Spielerinnenflucht bei Eintracht Frankfurt - Zerstört der Sparkurs das Team?

Mehrere namhafte Spielerinnen verlassen Eintracht Frankfurt im Sommer. Der Verein verfolgt eine interessante Finanzierungsstrategie, doch passt diese zu den ambitionierten Zielen des Klubs? Ein Kommentar.
Die Frankfurterinnen schlossen die Saison auf dem dritten Tabellenrang ab
Die Frankfurterinnen schlossen die Saison auf dem dritten Tabellenrang ab / Juergen Schwarz/GettyImages
facebooktwitterreddit

Die Adlerträgerinnen erleben gerade eine Zeit voller Turbulenzen. Viele Medienhäuser sprechen gar von "Rumoren" bei Eintracht Frankfurt.

Mit einem kurzen Blick auf die News rund um die Frauen der SGE bestätigt sich das zumindest oberflächlich. Das verwundert den ein oder anderen, denn eigentlich haben die Adlerträgerinnen doch ihr Saisonziel erreicht und die europäische Qualifikation eingetütet. Es ist aber vor allem die Kaderplanung, die viele Fans zum Stirnrunzeln bringt - befeuert durch immer weitere potenzielle Abgänge.

Spielerinnenflucht in Frankfurt?

Im vergangenen Sommer wurde der Frankfurter Weg noch in den Himmel gelobt: Damals setzten die Verantwortlichen auf Vertragsverlängerungen ihrer Top-Spielerinnen, um den Kader beisammen und eine gewisse Kontinuität aufrechtzuerhalten. Die Liebesbekundungen der Spielerinnen gegenüber der SGE freuten vor allem die Fans der Eintracht und waren auch objektiv betrachtet beeindruckend.

Doch innerhalb eines Jahres scheint sich in der Mainmetropole viel geändert zu haben: Zwar verließen auch im vergangenen Sommer sechs Spielerinnen die Eintracht - die Kaliber änderten sich aber. Waren es damals hauptsächlich Ergänzungsspielerinnen, verliert die SGE in diesem Sommer mit Stina Johannes, Barbara Dunst, Tanja Pawollek und Carlotta Wamser gleich vier Leistungsträgerinnen und Identifikationsfiguren des Teams.

Doch es kommt wohl noch dicker: Sophia Kleinherne soll schon auf gepackten Koffern in Richtung Wolfsburg sitzen. Außerdem buhlen die Wölfinnen angeblich um SGE-Stürmerin Nicole Anyomi. Damit würde der Kader der Eintracht noch weiter zusammenbrechen.

Genau mit dieser Entwicklung hätten viele vor ein paar Wochen überhaupt nicht gerechnet. Durch die Qualifikation zur UWCL und eine starke Hinrunde wurde eher erwartet, dass neue hochkarätige Spielerinnen in die Mainmetropole gelockt werden können und nicht, dass gestandene Leistungsträgerinnen das Schiff verlassen.

Das ist jetzt erst mal grundsätzlich nichts Ungewöhnliches im Sport-Business und liegt bei der Eintracht in der Natur der Sache. In jeder Saison brechen Spielerinnen weg, die es zu ersetzen gilt - was Frankfurt auch in der Vergangenheit immer bravourös meisterte. Doch der jetzige Umbruch ist größer als bisherige und stellt die Verantwortlichen auf die Probe.

Spart die Eintracht das Team kaputt?

Wie viel Investitionsbereitschaft herrscht bei der Eintracht? "Wir sind der erlösstärkste Klub im deutschen Frauenfußball, können aber nicht die größten Investitionen in den Kader machen", erklärte der Vorstandsvorsitzende der SGE, Axel Hellmann, im vergangenen Jahr gegenüber der FR. Die Frankfurterinnen müssten daher erst erwirtschaften, was sie dann investieren. Das sei bei Bayern oder Wolfsburg anders, da diese "eine andere Bezuschussungstiefe" haben.

Bei Frankfurt soll die Bezuschussung laut der Hessenschau bei ungefähr fünf Millionen Euro liegen. Die Gesamterlöse aus Spieltagen, TV-Einnahmen und Marketing beliefen sich zuletzt auf rund sechs Millionen Euro. Von diesen Einnahmen gingen circa 3,5 Millionen Euro in den Topf, mit dem die Frauenmannschaft finanziert wird. In Deutschland sind nur Bayern und Wolfsburg bereit, mehr für ihr Frauenteam zu zahlen. Eintracht Frankfurt hingegen wird das Budget für die Frauenabteilung vorerst nicht erhöhen.

Sophia Kleinherne
Wird auch Sophia Kleinherne die Eintracht im Sommer verlassen? / Thomas Eisenhuth/GettyImages

Doch die Konkurrenz schläft nicht: Teams wie beispielsweise Aufsteiger Union Berlin oder Regionalligist VfB Stuttgart nehmen viel Geld in die Hand, um ihre Frauenabteilung zu professionalisieren. Die Eintracht sei aber nicht bereit, "ohne Weiteres mehr zu zahlen", wie es gegenüber der FAZ hieß.

Darunter soll beispielsweise der Wechsel von Tanja Pawollek gelitten haben. Denn auch die Gehälter im Frauenfußball ziehen an und verlangen von den Vereinen eine gewisse Investitionsbereitschaft. Eintracht Frankfurt hingegen wird das Budget für die Frauenabteilung vorerst nicht erhöhen.

Laura Freigang zeigt sich nach außen verständnisvoll über den Sparkurs des Vereins: "Dass Eintracht Frankfurt ein Verein ist, der gut zu wirtschaften versucht, ist grundsätzlich nichts Neues. Natürlich ist die Dynamik im Frauenfußball noch ein bisschen anders. Es ist eine Frage der Zeit, dass das auch im Frauenfußball ankommt, dass Gewinne erzielt werden müssen." Dennoch haben die Ankündigungen des finanziellen Fahrplans innerhalb des Teams für Unruhen gesorgt, wie Spielerinnen berichteten.

Die Verantwortlichen der SGE setzen unterdessen darauf, Transferüberschüsse zu erzielen. Bedeutet konkret: Spielerinnen, die eigentlich noch unter Vertrag stehen, werden von anderen Vereinen herausgekauft - wie beispielsweise Sophia Kleinherne. Die Ablösesummen können dann in den Kader investiert werden. So richtet sich der Frankfurter Transferblick auf junge Talente. Diese gilt es in Hessen auszubilden und fit für die Weltklasse zu machen, um sie dann mit ordentlich Gewinn weiterverkaufen zu können.

"Die Erwartungshaltung, dass wir Leistungsträgerinnen nur mit gestandenen Spielerinnen ersetzen, wollen und werden wir nicht erfüllen", betonte die Technische Leiterin der Eintracht-Frauen, Katharina Kiel, in einem Interview auf der Website des Vereins. Sie beschönigt den Umbruch mit der Begründung, "neue Reize" zu setzen, die "Kultur innerhalb der Mannschaft" zu verändern und einen größeren Konkurrenzkampf zu etablieren.

Klar ist, dass Frankfurt definitiv keine "Ausbildungstruppe" ist und sein wird. Die großen Titel müssen ins Blickfeld genommen werden, um in Zukunft internationale Klasse in die Mainmetropole zu locken. Denn in der Hinrunde hat sich gezeigt, dass Frankfurt um Titel mitspielen kann und sich auch international Ziele stecken darf. Die SGE muss nur aufpassen, dass die Stärke des Teams im Kampf um die beste und lukrativste Finanzierung nicht verloren geht. Die Verantwortlichen beschrieben die Geschichte des Teams als "auserzählt" - dann ist es doch eigentlich an der Zeit, ein erfolgreicheres Kapitel zu schreiben, oder?


Weitere Frauenfußball-News lesen:

feed