Problem erkannt, Problem gebannt? DFB prüft Neuerung um Nachwuchstalente
Von Oliver Helbig

Die Jugendausbildung im deutschen Fußball ist durchaus hochwertig und auf mehreren Ebenen wertvoll – allerdings profitieren auch andere Landesverbände in großem Maße davon, indem sie dem deutschen Verband zahlreiche hier ausgebildete Talente abwerben, sobald diese in den Männerfußball wechseln. Ein jüngeres Beispiel in dieser Hinsicht ist etwa Ibrahim Maza von Bayer 04 Leverkusen, der sich entschied, für das Heimatland seines Vaters, Algerien, in der A-Nationalmannschaft aufzulaufen, obwohl er seine Ausbildung beim DFB genossen hatte.
Es ist nicht das erste Mal, dass der DFB eine solche Entscheidung hinnehmen muss und es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Dennoch wünscht man sich nun Reformen, um am Ende nicht immer mit leeren Händen dazustehen.
Problem erkannt: DFB prüft Reformen
Wie DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig nun durchblicken ließ, prüft der DFB aktuell, ob man in solchen Fällen nicht auf eine Entschädigungszahlung pochen könne, um der jahrelangen Ausbildung abwandernder Talente zumindest finanziell noch etwas abgewinnen zu können.
"Es erschließt sich mir überhaupt nicht, warum ein Spieler, der über fünf Jahre in erster Linie bei seinem Verein, aber dann auch bei dem Verband als Juniorpartner ausgebildet wurde, zum Nulltarif den Nationalverband wechseln kann."
- Andreas Rettig, DFB
"Es erschließt sich mir überhaupt nicht, warum ein Spieler, der über fünf Jahre in erster Linie bei seinem Verein, aber dann auch bei dem Verband als Juniorpartner ausgebildet wurde, zum Nulltarif den Nationalverband wechseln kann“, sagte der 62-Jährige gegenüber der Deutschen Presse-Agentur und brachte seinen Groll gegenüber der aktuellen Situation zum Ausdruck. Wie Rettig findet, sei das Thema der Entschädigungszahlungen "bislang noch nicht im großen Umfang angegangen worden".
DFB als Zulieferer mit leeren Händen
Auf Vereinsebene sind Ausbildungsentschädigungen für Jugendfußballer bereits weit verbreitet und gehören quasi zum Geschäft. In puncto Verbandswechsel gibt es hierzu jedoch noch keine klare Regelung, an der der DFB nun arbeiten will. "Ausbildung muss sich eben für beide Seiten lohnen, den Auszubildenden und den Ausbilder“, findet Rettig und hat damit wohl keineswegs Unrecht.
"In Deutschland besitzen 43 Prozent der unter Fünfjährigen eine doppelte Staatsangehörigkeit. Wenn sie zehn oder zwölf Jahre älter sind, können sie sich entscheiden: Ist mir der Adler lieber als beispielsweise der Halbmond? [...] von der U15 bis zur U21 [...] Jahrgänge, in denen sieben oder acht Spieler in der Startelf zwei Pässe besitzen."
- A. Rettig skizziert DFB-Problem
DFB-Boss Rettig zeigte klar auf wo die Problematik für den deutschen Fußball liege. "In Deutschland besitzen 43 Prozent der unter Fünfjährigen eine doppelte Staatsangehörigkeit. Wenn sie zehn oder zwölf Jahre älter sind, können sie sich entscheiden: Ist mir der Adler lieber als beispielsweise der Halbmond?“ Potenzielle Nachwuchsstars die der DFB auf Weitsicht an andere Länder verlieren könnte obwohl er sich komplett um die Ausbildung dieser Kicker kümmerte.
Die Rettig-Rechnung macht nachdenklich: "Wir haben im Verband die Kaderlisten von der U15 bis zur U21 analysiert: Dort liegt der Anteil deutlich über den genannten 43 Prozent. Es gibt Jahrgänge, in denen sieben oder acht Spieler in der Startelf zwei Pässe besitzen.“ Kurz gesagt: Die Gefahr, dass der DFB vor allem die Ausbildungsarbeit anderer Länder übernimmt, ist enorm. In diesen speziellen Fällen soll sich das in Zukunft wohl zumindest auf dem Konto des deutschen Verbandes rechnen, damit die Arbeit nicht gänzlich umsonst war.
Malick Thiaw als positives Gegenbeispiel
Dass der Weg auch anders verlaufen kann, beweist zum Beispiel Malick Thiaw, der von Bundestrainer Julian Nagelsmann nun wieder für die deutsche Nationalmannschaft nominiert wurde. In einem Sky-Interview wurde der Abwehrstar von Newcastle United darauf angesprochen, dass auch er die Option gehabt hätte, für andere Nationen als Deutschland aufzulaufen, etwa für Finnland oder den Senegal. Der 24-jährige gebürtige Düsseldorfer machte als gestandener Profi eindeutig klar, warum er sich für den DFB entschieden hat.
"Für mich war es eigentlich immer ganz klar eine Priorität für Deutschland zu spielen."
- Malick Thiaw
"Für mich war es eigentlich immer ganz klar eine Priorität für Deutschland zu spielen", stellte der frühere Schalker klar. Thiaw habe sich zwar auch mit den anderen Optionen beschäftigt, doch sein Fokus lag stets auf dem DFB. "Ich habe mir den Fall, dass es nicht so gewesen wäre, auch den Senegal angehört, einfach aus gewissen Gründen, weil ich jetzt zwei Jahre nicht mehr dort war [beim DFB, Anm. d. Red.]", verriet Thiaw. Am Ende waren dies aber nur Randgeschichten für den DFB-Star.
"Ich hatte natürlich Kontakt mit den gewissen Nationen, aber ich habe ihnen von Anfang an ganz klar mitgeteilt, dass Deutschland immer meine Priorität ist und wenn ein Anruf kommt, ich gerne für Deutschland auflaufen werde.“ Das wird der dreimalige deutsche Nationalspieler aller Voraussicht nach wohl auch während dieser Länderspielpause - vielleicht schon am Freitag gegen Luxemburg.
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