Triumph beim Auftaktspiel? Die Tipps zu Deutschland gegen Polen

"Wir wissen, es wird jetzt ernst. Wir sind aufgeregt und auf gute Art nervös. Wir können es kaum erwarten", sagte Jule Brand auf einer Pressekonferenz wenige Tage vor dem EM-Auftaktspiel der DFB-Frauen gegen Polen. Nach einer langen und intensiven Vorbereitung fällt also am Freitagabend (21 Uhr, live in der ARD) in St. Gallen endlich der Startschuss zur Europameisterschaft. Doch kann die deutsche Frauennationalmannschaft das Auftaktspiel gewinnen oder lässt sie wichtige Punkte im Kampf um den Einzug ins Viertelfinale liegen? Die Tipps der 90min-Redaktion.
Adriana Wehrens: Offensiv-Feuerwerk in Halbzeit eins
Deutschland - Polen 3:0
Auch wenn beim ersten Gruppengegner der deutschen Mannschaft eine ganze Reihe an aktuellen und ehemaligen Spielerinnen aus der Frauen-Bundesliga im Kader steht, gilt Polen beim Turnier in der Schweiz eher als Unbekannte unter den Nationalmannschaften – immerhin nimmt die Nation zum ersten Mal an einer Europameisterschaft teil. Und Trainerin Nina Patalon schickt gleich das jüngste Team der EM ins Rennen. Dieser Fakt indiziert, dass in Polen gerade eine starke neue Generation heranwächst – ein Team, das vor allem den Zusammenhalt zu seinen großen Stärken zählt. Ähnliche Töne hat man ja zuletzt auch aus dem deutschen Lager gehört, das immer wieder den Teamgeist innerhalb der Mannschaft betonte.
Auf dem Platz erwarte ich von Anfang an klar verteilte Rollen: Deutschland wird seinen gewohnten Ballbesitzfußball aufziehen, während Polen auf Konter oder Fehler im Aufbauspiel wartet. Gut vorstellbar ist, dass die Abwehrreihe zeitweise auch hoch gepresst wird. Nicht nur hat das DFB-Team hier in der jüngsten Vergangenheit noch einige Lücken aufgezeigt, sondern mit Starstürmerin Ewa Pajor steht auch eine Akteurin in den Reihen Polens, die ihre Chancen eiskalt ausnutzen wird. Aber auch Mittelfeldstrategin Tanja Pawollek und die ebenso angriffsstarke Natalia Padilla Bidas muss das Team von Christian Wück auf dem Zettel haben.
Ich schätze die deutsche Mannschaft derzeit auf einem sehr hohen Level ein – was die Leistung betrifft, aber auch das Selbstvertrauen in die eigenen Stärken. Die Offensive hat mehrfach gezeigt, dass sie in Bestform Tore am Fließband produzieren kann. Aus diesem Grund erwarte ich vor allem in der ersten Hälfte ein Offensiv-Feuerwerk und tippe insgesamt auf einen 3:0-Sieg.
Helene Altgelt: Sieg mit Schreckmomenten
Deutschland-Polen 3:1
Mit den Auftaktspielen der DFB-Frauen bei großen Turnieren ist es so eine Sache. Ein toller Auftaktsieg kann, wie bei der EM 2022, ein Team durch das ganze Turnier pushen (4:0 gegen Dänemark), aber auch trügerische Sicherheit geben (6:0 gegen Marokko bei der WM 2023). Und gegen Polen? Die Geschichte lehrt, dass man aus dem Ergebnis wohl nicht allzu viele Erkenntnisse ziehen kann. Zumindest nicht im Falle eines Sieges. Bei einem Unentschieden oder einer Niederlage jedoch wären Sorgenfalten durchaus berechtigt, danach würde ein Weiterkommen durchaus anspruchsvoll. Aber die Chancen stehen gut auf einen erfolgreichen EM-Start gegen die Neulinge: Deutschland hat sich in den letzten Spielen offensivstark präsentiert, und die Flügelzange Bühl & Brand dürfte gegen Polen voll auf ihre Kosten kommen.
Auch im Mittelfeld ist Deutschland individuell einen Deut besser aufgestellt. Aber Polen hat mit Nina Patalon eine ausgefuchste Trainerin, sie werden defensiv gut eingestellt sein und haben mit Ewa Pajor und Natalia Padilla Bidas gleich zwei herausragende Konterspielerinnen. Ohne den ein oder anderen Schreckmoment wird es wohl nicht gehen. Meine Prognose: Nach einer nervösen Anfangsphase von beiden Teams gibt ein Doppelschlag dem DFB-Team Sicherheit, und auf den Anschlusstreffer können sie reagieren – 3:1 für Deutschland.
Carmen Stadelmann: Ohne weiße Weste, aber mit vielen Toren
Deutschland-Polen 5:1
"Das erste Spiel gegen Polen wird das wichtigste für uns sein, um in den Flow zu kommen", erklärte Bundestrainer Christian Wück wenige Tage vor dem Auftaktspiel der DFB-Frauen gegen Polen. Doch ist die deutsche Frauennationalmannschaft dazu in der Lage? Auf dem Papier sind die Machtverhältnisse recht klar verteilt. Während für Polen die Qualifikation zur EM schon ein großer Erfolg war (zuvor erreichten sie nicht einmal die Play-offs zur Qualifikation für ein großes Turnier), sprachen die DFB-Frauen in der jüngsten Vergangenheit ihre Titelambitionen klar aus. Ich gehe davon aus, dass sich genau dieses Gefälle in den Erwartungen auch auf dem Platz widerspiegelt. Die deutsche Elf weiß, wie man Auftaktspiele bewältigt: In den letzten drei Turnieren (Olympia 2024, WM 2023 und EM 2022) konnten sich die DFB-Frauen gleich zu Beginn drei Punkte sichern.
Anders als bei vielen anderen Turnieren ist aber, dass Deutschland mit einem positiven Gefühl und Selbstvertrauen aus der Vorbereitung kommt. Das liegt vor allem an den zuletzt souverän gewonnenen Spielen gegen die Niederlande und Österreich. Ich erwarte ein deutsches Team, das dem Spiel von Beginn an den Stempel aufdrücken will und sofort versucht, ein erstes Ausrufezeichen zusetzen.
Doch es ist auch Vorsicht geboten: Die Polinnen mögen vielleicht nicht das größte Starensemble beieinander haben, ihre Stärken könnten sie aber gegen Deutschland gut auf den Platz bringen - die liegen nämlich im Umschaltspiel. Vor allem mit der schnellen und abschlussstarken Ewa Pajor als Zielspielerin wird es die deutsche Abwehr zu tun bekommen. Deshalb gehe ich auch davon aus, dass Ann-Katrin Berger und ihrer Hintermannschaft leider keine weiße Weste wahren kann. Doch die Offensive um Klara Bühl, Jule Brand, Linda Dallmann und Lea Schüller wird genug Tore schießen, um den ersten Dreier sicher ins Basecamp zu manövrieren. Mein Tipp: Ein hohes und beflügelndes 5:1 für die deutsche Frauennationalmannschaft (ein ungewöhnlicher Optimismus meinerseits).