Zweiter Olympia-Matchball: Vorschau zu Deutschland gegen die Niederlande

Die DFB-Frauen haben im Spiel um Platz drei der Nations League gegen die Niederlande eine zweite Chance, sich für die Olympischen Spiele in Paris zu qualifizieren.
Beim letzten Aufeinandertreffen mit den Niederlanden gab es Jubel
Beim letzten Aufeinandertreffen mit den Niederlanden gab es Jubel / Frederic Scheidemann/GettyImages
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Das Wichtigste in Kürze

Zweiter Matchball: Am Mittwoch, den 28. Februar (ZDF, 20:45 Uhr) trifft Deutschland auf die Niederlande. Nach dem 1:2 gegen Frankreich im Halbfinale ist das Spiel um Platz drei die erneute - und letzte - Chance, sich für die Olympischen Spiele im Sommer zu qualifizieren. Gespielt wird in Heerenveen, Stéphanie Frappart wird die Begegnung leiten. Die Niederlande zogen im Halbfinale gegen die Weltmeisterinnen aus Spanien mit 0:3 den Kürzeren.

Darum geht’s

Auch die Niederlande werden hoch motiviert sein, das Olympia-Ticket zu lösen. Zwölf Teams nehmen bei den Spielen teil, sieben sind bereits qualifiziert: Neben Frankreich auch Finalist Spanien, Brasilien, Kolumbien, Neuseeland, Kanada und die USA.

Die Olympia-Qualifikation wäre für die Elf von Horst Hrubesch immens wichtig. Bereits 2021 hatten die DFB-Frauen die Olympischen Spiele verpasst. Ein zweites Fehlen in Folge wäre fatal, da das Turnier im Frauenfußball einen sehr hohen Stellenwert genießt. Nach der verkorksten WM und dem Champions-League-Aus der deutschen Teams will die DFB-Elf endlich wieder ein Erfolgserlebnis feiern. Auch Trainer Horst Hrubesch macht keinen Hehl daraus, dass er gerne nochmal den olympischen Geist erleben will - 2016 hatte er die Männerauswahl betreut.

Horst Hrubesch
DFB-Trainer Horst Hrubesch / Jean Catuffe/GettyImages

Frankreich und die Niederlande gehören zudem zu den Ländern, mit denen sich Deutschland eigentlich messen will. England mit der lang angelegten Frauenfußball-Förderstrategie und Spanien mit den technisch bestens ausgebildeten Spielerinnen sind aktuell schon ein Stück weit enteilt. Frankreich hat ebenfalls ein starkes Team und die letzten Spiele waren stets eng gewesen, dennoch entsprach besonders die erste Hälfte nicht den spielerischen Ansprüchen. 

Die Niederlande dagegen schaffen es bereits seit Jahren, trotz der geringen Einwohnerzahl von 17 Millionen, zur Weltspitze zu gehören. Der DFB könnte sich da wohl eine Scheibe abschneiden - eine Niederlage würde bestätigen, dass selbst die europäische Spitze aktuell weit entfernt ist. Immerhin: Die letzte Begegnung mit den Niederlanden, ein Freundschaftsspiel im April, konnte Deutschland mit 1:0 für sich entscheiden.

So lief das erste Spiel

Gegen Frankreich spielte das DFB-Team genauso, wie es vorherzusehen war. Vielleicht war das ein Teil des Problems: Sowohl die Aufstellung als auch die Taktik - Flanken auf Popp und Schüller - waren Fans wie auch dem französischen Trainer Hervé Renard bekannt. Auch in Abwesenheit von Abwehrchefin Wendie Renard reichte das nicht, um ernsthaft gefährlich zu werden.

Die Französinnen gingen bereits vor der Pause mit 2:0 in Führung, Kadidiatou Diani und Sakina Karchaoui trafen für die Gastgeberinnen. Unverdient war das nicht. Nach der Pause wurde es besser, die eingewechselten Jule Brand und Sydney Lohmann überzeugten. Trotzdem war letztendlich wieder ein verwandelter Elfmeter von Giulia Gwinn das einzige Tor - die offensive Harmlosigkeit bleibt weiter ein Thema.

France v Germany - UEFA Women's Nations League 2024 Semi-final
Frankreich jubelt über den Treffer zur Führung / Christian Liewig - Corbis/GettyImages

So ist die Stimmung vor dem Spiel

Vor dem Halbfinale gegen Frankreich hatte sich die DFB-Auswahl noch betont locker gegeben. "Ich glaube an die Qualifikation, weil wir als Team für Olympia brennen", sagte Giulia Gwinn. Horst Hrubesch formulierte es noch selbstbewusster: "Es macht ja eigentlich mit dieser Qualität überhaupt keinen Sinn, ein Spiel zu verlieren."

Vor dem Niederlande-Spiel hat eine neue Konzentration, so scheint es zumindest, Einzug gehalten. Dank des Losglücks hatte Deutschland auf jeden Fall zwei Chancen auf Olympia. Der erste Matchball wurde noch recht klar vergeben, der zweite muss nun sitzen. Weniger 'unforced errors', also nicht erzwungene Fehler, wie man sie im Tennis nennt, würden dabei helfen.

Die Spielerinnen gingen nach der Niederlage gegen Frankreich unterschiedlich hart mit sich ins Gericht. "Ich bin erst mal froh, dass wir die Chance noch haben. Klar hätten wir den Sack irgendwie heute schon zumachen können", sagte Kapitänin Alexandra Popp - was die Frage stellte, ob die DFB-Frauen mit dem Wissen um den zweiten Matchball vielleicht nicht alle Prozente aus sich herausgeholt hatten. Auch Horst Hrubesch war in seiner Analyse erstaunlich zufrieden. Giulia Gwinn war da kritischer und monierte den "Angsthasenfußball" ihrer Elf.

Das ist der Gegner

Die Niederlande gehörten in den letzten Jahren zur Weltspitze, siegten bei der EM 2017 und landeten zwei Jahre später bei der WM auf dem zweiten Platz. Nach dem Abgang von Trainerin Sarina Wiegman durchschritten die Oranje Leeuwinnen dann ein kleines Tal, inklusive eines schnell beendeten Missverständnisses auf der Trainerposition mit Mark Parsons.

In einigen Punkten gibt es Parallelen zu Deutschland: Jetzt finden sich die Niederlande zwischen alten Ambitionen und einem Umbruch wieder, den Coach Andries Jonker meistern muss. Einige Stützen der letzten Jahre, wie Sherida Spitse, Danielle van de Donk oder Lieke Martens, haben die 30 bereits überschritten. Rekordtorschützin Vivianne Miedema plagt sich bereits seit Längerem mit Verletzungsproblemen herum und wird auch gegen Deutschland nicht hundertprozentig fit sein. Zudem fehlt mit Victoria Pelova eine wichtige Kreativspielerin im Mittelfeld.

Alba Redondo, Sherida Spitse
Kapitänin Sherida Spitse (rechts) / Soccrates Images/GettyImages

Diese Taktik könnte Horst Hrubesch verfolgen

Gegen Frankreich funktionierte das Flanken nicht so richtig, im Spiel um Platz drei wird die Taktik sicherlich anders aussehen. Die Niederlande werden auf die hohen Hereingaben sicher vorbereitet sein. Offensiv dürften sich auf den Flügeln Möglichkeiten bieten: Die Außenverteidigerinnen der Niederlande stehen gerne sehr hoch. Zusammen mit dem stellenweise hohen Pressing der Oranje Leeuwinnen ergibt das gute Möglichkeiten zum Kontern oder zum Unterlaufen. Die Außenspielerinnen werden also wieder besonders gefordert sein. 

Die Niederlande haben nicht die schnellen Spielerinnen wie Frankreich, mit denen Deutschland im Halbfinale große Probleme hatte. Für die DFB-Frauen gilt es, besonders auf Steckpässe aus dem Mittelfeld aufzupassen. Mit Jackie Groenen oder Danielle van de Donk haben die Niederlande mehrere Mittelfeldspielerinnen mit einem guten Auge. Wenn ihre Pässe Lineth Beerensteyn in der Sturmspitze erreichen, kann es schnell brenzlig werden. 

Das Spiel um Platz drei wird ein weiterer Stresstest für die Defensive. Eine weitere Niederlage wäre ein klares Indiz dafür, dass die aktuelle Innenverteidigung mit Kathrin Hendrich (31) und Marina Hegering (33) nicht nur wenig zukunftsfähig ist, sondern auch aktuell schlicht nicht funktioniert. 

So könnte die Aufstellung aussehen

Gegen die Niederlande sind alle Spielerinnen im Kader fit, auch die angeschlagen ausgewechselte Marina Hegering. Trotzdem sind Änderungen in der Startelf wahrscheinlich. Die Popp-Schüller-Doppelspitze wird möglicherweise wieder abgeschafft, auch gegen Frankreich sorgte sie für wenig Power im Sturm. Dafür überzeugten die eingewechselten Sydney Lohmann und Jule Brand und gaben Bewerbungsschreiben für die Startelf ab.

Die mögliche Aufstellung: Merle Frohms - Giulia Gwinn, Marina Hegering, Kathrin Hendrich, Sarai Linder - Sjoeke Nüsken, Lena Oberdorf - Klara Bühl, Sydney Lohmann, Jule Brand - Alexandra Popp