeneß plant den großen Umbruch für 2026
Schon wahrscheinlicher ist dieses Szenario. Zwar ist noch Geld in den Kassen, jedoch soll dieses erst im kommenden Sommer ausgegeben werden. Hier dürfte ein erneuter Vorstoß für Woltemade geplant sein und auch darüber hinaus wären einige Aktivitäten möglich. Die Verträge von Leon Goretzka, Serge Gnabry, Manuel Neuer und Raphael Guerreiro laufen aus, womit auch viel Gehalt frei werden könnte - sofern die Spieler den Verein verlassen. Auch ein Kane-Abschied könnte zum Thema werden.
Sollte es aber tatsächlich so kommen, müssten die Bayern im kommenden Sommer ordentlich nachlegen, wobei es natürlich nicht schaden kann, wenn im Hier und Jetzt ein paar Millionen Euro gespart werden.
Womöglich legt Hoeneß auch schlichtweg nicht den ganz großen Fokus auf diese Saison. Es steht anders als im Vorjahr kein mögliches Finale Dahoam an. Außerdem ist das Team durch die Ausfälle von Jamal Musiala und Alphonso Davies ohnehin geschwächt. Dennoch scheint es keinen Bundesliga-Klub zu geben, der den Bayern die Meisterschale entreißen kann. Es wäre also nicht der schlechteste Zeitpunkt für eine Übergangssaison.
5. Hoeneß will den Eigengewächsen die Tür öffnen
Eine solche Übergangssaison kann zudem auch immer mit Chancen einhergehen. Sollte der Kader so bleiben wie er ist oder nur noch durch eine Leihe verstärkt werden, käme Vincent Kompany gar nicht daran vorbei, mal den ein oder anderen jüngeren Spieler verstärkt einzusetzen. Es ist definitiv nicht ausgeschlossen, dass Hoeneß genau das sehen will und den Trainer indirekt dazu zwingt, dies auch umzusetzen.
Man denke nur daran, dass Hoeneß Ex-Bayern-Coach Thomas Tuchel dafür kritisiert hat, kein Spielerentwickler zu sein und ihm die Einbindung von Talenten sehr am Herzen liegt. Demnach gefällt es ihm wohl gar nicht so gut, dass sich Kompany bislang so gar nicht als Jugendförderer präsentiert hat.
6. Hoeneß will kein Geld in "B-Ware" stecken
Der FC Bayern ist in den vergangenen Jahren häufig nicht so gut damit gefahren, Spieler zu verpflichten, die nicht der absoluten Top-Kategorie zuzurechnen sind. Transfers wie Sacha Boey oder Bryan Zaragoza haben unnötig Geld gekostet und den Verein keinen Schritt vorangebracht.
Kurz vor dem Ende der Transferperiode hält es Hoeneß womöglich einfach nicht mehr für realistisch, Spieler zu bekommen, die auch wirklich Bayern-Niveau haben, eine langfristige Verstärkung darstellen können und damit eine hohe Ablöse gerechtfertigten.
Auf der anderen Seite hat der FC Bayern durchaus schon mit Leihgeschäften Erfolg gehabt. Man denke nur an die Leihen von Ivan Perisic und Philippe Coutinho, die zum Triple beigetragen haben, selbst wenn man sich vom Brasilianer noch mehr versprochen hatte.
Es wäre durchaus naheliegend, wenn sich Hoeneß auf diese Erfahrungen stützt.
Fazit:
Die Aussage von Hoeneß kann zahlreiche Motive haben und noch gilt es abzuwarten, was bis zum 1. September passiert. Es ist allerdings auch klar, dass es in den kommenden Tagen äußerst schwierig werden dürfte, Spieler zu leihen, die auch die entsprechende Qualität haben. Der Klub würde damit ein enormes Risiko gehen.
Zudem nimmt man sich auch die Chance, den ein oder anderen ambitionierten Spieler zu verpflichten, der möglicherweise der Star von morgen ist. Eigentlich wäre genau das der naheliegende Weg, um gegen die zum Teil finanziell noch stärkeren Vereine konkurrenzfähig zu bleiben. Der Fall Desiré Doué sollte dem Klub hier zu Denken geben.
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