"Ich glaube, wir wären Meister geworden!"
Von Guido Müller

Als Zlatan Ibrahimovic zu Beginn des Jahres beim AC Mailand anheuerte, zum zweiten Mal in seiner Karriere, zweifelten nicht wenige an der Sinnhaftigkeit dieses Wechsels. Ein 38-Jähriger als Hoffnungsträger dieses einstmals so großen Vereins? Wie weit war es bloß mit dem AC Mailand gekommen.
Doch sieben Monate später kann man den Verantwortlichen der Rossoneri eigentlich nur gratulieren. Mit sechs Treffern und drei Vorlagen in 13 Pflichtspielen (zwei davon im Pokal) kann Ibrahimovic Werte vorweisen, die beinahe schon an seine alten Glanzzeiten erinnern. Vor allem gegen die ganz Großen der Serie A hat Ibra seinen traditionell großspurigen Ankündigungen harte Fakten folgen lassen: beim überraschend deutlichen 3:0-Sieg der Mailänder gegen Lazio konnte Zlatan sowohl ein Tor selbst beisteuern als auch eines auflegen. Dasselbe gelang ihm auch beim spektakulären Sieg gegen Juventus (4:2), als die Lombarden sogar einen zwischenzeitlichen 0:2-Rückstand drehen und in einen Sieg verwandeln konnten. Auch gegen Inter Mailand trug sich Ibrahimovic in beide Scorer-Kategorien ein, wobei das Spiel gegen die Nerazzurri mit 2:4 verloren ging.
Milan ist nach seiner Ankunft eine andere Mannschaft
Allein diese Zahlen veranschaulichen schon, was noch immer in diesem überragenden Fußballer steckt. Für den Spieler selbst, ausgestattet mit einem Ego, das selbst in diesem athletischen Körper kaum noch Platz hat, kommt das alles natürlich überhaupt nicht überraschend. Nach dem Spiel gegen Juventus kommentierte er in seiner unnachahmlichen Art: "Ich glaube, wenn ich hier vom ersten Spieltag an gespielt hätte, wären wir Meister geworden." Und kaum einer mag ihm widersprechen. Zu offensichtlich ist der Formanstieg der gesamten Mannschaft. Ein Ante Rebic, der lange brauchte, um sich in der Modemetropole zurecht zu finden, blüht unter Ibrahimovics Ägide auf wie eine Wüstenblume nach einem Platzregen. Seine 10 Liga-Tore erzielte der Kroate allesamt nach der Ankunft des großen Schweden.
"Bin nicht als Maskottchen hier!"
Ibrahimovics Erfolgsgeheimnis? Er habe einfach Spaß. So simpel ist das manchmal. "Nach der Verletzung bin ich in die MLS gegangen, um mich lebendig zu fühlen. Jetzt will ich nur noch spielen. Mit meinen 38 Jahren habe ich nicht mehr die Physis wie früher, aber ich fühle mich gut. Ich weiß, dass ich nicht mehr die Dinge machen kann, wie als ich zwanzig war, aber ich handele jetzt mit Intelligenz. Wenn ich nicht den Unterschied ausmache, ärgere ich mich. Ich bin nicht als Maskottchen hier, sondern um Ergebnisse zu liefern und den Mitspielern und den Fans zu helfen", kommentierte der Superstar seine Rolle beim AC Mailand gegenüber DAZN.
Und diese Rolle geht weit über sein Wirken auf dem grünen Rasen hinaus. Dessen ist sich auch der Schwede bewusst - und kokettiert damit: "Ich bin hier Präsident, Trainer und Spieler. Ich mache alles - werde aber leider nur fürs Spielen bezahlt", sagte der Torjäger-Oldie in seiner gewohnt etwas großspurigen Art.
Zarte Ankündigung des Karriereendes?
Am Ende schmiss er den Milan- Fans auch noch ein paar kryptische Worte bezüglich seiner näheren sportlichen Zukunft vor die Füße: "Es bleibt mir noch ein Monat, um mich zu vergnügen. Zur Zeit geschehen Dinge, die wir nicht kontrollieren können. Ich bin froh, zu spielen, aber traurig, dass das San Siro nicht voll ist. Die Fans hätten sich sehr gut amüsiert. Und es könnte sein, dass es das letzte Mal gewesen ist, dass sie mich live sehen konnten."
Ein wenig rätselhaft, ein bisschen megaloman, aber immer mit Taten, die den Worten folgten: das war und ist Zlatan Ibrahimovic. Ob mit gerade mal 20, als er seine großartige Karriere mit dem Schritt von Malmö FF zu Ajax Amsterdam begann - oder nun mit 38, da sich das Ende einer fußballerischen Legende am Horizont abzeichnet.